Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.
Corona-Newsblog, Update vom 13. März 2023
Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 48 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 12. März lag der Wert ebenfalls bei 48.
Unsere Themen heute:
RKI-Wochenbericht: SARS-CoV-2 weiter rückläufig – ARE auf hohem Niveau
Lauterbach: Eigenes Programm gegen Long-COVID und Impfschäden
SARS-CoV-2 spielt „keine dominante Rolle mehr in den Kliniken“
Folgen der Pandemie: Intelligenztest zeigt schlechtere Leistung bei Schülern
Schlechtere Versorgung von Krebspatienten während der Pandemie
Adipositas und Typ-2-Diabetes: COVID-19-Impfungen wirken nicht immer optimal
RKI-Wochenbericht: SARS-CoV-2 weiter rückläufig – ARE auf hohem Niveau
Welche Trends sind zu beobachten? „Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz der gemeldeten Fälle mit einem labordiagnostischen Nachweis von SARS-CoV-2 ist in Meldewoche 9 im Vergleich zur Woche 8 um 24% gesunken und liegt damit weiterhin auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau“, heißt es im RKI-Wochenbericht. Der stärkste Rückgang trete in den Altersgruppen der 25- bis 59-Jährigen mit bis zu 30% auf.
Ansonsten ist die Rate akuter Atemwegsinfektionen hoch. „Es bleibt daher weiterhin sehr wichtig, (…) beim Auftreten von Symptomen einer Atemwegsinfektion wie z. B. Schnupfen, Halsschmerzen oder Husten – unabhängig vom Impfstatus, und unabhängig davon, ob ein Schnelltest durchgeführt wurde – für 3 bis 5 Tage und bis zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik zu Hause zu bleiben, Kontakte zu meiden.“ Der Schutz vulnerabler Gruppen hänge vom Verhalten der Bevölkerung und von der Rücksichtnahme ab, betont das RKI.
Lauterbach: Eigenes Programm gegen Long-COVID und Impfschäden
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will Menschen mit Long-/Post-COVID oder mit Impfschäden besser versorgen, wie er im ZDF angekündigt hat.
„Das ist ein Programm, das ich so schnell wie möglich auflegen möchte“, so Lauterbach. „Ich bin quasi in den Haushaltsverhandlungen für dieses Geld.“ Ihm gehe es auch darum, Experten zu vernetzten, damit die Wahrscheinlichkeit einer guten Therapie steige.
Gleichzeitig betonte der Minister, Impfschäden seien selten. Laut Daten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) führe weniger als 1 von 10.000 Impfungen zu Schäden. Dennoch sieht Lauterbach Hersteller in der Pflicht: „Die Gewinne sind exorbitant gewesen“, sagte er. Eine finanzielle Unterstützung sei „mehr als eine gute Geste“.
SARS-CoV-2 spielt „keine dominante Rolle mehr in den Kliniken“
Laut DIVI-Intensivregister sind derzeit auf Intensivstationen 921 Betten im Low-Care- und 1.642 im High-Care-Bereich frei. Hinzu kommen 429 freie ECMO-Behandlungsplätze.
„Bundesweit haben wir etwa 1.100 Corona-Patienten auf den Intensivstationen, davon 60% auch mit einer Manifestation der Erkrankung mit einem nur geringen Anstieg über Karneval“, sagt Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin. „Im Klinikalltag ist Corona mittlerweile eine Infektionserkrankung unter vielen (…).“ Das bestätigt auch Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG): „Trotz des Anstiegs auf den Normalstationen spielt Corona keine dominante Rolle mehr in den Kliniken.“
Karagiannidis und Gaß weisen jedoch auf die angespannte Personalsituation und auf den Rückstau von Behandlungen aus Pandemie-Zeiten hin. Darin sehen sie aktuell die weitaus größte Herausforderung.
Folgen der Pandemie: Intelligenztest zeigt schlechtere Leistung bei Schülern
Die COVID-19-Pandemie hat schulische Ausbildungen weltweit stark beeinträchtigt. Vielerorts wurden Schulen für Wochen oder Monate geschlossen. Nur ein Teil der Schüler konnte gleichzeitig unterrichtet werden – und Bildungseinrichtungen haben mehr oder minder erfolgreich Online-Formate etabliert. Eine neue Studie zeigt mögliche Folgen von Einschränkungen auf die Entwicklung von Kindern.
Forscher haben in Deutschland Intelligenztestleistungen von 424 Gymnasiasten der Klassen 7 bis 9 (42% weiblich) nach den ersten 6 Monaten der COVID-19-Pandemie erfasst. Daten dieser Stichprobe aus 2020 wurden mit 2 Stichproben aus 2002 (n=1.506) und 2012 (n=197) verglichen. „Die Ergebnisse zeigten, dass Intelligenztests der 2020er-Stichprobe erheblich und signifikant niedriger waren als Resultate der Stichproben aus 2002 und aus 2012“, heißt es in der Veröffentlichung.
Jetzt haben die Wissenschaftler Schüler der Stichprobe aus 2020 nach einem weiteren Schuljahr in 2021 erneut getestet. Hier gab es weder Anzeichen für eine Verringerung der Defizite noch für einen weiteren Rückgang der kognitiven Leistungen. Der wahrgenommene Stress während der Pandemie hatte keinen Einfluss auf Veränderungen der Intelligenztests zwischen beiden Messungen.
„Die Ergebnisse stimmen mit dem überein, was man bereits weiß: Die Dauer des Schulbesuchs wirkt sich positiv auf die Intelligenz aus“, kommentiert Prof. Dr. Detlef Rost, School of Psychology, Southwest University Chongqing, China. „Zu Pandemiezeiten erhielten die Schüler weniger Klassenunterricht. Andere Probleme kamen hinzu, wie zum Beispiel Online-Unterricht, der oft kaum mehr ist als das stupide Ausfüllen von Arbeitsblättern.“ Was letztlich für welche Veränderung verantwortlich sei, könne die Studie nicht klären.
