Tastuntersuchungen eignen sich nicht zur Früherkennung des Prostatakarzinoms; neue Therapien des Endometriumkarzinoms

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

28. März 2023

Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um die Tastuntersuchung zum Screening auf ein Prostatakarzinom: Nach Ergebnissen der deutschen Prostata-Krebs-Screening-Studie kann damit ein frühes Prostatakarzinom nicht zuverlässig erkannt werden. Zur Behandlung des Endometrium-Karzinoms wurden bei der Jahrestagung der Society of Gynecologic Oncology (SGO) in Tampa 2 Studien mit PD1-Inhibitoren vorgestellt, die zeigen, dass sie in Kombination mit Chemotherapie das PFS verlängern können. Und eine internationale Arbeitsgruppe hat für Patienten mit Krebs-assoziierten Thromboembolien 9 Prädiktoren für ein Rezidiv und schwere Blutungen definiert.

  • Prostatakarzinom: Tastuntersuchung eignet sich nicht zur Früherkennung

  • Magenkarzinom: Zolbetuximab plus CAPOX verlängert Überleben bei Claudin-positiven Tumoren

  • Endometriumkarzinom: Dostarlimab plus Chemotherapie bessert PFS

  • Endometriumkarzinom: Pembrolizumab plus Chemotherapie bessert PFS

  • B-Zell-Lymphom: Mikrobiom-basierte Vorhersage des Ansprechens auf CAR-T-Zelltherapie

  • Krebs-assoziierte Thromboembolien: Risikofaktoren für Rezidive und schwere Blutungen

Prostatakarzinom: Tastuntersuchung eignet sich nicht zur Früherkennung

Neue Ergebnisse aus der PROBASE-Studie (Deutsche Prostatakrebs-Screening-Studie), vorgestellt beim Jahreskongress der European Association of Urology (Abstract A0899) in Mailand, zeigen, dass die Tastuntersuchung nicht geeignet ist, um ein Prostata-Karzinom in frühen Stadien zuverlässig nachzuweisen. 

Die PROBASE-Studie ist eine multizentrische deutsche Prostatakrebs-Früherkennungsstudie an 4 Universitäten (TU München, Hannover, Heidelberg, Düsseldorf). Sie umfasst 46.495 Männer im Alter von 45 Jahren, die zwischen 2014 und 2019 eingeschrieben waren. Der Hälfte der Teilnehmer wurde sofort ein PSA-Test angeboten, während sich die andere Hälfte zunächst einer Tastuntersuchung unterzog; ein PSA-Screening wurde erst im Alter von 50 Jahren angeboten.

Von 6.537 Männern mit Tastuntersuchung wurden 57 aufgrund verdächtiger Befunde zu einer Folgebiopsie überwiesen. Nur bei 3 Männern stellten Ärzte Krebs fest. „Im Vergleich zur Erkennungsrate mit anderen Methoden, wie z. B. einem PSA-Test, war die Erkennungsrate mit der Tastuntersuchung wesentlich niedriger. Die Tastuntersuchung ergab in 99% der Fälle ein negatives Ergebnis, und selbst diejenigen, die als verdächtig eingestuft wurden, hatten eine niedrige Erkennungsrate“, sagte Dr. Agne Krilaviciute vom DKFZ in Heidelberg und Erstautorin der Studie laut einer Pressemitteilung. „Ergebnisse, die wir in der PROBASE-Studie gesehen haben, belegen, dass PSA-Tests bei Männern im Alter von 45 Jahren 4-mal mehr Prostatakrebs entdeckten.“

Die Forscher glauben, dass mit einer Tastuntersuchung insbesondere bei jüngeren Männern Krebs möglicherweise nicht erkannt wird, weil die Gewebeveränderungen in der Prostata zu gering sind, um sie zu ertasten. Darüber hinaus könnte der Krebs in Bereichen auftreten, die mit einem Finger nicht leicht zu erreichen sind.

Nach Ansicht der Autoren sollten in Screening-Programmen PSA-Tests und MRT-Scans eingesetzt werden. Diese Verfahren würden im Gegensatz zur Tastuntersuchung auch Männer nicht so stark von einer Untersuchung abhalten.

Magenkarzinom: Zolbetuximab plus CAPOX verlängert Überleben bei Claudin-positiven Tumoren

Der gegen Claudin-18.2 (CLDN18.2) gerichtete monoklonale Antikörper Zolbetuximab verbesserte als Erstlinientherapie zusätzlich zu CAPOX gegeben das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS) von Patienten mit CLDN18.2-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Magenkarzinom oder Karzinom des gastroösophagealen Übergangs im Vergleich zu Placebo plus CAPOX. Diese Ergebnisse der Phase-3-Studie GLOW stellte Prof. Dr. Manish Shah, Weill Cornell Medical College, New York, bei der virtuellen ASCO Plenary Serie im März 2023 vor (Abstract 405736).

