Semaglutid führte im Vergleich zu Placebo weder zu einer signifikanten Verbesserung der Leberfibrose noch zu einer Remission der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH), die mit einer kompensierten Zirrhose einherging. Das hat eine Phase-2-Studie ergeben.

Dr. Rohit Loomba
Unter dem Glucagon-like Peptide 1 (GLP-1)-Rezeptor-Agonist verbesserten sich jedoch Leberenzymwerte, Lebersteatose, Gewicht, Triglyceridwerte und VLDL-Cholesterinwerte (Very Low Density Lipoprotein). Ein vergleichbarer Anteil der Patienten in jeder Gruppe litt an Übelkeit, Durchfall und Erbrechen, wie die Forscher in The Lancet Gastroenterology & Hepatology berichten [1].
„Frühere Studien bei Patienten mit NASH und Fibrose im Stadium 2 oder 3 haben gezeigt, dass Semaglutid zur Auflösung einer NASH über 72 Wochen führen kann. Es gibt jedoch nur wenige Daten darüber, ob diese Therapie auch bei Patienten mit NASH-Zirrhose wirksam ist“, sagte der Hauptautor Dr. Rohit Loomba, Gründungsdirektor des NAFLD-Forschungszentrums an der University of California, San Diego, gegenüber Medscape.
„Obwohl Semaglutid die histologische Fibrose nicht verbessern konnte, haben sich andere klinisch wichtige Parameter wie kardiometabolische Risikofaktoren, Leberenzyme, Leberfett und nicht-invasive Biomarker der Fibrose verbessert“, sagte er.
Analyse von Sicherheit und Wirksamkeit der Pharmakotherapie
Loomba und Kollegen führten eine doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-2-Studie durch, in die zwischen Juni 2019 und April 2021 71 Patienten an 38 Zentren in den Vereinigten Staaten und Europa eingeschlossen wurden. Erwachsene mit einer per Biopsie bestätigten NASH-Zirrhose und mit einem Body-Mass-Index (BMI) ≥ 27 wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert, um einmal wöchentlich subkutan 2,4 mg Semaglutid oder subkutan ein ähnlich aussehendes Placebo zu erhalten.
Als primären Endpunkt definierten Forscher den Anteil an Patienten, bei denen sich die Leberfibrose nach 48 Wochen um 1 Stufe oder mehr verbessert hatte, ohne dass es zu einer Verschlechterung der NASH gekommen war. Dies bestimmten Studienärzte anhand von Biopsien. Auch die Sicherheit wurde bei allen Patienten, die mindestens 1 Dosis Semaglutid erhielten, untersucht.
Von 71 Patienten wurden 47 nach dem Zufallsprinzip der Semaglutid-Gruppe und 24 der Placebo-Gruppe zugewiesen. Etwa 90% schlossen die Behandlung ab, und bei 63 konnten Biopsien ausgewertet werden.
Ein Ergebnis der Studie: Primärer Endpunkt wird nicht erreicht
Insgesamt nahmen 49 Frauen (69%) und 22 Männer teil. Das Durchschnittsalter lag bei 59,5 Jahren, und der durchschnittliche BMI betrug 34,9. Etwa 75% der Patienten waren zu Beginn der Studie an Diabetes erkrankt, mit einem durchschnittlichen HbA1c-Wert von 7,1%.
Nach 48 Wochen fanden die Forscher keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen hinsichtlich des Anteils an Patienten mit einer Verbesserung der Leberfibrose um 1 Stufe oder mehr ohne Verschlechterung der NASH. In der Semaglutid-Gruppe hatten 5 Patienten (11%) diesen primären Endpunkt erreicht, unter Placebo waren es 7 Patienten (29%; Odds Ratio [OR] 0,28; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,06-1,24, p=0,087).
Auch hinsichtlich des Anteils der Patienten, bei denen sich die NASH-Erkrankung zurückbildete, gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. In der Semaglutid-Gruppe waren 16 Patienten (34%) in Remission, in der Placebo-Gruppe waren es 5 Patienten (21%; OR 1,97; 95%-KI 0,56-7,91; p=0,29).
Darüber hinaus erreichte ein geringerer Anteil der Patienten mit Semaglutid im Vergleich zu Placebo sowohl eine Auflösung der NASH als auch eine Verbesserung der Leberfibrose, obwohl der Unterschied nicht signifikant war. In der Semaglutid-Gruppe waren es 3 Patienten (6%), verglichen mit 3 Patienten (13%) in der Placebo-Gruppe (OR 0,48; 95%-KI 0,06-3,91; p=0,4).
Bei einem geringeren Anteil der Patienten wurde unter Semaglutid im Vergleich zu Placebo eine Verbesserung des Stadiums ihrer Leberfibrose festgestellt.
Kardiometabolische Parameter verbessern sich
Ein Blick auf sekundäre Endpunkte: In der Semaglutid-Gruppe fanden die Wissenschaftler signifikante Verbesserungen bei der Lebersteatose (aber nicht bei der Steifigkeit), beim Leberfettvolumen, beim Prokollagen-3-Peptid und bei Leberenzymen wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase und Gamma-Glutamyl-Transferase.
Das Körpergewicht verringerte sich in der Semaglutid-Gruppe um 8,83% im Vergleich zu 0,09% in der Placebo-Gruppe, was einen signifikanten Unterschied darstellte. Auch der BMI, der Taillenumfang, die Triglyceride und das VLDL-Cholesterin waren in der Semaglutid-Gruppe signifikant niedriger, während die Messungen des Gesamtcholesterins und des Blutdrucks keine signifikanten Unterschiede aufwiesen. Bei den Patienten mit Typ-2-Diabetes sank der HbA1c-Wert ebenfalls in der Semaglutid-Gruppe, nicht aber in der Placebo-Gruppe.
