Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um die Behandlung des Lungenkarzinoms mit dem PD1-Inhibitor Toripalimab. Eine deutsche Arbeitsgruppe berichtet, dass die Assoziation zwischen zu hohem Körpergewicht und dem Risiko eines Kolorektalkarzinoms möglicherweise falsch eingeschätzt wird, weil viele Patienten vor dem Auftreten der Erkrankung abnehmen. Eine polnische Studie zeigt, dass Melanom-Patienten mit normalem Vitamin-D-Spiegel auf eine Immuntherapie besser ansprechen als Patienten mit zu niedrigen Werten. Mehr als 4 CT-Scans vor dem 18. Lebensjahr sind mit einem erhöhten Risiko für nachfolgende Tumoren assoziiert.
Lungenkarzinom: Perioperatives Toripalimab plus Chemo bessert EFS
Darmkrebs: Übergewicht als Risikofaktor möglicherweise unterschätzt
Melanom: Normaler Vitamin-D-Spiegel bessert Ansprechen auf Immuntherapie
Leukämien: Revumenib erzielt komplette Remission bei 30% der Patienten
Multiples Myelom: Prognose hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert
Krebserkrankungen: Erhöhtes Risiko bei mehr als 4 CTs unter 18 Jahren
Lungenkarzinom: Perioperatives Toripalimab plus Chemo bessert EFS
Bei Patienten mit resezierbarem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) bessert die perioperative Gabe des PD-1-Inhibitors Toripalimab plus Chemotherapie das ereignisfreie Überleben (EFS) im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie. Dieses Zwischenergebnis der Phase-3-Studie NEOTORCH wurde in der April-Sitzung der ASCO-Plenary-Serie präsentiert (Abstract 425126).
In der doppelblinden Placebo-kontrollierten, von Shanghai Junshi Bioscience finanzierten NEOTORCH-Studie erhielten alle Patienten mit resezierbarem NSCLC im Stadium II/III ohne EGFR/ALK-Mutationen 3 Zyklen Chemotherapie vor und 1 Zyklus nach der Operation. Randomisiert bekamen sie zusätzlich Toripalimab oder Placebo, wobei sie diese Therapie alle 3 Wochen über 13 Zyklen weiter erhielten.
Die Zwischenanalyse umfasste 404 Patienten, bei denen sich nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18,3 Monaten in der Toripalimab-Gruppe eine signifikante Besserung des EFS zeigte (Hazard-Ratio 0,40, p<0,0001). Das mediane EFS war im Toripalimab-Arm noch nicht erreicht, im Placebo-Arm betrug es 15,1 Monate.
In der Toripalimab-Gruppe erreichten mehr Patienten ein starkes (48,5% vs. 8,4%) und ein komplettes pathologisches Ansprechen (24,8% vs. 1,0%).
Die 1- und 2-Jahres-OS-Raten betrugen 94% bzw. 81% im Toripalimab-Arm und 90% bzw. 74% im Placebo-Arm.
Unerwünschte Ereignisse waren im Toripalimab-Arm tendenziell häufiger, einschließlich der Nebenwirkungen vom Grad 3 oder mehr (63,4% vs. 54,0% mit Placebo) und von immunvermittelten Nebenwirkungen (42,1% vs. 22,8%).
Darmkrebs: Übergewicht als Risikofaktor möglicherweise unterschätzt
Die Assoziation zwischen Übergewicht bzw. Adipositas und Kolorektalkarzinom wird möglicherweise unterschätzt, weil der Body Mass Index (BMI) häufig erst kurz vor der Diagnose des Krebserkrankung erhoben wird und dadurch der prädiagnostische Gewichtsverlust zu einer falschen Beurteilung führen kann. Dies ergab eine Fallkontrollstudie, die eine Arbeitsgruppe aus Heidelberg und München in JAMA Network Open publiziert hat.