Schlechtere Versorgung von Krebspatienten während der Pandemie
Eine Analyse von Daten des europäischen Krebsregisters hat erneut signifikanten Auswirkungen der Pandemie auf die Krebsversorgung in Europa aufgezeigt, wie Univadis.de berichtet. Fast 90% der Abfragen ergaben eine Unterbrechung oder einen Rückgang der Vorsorgeuntersuchungen auf Brustkrebs sowie auf Zervix- und Kolorektalkarzinome während der 1. COVID-19-Welle.
In Deutschland kam es vor allem zwischen April und Mai 2020, zwischen Januar und Februar 2021 sowie zwischen April und Mai 2021 zu starken Einbrüchen bei der Zahl stationärer Krebspatienten:

Quelle: OECD Country Cancer Profile Germany
In Dänemark lag der Rückgang der Krebsdiagnosen bei rund 20%. Und in Belgien ergab die Abfrage rund 5.000 Krebsdiagnosen weniger in einem Zeitraum von 7 Monaten. Dies entspricht in etwa der Anzahl der Diagnosen, die unter normalen Bedingungen in 1 Monat gestellt werden.
EU-weit gab es Unterbrechungen bei den Behandlungen, wobei Operationen am stärksten betroffen waren (51%), gefolgt von Chemotherapien (43%), Immuntherapien (44%) und Strahlentherapie (40%).
Im Jahr 2020 führte die COVID-19-Pandemie zu einer geringeren Anzahl gemeldeter Krebsfälle und zu weiter fortgeschrittenen Krankheitsstadien aufgrund verzögerter Diagnosen. Zwar kam es in einigen Ländern ab 2020 zu einer raschen Verbesserung der Situation. Andere Nationen berichten über anhaltend geringe Behandlungszahlen und Screening-Raten.
Adipositas und Typ-2-Diabetes: COVID-19-Impfungen wirken nicht immer optimal
Patienten mit Adipositas und mit Typ-2-Diabetes sind bekannte Risikogruppen für schweres COVID-19; sie wurden zu Beginn der Impfkampagnen priorisiert. Problematisch ist jedoch das teils schlechte Ansprechen auf Vakzine, wie Forscher berichten.
Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes (n=390) oder Adipositas (n=357) ohne frühere Infektion, die 2 Impfstoffdosen erhalten hatten, wurden in die Studie eingeschlossen. Hinzu kamen Daten von gesunden Probanden (n=573). Die humorale Reaktion wurde zu Beginn, einen Monat nach der 1. Dosis (M0) und 1 Monat nach der 2. Dosis (M1) anhand des Prozentsatzes der Responder ermittelt. Dazu gehörte der Nachweis von Anti-Spike-SARS-CoV-2-IgG-, von Anti-RBD-Antikörpern und des Anteils der Personen mit Anti-SARS-CoV-2-spezifischen neutralisierenden Antikörpern (Nabs).
Bei Patienten mit Diabetes, insbesondere Typ-2-Diabetes, und bei Patienten mit Adipositas war die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach der 1. und 2. Impfdosis Anti-Sabs- und Anti-RBD-Antikörper aufwiesen, geringer als bei den Kontrollpersonen (p<0,001).
Zum Zeitpunkt M1 fanden die Forscher eine Sabs-Serokonversion von 94,1% bei Patienten mit Diabetes gegenüber 99,7% bei den Kontrollen, eine Anti-RBD-Serokonversion bei 93,8% versus 99,1% und eine Nabs-Serokonversion von 95,7% versus 99,6% (alle p<0,0001).
Die Sabs- und Anti-RBD-Serokonversion bei M0 und M1 waren bei adipösen Patienten ebenfalls signifikant niedriger als bei den Kontrollen, nämlich 82,1% gegenüber 89,9% (p=0,001 für M0 und Sabs), 94,4% gegenüber 99,7% (p=0,001, bei M1 und Sabs), 79,0% gegenüber 86,2% (p=0,004 bei M0 und Anti-RBD) sowie 96,99% gegenüber 99,1% (p=0,012 bei M1 und Anti-RBD).
Faktoren, die mit einer geringen Impfstoffreaktion bei Patienten mit Diabetes assoziiert waren, waren eine chronische Nierenerkrankung (bereinigte OR=6,88 [95%-KI 1,77-26,77], p=0,005) und eine schlechte Blutzuckereinstellung (bereinigte OR=3,92 [95%-KI 1,26-12,14], p = 0,018). Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler fest, dass ein BMI ≥ 40 kg/m2 mit einer höheren Impfstoffreaktion verbunden ist (bereinigte OR=0,10 [95%-KI 0,01-0,91], p=0,040) als bei Patienten mit einem BMI<40 kg/m2.
„Die humorale Reaktion auf den COVID-19-Impfstoff war bei Patienten mit Adipositas und Diabetes 1 Monat nach der 2. Dosis geringer als bei Kontrollpersonen, insbesondere bei Diabetikern mit chronischer Nierenerkrankung oder unzureichender Blutzuckereinstellung“, schreiben die Autoren. „Diese Ergebnisse weisen auf die Notwendigkeit serologischer Kontrollen nach der Impfung in diesen Hochrisikogruppen hin.“
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Credits:
Photographer: © Ralf Liebhold
Lead Image: Dreamstime
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Diesen Artikel so zitieren: Lauterbach will Programm gegen Long-COVID und für Impfgeschädigte; Impfung wirkt nicht optimal bei Diabetikern und Adipösen - Medscape - 13. Mär 2023.
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