In die globale Studie GLOW wurden 507 nicht vorbehandelte Patienten mit lokal fortgeschrittenem, inoperablem oder metastasiertem Adenokarzinom des Magens (86%) oder des gastroösophagealen Übergangs (14%) aufgenommen. Sie waren HER2-negativ und CLDN18.2-positiv und erhielten 1:1 randomisiert 800 mg/m² Zolbetuximab als Loading Dose, dann 600 mg/m² alle 3 Wochen plus CAPOX oder Placebo plus CAPOX. Nach 8 Zyklen setzten die Patienten die Behandlung mit 600 mg/m2 Zolbetuximab alle 3 Wochen oder mit Placebo plus Capecitabin fort, bis die Erkrankung fortschritt oder bis ein Abbruchkriterium erfüllt war. 

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 12,6 Monaten verbesserte die Kombination von Zolbetuximab und CAPOX das progressionsfreie Überleben (PFS) (primärer Endpunkt) und das Gesamtüberleben (OS) signifikant. Das PFS betrug 8,2 Monate in der Zolbetuximab-Gruppe im Vergleich zu 6,8 Monaten in der Placebo-Gruppe (Hazard Ratio [HR] 0,687, p = 0,0007), das mediane OS lag bei 14,4 vs. 12,2 Monaten (HR 0,771, p = 0,0118).

Das 12-Monats-PFS betrug mit Zolbetuximab- bzw. Placebo 35% bzw. 19%, das 24-Monats-PFS 14% bzw. 7% (HR 0,687, p=0,0007). Das 12-Monats-OS lag bei 58% bzw. 61% und das 24-Monats-PFS bei 29% bzw. 17% (HR 0,771, p=0,0118). Im Zolbetuximab-Arm sprachen 53,8% der Patienten, im Placebo-Arm 48,8% an. 

Die häufigsten behandlungsbedingten unerwünschten Ereignisse unter Zolbetuximab plus CAPOX im Vergleich zu CAPOX allein waren Übelkeit (68,5% vs. 50,2%), Erbrechen (66,1% vs. 30,9%) und verminderter Appetit (41,3% vs. 33,7%). Schwerwiegende Nebenwirkungen (47,2% vs. 49,8%) waren in beiden Armen ähnlich häufig.

Die Ergebnisse der GLOW-Studie bestätigen die Ergebnisse der Phase-3-Studie SPOTLIGHT, die vor kurzem beim ASCO-GI-Symposium vorgestellt worden war ( Medscape berichtete).

Endometriumkarzinom: Dostarlimab plus Chemotherapie bessert PFS

Der PD1-Inhibitor Dostarlimab verlängerte in Kombination mit Carboplatin/Paclitaxel bei Frauen mit fortgeschrittenem oder rezidiviertem Endometriumkarzinom das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie signifikant. Besonders deutlich profitierten Frauen mit Defekten der homologen DNS-Reparatur (Mismatch-Repair-Defizienz, dMMR) oder hoher Mikrosatelliten-Instabilität (MSI-H), so das Ergebnis der Phase-3-Studie RUBY. Ergebnisse hat Prof. Dr. Mansoor R. Mirza, Kopenhagen, bei der Jahrestagung der Society of Gynecologic Oncology (SGO) am 27. März 2023 in Tampa (Florida, USA) vorgestellt und parallel im  New England Journal of Medicine  publiziert. 

In der internationalen, doppelblinden, randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie waren 494 Frauen mit fortgeschrittenem oder erstmals rezidiviertem Endometriumkarzinom mit Carboplatin und Paclitaxel sowie randomisiert zusätzlich mit Dostarlimab (500 mg) oder Placebo behandelt worden. 118 Frauen (23,9%) wiesen Tumoren mit MSH-H oder dMMR auf. 

In der dMMR-MSI-H-Population betrug das PFS nach 24 Monaten 61,4% in der Dostarlimab-Gruppe und 15,7% in der Placebo-Gruppe (HR 0,28; p < 0,001). Das PFS in der Gesamtpopulation lag nach 24 Monaten bei 36,1% unter Dostarlimab und 18,1% mit Placebo (HR 0,64; p < 0,001). Nach 24 Monaten lebten 71,3% der Frauen unter Dostarlimab und 56,0% mit Placebo (HR 0,64). 

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Übelkeit (53,9% Dostarlimab bzw. 45,9% Placebo), Alopezie (53,5% bzw. 50,0%), Fatigue (51,9% bzw. 54,5%). Schwere unerwünschte Ereignisse waren mit Dostarlimab häufiger als mit Placebo. 

Endometriumkarzinom: Pembrolizumab plus Chemotherapie bessert PFS

Auch der PD1-Inhibitor Pembrolizumab verlängerte in Kombination mit Carboplatin/Paclitaxel bei Frauen mit fortgeschrittenem oder rezidiviertem Endometriumkarzinom das PFS im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie signifikant. In der Phase-3-Studie NRG-GY018 profitierten ebenfalls Frauen mit Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR) oder hoher Mikrosatelliten-Instabilität (MSI-H) besonders gut. PD Dr. Ramez N. Eskander, UC San Diego Health, hat sie bei der Jahrestagung der Society of Gynecologic Oncology (SGO) am 27. März 2023 in Tampa (Florida, USA) vorgestellt und parallel im  New England Journal of Medicine  publiziert. 