Die Forscher analysierten Daten von 11.887 Personen (6.434 Kolorektalkarzinom-Patienten und 5.453 Kontrollen). Es ergab sich eine signifikante Assoziation zwischen Übergewicht/Adipositas 8 bis 10 Jahre vor der Darmkrebs-Diagnose und dem Darmkrebs-Risiko.
Zwischen BMI und Darmkrebs-Risiko zum Zeitpunkt der Erkrankung konnte keine oder sogar eine inverse Assoziation gesehen werden. Die Gewichtsabnahme vor der Diagnose kann also die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen Krebserkrankung und Körpergewicht erschweren. Nach Meinung der Autoren könnte dies auch bei anderen Krebsarten und Erkrankungen zum Tragen kommen.
Melanom: Normaler Vitamin-D-Spiegel bessert Ansprechen auf Immuntherapie
Patienten mit fortgeschrittenem Melanom und normalem Vitamin-D-Spiegel sprechen auf eine Behandlung mit Nivolumab oder Pembrolizumab besser an als Patienten mit zu niedrigem Vitamin-D-Spiegel. Dies berichtet eine polnische Arbeitsgruppe in Cancer.
Sie verglichen bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem, inoperablem oder metastasiertem Melanom die Wirksamkeit einer Immuntherapie in Abhängigkeit vom Vitamin-D-Spiegel. Alle Patienten erhielten Nivolumab oder Pembrolizumab als Erstlinientherapie. 58 Teilnehmer wiesen einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel auf (teilweise trotz Supplementierung), 141 Patienten hatten normale Vitamin-D-Spiegel zu Studienbeginn (ohne oder mit Supplementierung).
In der Gruppe mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel lag die Ansprechrate bei 36,2%, in der Gruppe mit normalem Vitamin-D-Spiegel bei 56,0% (p = 0,01). Patienten mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel lebten 5,75 Monate ohne Progression, mit normalem Vitamin-D-Spiegel 11,25 Monate (p = 0,03). Im Gesamtüberleben zeigte sich für die Gruppe mit normalen Vitamin-D-Spiegeln ein Trend zu einem verbesserten Überleben (27 versus 31,5 Monate).
Nach Meinung der Autoren sollte bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom unter Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie auf einen normalen Vitamin-D-Spiegel geachtet werden, um das Behandlungsergebnis zu optimieren.
Leukämien: Revumenib erzielt komplette Remission bei 30% der Patienten
Der Menin-Hemmer Revumenib erzielte in der ersten klinischen Phase-1-Studie bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer Leukämie in 30% der Fälle eine komplette Remission bei gleichzeitig geringen Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder höher. Eine amerikanische Arbeitsgruppe hat die Ergebnisse der Phase-1-Studie AUGMENT-101 in Nature publiziert.
Bei Leukämien kann es zu KMT2A-Umlagerungen und NPM1-Mutationen kommen, wodurch sich Blutzellen zurückbilden und sich dann wie Stammzellen verhalten. Das führt zur Bildung von Leukämiezellen anstelle funktionsfähiger Blutzellen. Für die Mutations-bedingten zellulären Veränderungen ist Menin erforderlich, ein Protein, das durch Bindung an das von KMT2A gebildete Protein MLL1 weitere Stoffwechselwege aktiviert.
Der Menin-Inhibitor Revumenib verhindert, dass die von veränderten KMT2A und NPM1 betroffenen Gene exprimiert werden.
In der Phase-1-Studie AUGMENT-101 nahmen 60 Erwachsene und 8 Kinder mit stark vorbehandelten Leukämien oral Revumenib ein, bis die Erkrankung fortschritt oder inakzeptable Nebenwirkungen auftraten.
Es traten kaum schwere Nebenwirkungen auf. Die Gesamtansprechrate lag bei 53%. 30% der Patienten erreichten eine vollständige Remission oder eine vollständige Remission mit partieller hämatologischer Erholung. Im Median dauerte es 1,9 Monate bis zum kompletten Ansprechen. Bei einer Nachbeobachtungszeit von 11,9 Monaten im Median dauerte das Ansprechen 9,1 Monate im Median. 12 Teilnehmer in Remission erhielten eine Stammzelltransplantation.
