Gifte als Mordwerkzeuge in Filmen und Büchern: So wirken Toxine im Körper

Christoph Renninger

Interessenkonflikte

17. April 2023

Seit Jahrhunderten nutzen Menschen Giftstoffe – bei der Jagd, zur Behandlung von Krankheiten oder auch für Anschläge und Morde. In Romanen, Filmen oder Serien kommen daher auch immer wieder Mordversuche mit Giften vor. Eine Reihe von Beispielen.

Gifte in Literatur und TV

Schon im 16. Jahrhundert hielt der Arzt und Alchemist Paracelsus, der Vater der Toxikologie, fest, dass es bei Giften auf die Dosis ankommt. Ethanol in alkoholischen Getränken, Nikotin in Zigaretten oder Botulinumtoxin bei Botox-Behandlungen – in höheren Dosen können all diese Substanzen schwere oder auch letale Effekte haben.

Im Allgemeinen werden jedoch in erster Linie Substanzen als Gifte bezeichnet, die bereits in geringen Mengen schwerwiegende Auswirkungen haben und denen man im Alltagsleben nur selten begegnet.

Schriftstellerinnen und Drehbuchautoren haben in ihren Geschichten verschiedene Giftstoffe verarbeitet, von chemischen Elementen wie Arsen oder Polonium, über tierische Toxine, etwa Schlangen- oder Kugelfischgift, bis hin zu aus Pflanzen gewonnene Gifte.

Pflanzliches Gift bei „Breaking Bad“

In der TV-Serie Breaking Bad nutzt der Protagonist Walter White, ein Chemielehrer, den Wirkstoff Rizin, um die Geschäftsfrau Lydia Rodarte-Quayle umzubringen. Rizin ist ein hochpotentes Gift, das aus den Samen des Wunderbaums (Ricinus communis) gewonnen wird. Besonders wenn es eingeatmet wird, kann es seine tödliche Wirkung entfalten.

Gelangt die Substanz ins Zellinnere, inaktiviert sie Ribosomen und verlangsamt die Translation und Proteinsynthese sehr stark. Der Effekt erfolgt über die Abspaltung des Adenin 4324 der ribosomalen 28S-RNA. Dadurch wird die Bildung des Initiationskomplexes verhindert. Außerdem führt Rizin zu einer Zerstörung von Erythrozyten.

Die Folgen einer Rizin-Vergiftung sind unter anderem gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und abdominale Schmerzen, Muskelschmerzen bis hin zur Rhabdomyolyse, Organschäden (z.B. Leber und Nieren), Herzrhythmusstörungen und zerebrale Krampfanfälle. Bei einer parenteralen oder inhalativen Intoxikation tritt meist innerhalb von 36 bis 48 Stunden der Tod ein. Erfolgt bei einer oralen Vergiftung keine symptomatische Behandlung, kann der Tod innerhalb von 3 bis 5 Tagen eintreten

Überdosis für James Bond

In der Medizin werden Digitalis-Glykoside wie Digoxin, die aus der Pflanzengattung der Fingerhüte (Digitalis) gewonnen werden, zur Behandlung von Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen eingesetzt. In höheren Dosen können sie jedoch zu Herzversagen und Tod führen.

Durch Interaktion mit der Natrium-Kalium-Pumpe in Herzmuskelzellen, die besonders empfindlich auf das Gift reagieren, kommt es zu einer verminderten Frequenz elektrischer Impulse, und die Stärke der Kontraktionen nimmt zu. Dies kann jedoch auch zum Kammerflimmern mit Todesfolge führen.

Im James-Bond-Film Casino Royale versucht der Bösewicht Le Chiffre während eines Pokerspiels, den Geheimagenten durch Digitalis-Toxine in seinem Martini zu vergiften. In hoher Dosierung kann es zu Veränderungen des autonomen Nervensystems kommen, mit denen dann auch James Bond zu kämpfen hat.

Giftpilze im englischen Idyll

Auch giftige Pilze spielen in Kriminalgeschichten eine Rolle. In der TV-Serie Inspektor Barnaby kommt in einer Folge der Frühlings-Knollenblätterpilz (Amanita vera) zum Einsatz, im Englischen mit dem schönen Namen „destroying angel“ bezeichnet. Die Puppentheaterbesitzerin Evelyn Pope verwendet den Pilz, um den Koch Tristan Goodfellow zu ermorden.

Der Pilz enthält diverse Stoffe, die als Amatoxine bezeichnet werden, vor allem alpha-Amanitin. Diese inhibieren die Aktivität spezifischer Polymerasen, die eine kritische Rolle bei der Translation der mRNA spielen. Dies führt zur Unterbrechung der Proteinbiosynthese und schließlich zum Zelltod.

Oral aufgenommene Amatoxine wirken vor allem in der Leber und beeinträchtigen stark deren Regenerationsfähigkeit, bis hin zum potenziell fatalen Leberversagen.

Mit Gift die Ehegattin loswerden

Ein weiteres beliebtes Gift in Detektivgeschichten ist Strychnin. In Agatha Christies erstem Roman Das fehlende Glied in der Kette nutzen Alfred Inglethorp und seine Geliebte Evelyn Howard das Gift, um Alfreds Ehefrau, die reiche Großgrundbesitzerin Emily Inglethorp, zu ermorden.

Strychnin kommt in den Samen der Gewöhnlichen Brechnuss (Strychnos nux-vomica) vor und blockiert den Neurotransmitter Glycin in Rückenmark und Hirnstamm. Durch Glycin werden physiologisch die Aktivität von Neuronen verringert und Muskelkontraktionen gedämpft. Kommt es zur Antagonisierung der Glycinrezeptoren durch Strychnin, kann dies zu einer exzessiven Aktivierung von Nerven- und Muskelzellen führen. Dies kann Spasmen im ganzen Körper auslösen, bis hin zum Atemarrest und Tod.

In der Natur gibt es noch weitaus mehr Gifte als die hier beschriebenen. Außer zur Inspiration von Krimis sind sie hilfreich, Prozesse und Mechanismen im menschlichen Körper zu verstehen.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  Coliquio.de .
 

Kommentar

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