In dieser doppelblinden, randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie waren 816 Frauen mit erstmals rezidiviertem oder fortgeschrittenem Endometriumkarzinom mit Carboplatin und Paclitaxel sowie randomisiert zusätzlich mit Pembrolizumab oder Placebo behandelt worden. Sie wurden in 2 Kohorten stratifiziert, und zwar in dMMR und pMMR (funktionierendes Reparatursystem) 

Das 12-Monats-PFS lag in der dMMR-Population bei 74% unter Pembrolizumab und bei 38% unter Placebo (HR 0,30, p < 0,001). In der pMMR-Kohorte betrug das mediane progressionsfreie Überleben 13,1 Monate mit Pembrolizumab und 8,7 Monate mit Placebo (HR 0,54; p < 0,001). 

Es traten keine neuen, bislang nicht bekannten Nebenwirkungen auf.

B-Zell-Lymphom: Mikrobiom-basierte Vorhersage des Ansprechens auf CAR-T-Zelltherapie

Mikrobiom-basierte Biomarker können bei Patienten mit B-Zell-Lymphom, die mit CAR-T-Zellen behandelt werden, die Patientenauswahl und die Personalisierung verbessern. Dies berichtet eine deutsch-amerikanische Arbeitsgruppe in  Nature Medicine

Zunehmend gibt es Hinweise, dass das Darmmikrobiom die Wirksamkeit der Krebsimmuntherapie modulieren kann. Die Arbeitsgruppe hat anhand von Patienten mit B-Zell-Lymphom aus 5 Zentren in Deutschland und den USA (Deutschland n=66; USA n=106) gezeigt, dass eine Breitspektrum-Antibiotika-Behandlung vor einer gegen CD19-gerichteten CAR-T-Zell-Therapie mit einem verminderten PFS und OS sowie stärkerer Progression assoziiert waren. Hierbei könnten aber auch eine höhere Tumorlast vor der Behandlung und systemische Entzündungen bei den Patienten, die mit den Antibiotika vorbehandelt waren, beteiligt gewesen sein. 

Daher konzentrierte sich die Arbeitsgruppe auf nicht mit Antibiotika vorbehandelte Patienten. Bei ihnen fanden die Wissenschaftler signifikante Korrelationen zwischen häufigerem Vorkommen von Bifidobacterium longum und Mikrobiom-kodierter Peptidoglycan-Biosynthese vor der CAR-T-Zell-Infusion und dem mit der CAR-T-Zell-Behandlung verbundenen 6-Monats-Überleben bzw. der Krankheitsprogression. 

Mit Hilfe prädiktiver Mikrobiom-basierter maschineller Algorithmen konnten vor der CAR-T-Behandlung Langzeit-Ansprecher von Nicht-Langzeit-Ansprechen unterschieden werden. Diese Algorithmen waren an der nicht mit Antibiotika behandelten deutschen Kohorte trainiert und in der US-Kohorte getestet worden. 

Für die Bestimmung der Reaktion auf die CAR-T-Zell-Behandlung erwiesen sich Bacteroides, Ruminococcus, Eubacterium und Akkermansia als besonders wichtig. 

Krebs-assoziierte Thromboembolien: Risikofaktoren für Rezidive und schwere Blutungen

In einer Analyse der Caravaggio-Studie an Patienten mit Krebs-assoziierten Thromboembolien, die mit Antikoagulanzien behandelt wurden, identifizierte eine internationale Arbeitsgruppe 5 unabhängige Prädiktoren für ein Thromboserezidiv und 4 unabhängige Prädiktoren für therapiebedingte schwere Blutungen. 

In der im Jahr 2020 im  New England Journal of Medicine  publizierten Caravaggio-Studie wurde bei Krebspatienten mit einer venösen Thromboembolie (VTE) die Nichtunterlegenheit einer VTE-Therapie von oralem Apixaban im Vergleich zu subkutanen Dalteparin belegt. Rezidivierende venöse Thromboembolien waren bei 78 von 1.155 Patienten (6,8%) und schwere Blutungen bei 45 Patienten (3,9%) aufgetreten. 

Die neue im  European Journal oft Internal Medicine  publizierte Analyse ergab nun folgende 5 unabhängige Prädiktoren für ein VTE-Rezidiv:

  1. Tiefe Venenthrombose als Indexereignis (relative Risikoänderung +84%)

  2. ECOG-Status ≥ 1 (+95%)

  3. Pankreas- oder hepatobiliäres Karzinom (+120%)

  4. Gleichzeitige Behandlung mit Onkologika (+98%) 

  5. Höhere Kreatinin-Clearance (+10% pro Anstieg um 10 ml/min).

Für eine schwere Blutung wurden folgende 4 unabhängige Prädiktoren gefunden: 

  1. ECOG-Status von 2 (Patienten mit höheren Werten waren ausgeschlossen) (+131%)

  2. Urogenitale Tumoren (+172%)

  3. Nicht resezierte intraluminale Karzinome des Gastrointestinaltrakts (+177%)

  4. Karzinome des oberen Gastrointestinaltrakts (+217%).

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