In der Semaglutid-Gruppe hatten 42 Patienten (89%) unerwünschte Ereignisse aufgrund der Therapie, in der Placebo-Gruppe waren es 19 Patienten (79%). 6 Patienten (13%) in der Semaglutid-Gruppe und 2 Patienten (8%) in der Placebo-Gruppe hatten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse.
Zu den unerwünschten Ereignissen zählten Übelkeit (45% versus 17%), Durchfall (19% versus 8%) und Erbrechen (17% versus 0%), die hauptsächlich zu Beginn der Behandlung oder bei der Dosiseskalation auftraten. Kein Patient brach die Studie wegen unerwünschter Ereignisse ab, obwohl 5 Patienten eine Dosisreduzierung vornehmen mussten.
Die Leber- und Nierenfunktion blieb nach der Behandlung mit Semaglutid stabil, und es traten keine dekompensierenden Ereignisse oder Todesfälle auf.
„Die Behandlung mit GLP-1-Analoga bei Patienten mit kompensierter Leberzirrhose, die an Adipositas und Typ-2-Diabetes leiden, scheint gut verträglich und möglicherweise sicher zu sein“, sagte Loomba. „Weitere Studien sind in dieser Studienpopulation aber erforderlich.“
Perspektiven für neue Studien
Loomba und Kollegen forschen weiter an Risikofaktoren, die mit fortgeschrittener Fibrose in Verbindung stehen, etwa Typ-2-Diabetes, eine Leberzirrhose bei nahen Verwandten oder genetische Risikoallele. Auch eine Darmdysbiose scheine das Risiko für eine fortgeschrittene Fettlebererkrankung zu erhöhen, sagte Loomba.
Künftige klinische Studien könnten sich auf therapeutische Optionen für Patienten mit fortgeschrittener Fibrose konzentrieren, insbesondere für Patienten mit Zirrhose, die ein erhöhtes Risiko für leberbedingte Komplikationen und Mortalität hätten.
„Da solche Patienten häufig von den ersten randomisierten, kontrollierten Studien ausgeschlossen werden, haben wir deutlich weniger Informationen darüber, wie Übergewicht, Typ-2-Diabetes und NASH bei ihnen zu behandeln sind“, sagte Dr. Fernando Bril zu Medscape. Er forscht an der University of Alabama in Birmingham mit NASH als Schwerpunkt.
Bril, der nicht an dieser Studie beteiligt war, schrieb ein begleitendes Editorial [2]. „Bei Patienten mit NASH-Zirrhose ist die Krankheit möglicherweise schon so weit fortgeschritten, dass eine Rückbildung der Fibrose schwer zu erreichen ist“, lautet seine Einschätzung. „Dies unterstreicht, dass die frühzeitige Diagnose von Patienten mit NASH von entscheidender Bedeutung ist.“
Deshalb müssten Hausärzte, Endokrinologen und Diabetologen stärker sensibilisiert werden, um früh dem Verdacht auf eine Lebererkrankung bei Patienten mit Übergewicht, Adipositas und/oder Typ-2-Diabetes nachzugehen. „Nur so kann eine frühzeitige Therapie eingeleitet werden, um das Fortschreiten der Lebererkrankung zu verzögern.“

Dr. Fernando Bril
Bei weiteren Untersuchungen sollten Forscher die fehlende Auflösung von NASH berücksichtigen: ein Ergebnis, das darauf zurückzuführen sein könnte, dass diese Studie nicht ausreichend leistungsfähig gewesen sei, so Bril. Der Trend zur Remission in dieser Studie scheine ähnlich zu sein wie die Verbesserungen, die in anderen Studien bei NASH-Patienten ohne Zirrhose beobachtet worden sei. Auch die Gewichtsreduktion und die verbesserte Diabeteskontrolle in dieser Gruppe seien vielversprechend.
„Puristen beharren vielleicht darauf, dass es sich um eine negative Studie hinsichtlich histologischer Befunde handelt. Aber es ist wichtig, die positiven Ergebnisse bei vielen sekundären Endpunkten zu beachten“, so Bril weiter. „Eine Verringerung des kardiometabolischen Risikos bei diesen Patienten ist von grundlegender Bedeutung, da viele an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und nicht an leberbedingten Komplikationen sterben.“
Bril warnt jedoch, NASH dürfe nicht nur als „eine Frage des Gewichts“ gesehen werden kann. „Ein signifikanter Gewichtsverlust führte in der Studie nicht zu einer Verbesserung der Histologie, was bedeutet, dass andere Strategien zur Behandlung der Krankheit erforderlich sind.“
„Die negativen Ergebnisse dieser Studie unterstreichen, dass eine Monotherapie möglicherweise nicht ausreicht, um NASH und Leberfibrose zu verbessern“, sagte er. „Ähnlich wie wir Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck mit einer Kombinationstherapie behandeln, müssen wir einen ähnlichen Ansatz für Patienten mit NASH in Betracht ziehen.“
Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: © Andrew Angelov
Lead image: Dreamstime.com
Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: NASH-Zirrhose: Semaglutid gegen Fibrose unwirksam – doch manche kardiometabolischen Parameter verbessern sich - Medscape - 14. Apr 2023.
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