Allerdings entwickelte sich bei einigen Teilnehmern rasch eine Resistenz gegen den Menin-Hemmer.
Revumenib wird nun in einer Phase-2-Studie sowie in Kombination mit Venetoclax weiter untersucht.
Multiples Myelom: Prognose hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert
Die Prognose von Patienten mit multiplem Myelom (MM) hat sich seit dem Jahr 2000 aufgrund der therapeutischen Fortschritte deutlich verbessert. Die Spätsterblichkeit ist jedoch nach wie vor ein großes Problem. Mit zunehmender Überlebensdauer erkranken die Patienten vermehrt an sekundären Karzinomen und erleiden kardiovaskuläre Ereignisse. Dies ergab eine Zeittrend-Analyse einer Arbeitsgruppe des Rheinland-Westfälischen Krebsregisters, die in BMC Cancer publiziert worden ist.
Anhand der Analyse der Daten von 3.336 MM-Patienten erfasste die Arbeitsgruppe das relative Überleben (RS) für einen Kalenderzeitraum, das als Verhältnis der beobachteten Überlebenszeit von MM-Patienten (absolutes Überleben) und der erwarteten Überlebenszeit der vergleichbaren Allgemeinbevölkerung definiert ist. Sie fand, dass das altersstandardisierte, relative 5-Jahres-Überleben (RS) über 20 Jahre von 37% auf 62% angestiegen ist. Das sind 25 Prozentpunkte.
Das Überleben nahm von 41% in den Jahren 2000 bis 2004 auf 69% in den Jahren 2015-2019 bei 15- bis 69-Jährigen und von 23 auf 47% bei 70- bis 79-Jährigen zu.
Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung war die Wahrscheinlichkeit, dass MM-Patienten an anderen Krebserkrankungen und an Herz-Kreislauf-Erkrankungen starben, doppelt so hoch. Diese Befunde sollten nach Meinung der Autoren die besondere Rolle einer intensivierten Überwachung und Früherkennung sowie von Präventionsmaßnahmen in diesem Patientenkollektiv unterstreichen.
Krebserkrankungen: Erhöhtes Risiko bei mehr als 4 CTs unter 18 Jahren
4 oder mehr Computertomographien (CT) vor dem 18. Lebensjahr waren mit einem erhöhten Risiko für nachfolgende intrakranielle Tumoren, Leukämien und Lymphomen assoziiert. Dies berichten Forscher aus Taiwan im Canadian Medical Association Journal.
In einer hierarchisch strukturierten bevölkerungsbasierten Fallkontrollstudie analysierten sie die Daten von 7.807 Fällen mit neu diagnostizierten intrakraniellen Tumoren, Leukämien und Lymphomen und verglichen sie mit 78.057 Kontrollen ohne Krebserkrankungen.
Die Arbeitsgruppe fand, dass 1 CT-Scan vor dem 18. Lebensjahr das Risiko von intrakraniellen Tumoren, Leukämie oder Lymphomen im Vergleich zu keinem CT nicht erhöhte. Die Inzidenz eines Tumors war jedoch erhöht, wenn die sich die Teilnehmer 4 oder mehr CT-Scans unterzogen hatten. Das höchste Krebsrisiko wurde bei 4 oder mehr CT-Scans vor dem 6. Lebensjahr beobachtet. Mit zunehmendem Alter sank das Krebsrisiko.
„Jüngere Kinder schienen anfällig für Krebsrisiken zu sein, die mit wiederholter CT-Exposition verbunden sind“, so die Autoren. Die Tumoren seien zwar selten, aufgrund der Ergebnisse sollte ein CT-Scan jedoch gut überlegt sein und mit strahlungsreduzierten Techniken durchgeführt werden.
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Diesen Artikel so zitieren: Mehrere CTs bei Kindern könnten das Krebsrisiko erhöhen; Melanom-Patienten profitieren von normalem Vitamin-D-Spiegel - Medscape - 2. Mai 2023.
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