New Orleans – Das Fusionsprotein Sotatercept, ein Aktivin-Signaling-Inhibitor, verbesserte bei Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) – zusätzlich zu ihrer normalen Behandlung gegeben – die 6-Minuten-Gehstrecke (6MWD) in Woche 24 im Vergleich zu Placebo um 40,8 Meter. Es besserte zudem hämodynamische Parameter, die WHO-Klasse, Biomarker, Risiko-Scores und Patient-reported-Outcomes. Das Risiko von Tod oder klinischer Verschlechterung wurde im Vergleich zu Placebo um 84% gesenkt. Die neue Substanz wurde gut vertragen.
„Diese Ergebnisse belegen den klinischen Nutzen von Sotatercept in Kombination mit zugelassenen PAH-Therapeutika als neue Therapie für die pulmonale arterielle Hypertonie“, so die Schlussfolgerung von Prof. Dr. Marius M. Hoeper von der Medizinischen Hochschule Hannover. Er hat die Phase-3-Studie STELLAR bei der Wissenschaftlichen Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) in Verbindung mit dem World Congress of Cardiology (WCC) am 6. März 2023 in New Orleans vorgestellt und parallel im New England Journal of Medicine publiziert [1,2].
Zwischen der Diagnose der PAH und dem Eintritt in die STELLAR-Studie dauerte es etwa 9 Jahre, erläuterte Hoeper. „Und auch nach dieser langen Zeit sehen wir eine so beeindruckende Reaktion, sodass sich alle, einschließlich mir, fragen, was passieren wird, wenn wir dieses Medikament bei Patienten anwenden, bei denen die Krankheit neu diagnostiziert wurde“, sagte er. Dieser Frage wird in einer derzeit noch laufenden Phase-3-Studie (HYPERION) nachgegangen.
Prof. Dr. Rhonda M. Cooper-DeHoff, University of Florida, Gainesville, bezeichnete Sotatercept als „wirklich begeisternde neue Therapie“. Nach Aussage von Prof. Dr. Julia Grapsa in der ACC-Pressekonferenz könnte diese Therapie eine neue Hoffnung für viele PAH-Patienten bedeuten.
Die Autoren des begleitenden Editorials im NEJM schreiben [3]: „Die Ergebnisse sind beeindruckend … Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass Sotatercept eine neue und klinisch bedeutsame Erweiterung zu aktuellen Medikamenten bei PAH darstellen könnte“, so Prof. Dr. Darren B. Taichman von der Harron Lung Center University City in Philadelphia und seine Kollegen.
Die Studie liefere ermutigende Daten für eine neue Richtung therapeutischer Strategien für Patienten mit PAH. Es sei aber noch zu früh zu sagen, dass eine neue Ära der Behandlung der PAH angebrochen sei. Aber klar sei, dass die Ära der bemerkenswerten Fortschritte bei dieser Erkrankung noch nicht zu Ende sei.
Sotatercept
Sotatercept ist ein Fusionsprotein, in dem die extrazelluläre Domäne des humanen Aktivinrezeptors Typ IIa mit der Fc-Domäne von humanem Immunglobulin G1 fusioniert ist. Es fungiert als Ligandenfalle für ausgewählte Mitglieder der TGF-Beta-Superfamilie. Durch die Hemmung der Liganden soll Sotatercept in den Lungengefäßen das Gleichgewicht von antiproliferativen und pro-proliferativen Signalwegen neu ausbalancieren.
In Tiermodellen der PAH hemmte Sotatercept die Zellproliferation, förderte die Apoptose und besserte Entzündungen in den Gefäßwänden. Hierdurch führte es zu einem umgekehrten Remodeling und stellte die Durchgängigkeit der Gefäße wieder her.
Sotatercept ist keine neue Substanz. Es wird schon länger als 10 Jahre klinisch geprüft, u.a. wegen seiner Erythrozyten-stimulierenden Aktivität und seiner modulierenden Wirkung auf Knochenresorption und -bildung. In klinischen Studien wurde es u.a. zur Behandlung der Chemotherapie-induzierten Anämie und der Anämie bei Patienten mit Niereninsuffizienz oder myelodysplastischem Syndrom untersucht.
Multizentrische, doppelblinde STELLAR-Studie
In der von Acceleron Pharma, einer Tochter von MSD Sharp & Dohme, unterstützten multizentrischen, doppelblinden Phase-3-Studie STELLAR erhielten Erwachsene mit pulmonaler arterieller Hypertonie WHO-Funktionsklasse II oder III unter stabiler Therapie randomisiert alle 3 Wochen:
Sotatercept (Anfangsdosis s.c. 0,3 mg/kg Körpergewicht, Zieldosis 0,7 mg/kg) (n = 162) oder
Placebo (n = 160).
Primärer Endpunkt war die Veränderung in der 6-Minuten-Gehstrecke in Woche 24 im Vergleich zum Ausgangswert. Hierarchisch getestet wurden 9 weitere sekundäre Endpunkte.
Primärer Endpunkt erreicht
Die Charakteristika der beiden Patientengruppen waren gut vergleichbar. Das Durchschnittsalter der 323 Patienten lag bei 47,9 Jahren. 80% waren Frauen, 90% waren weiß. Seit der PAH-Diagnose waren im Mittel 8,8 Jahre vergangen.
58,5% litten an einer idiopathischen PAH, 18,3% an einer hereditären Form. 40% erhielten Prostacyclin-Infusionen, die Mehrzahl (61,3%) wurde mit einer Dreifach-Therapie behandelt. Die 6MWD betrug zu Beginn der Studie 401,1 Meter.
Der primäre Endpunkt der Studie wurde erreicht: In Woche 24 hatten sich die Ergebnisse für den 6-Minuten-Gehtest in der Interventionsgruppe um über 40 Meter verbessert und waren in der Placebogruppe um 1,4 m zurückgegangen (p < 0,001).
Bei 8 der 9 sekundären Endpunkte erwies sich Sotatercept als signifikant besser. So senkte Sotatercept den pulmonalen Gefäßwiderstand und besserte NT-proBNP, die WHO-Kategorie, die Zeit bis zur klinischen Verschlechterung oder zum Tod sowie 2 Scores zur Lebensqualität.
Der einzige Bereich, in dem keine Verbesserung zu sehen war, war der Score für die kognitiven/emotionalen Werte. Nach Aussage von Hoeper waren diese Werte zu Studienbeginn im normalen Bereich, sodass keine Verbesserung erwartet werden konnte.
Der mittlere Lungenarteriendruck, ein explorativer Endpunkt, nahm um etwa 14 mmHg ab. „Dies ist die beeindruckendste Senkung des pulmonal-arteriellen Drucks, die wir je bei vorbehandelten PAH-Patienten gesehen haben“, sagte der Pneumologe aus Hannover. „Für mich ist das eines der stärksten Signale, die darauf hindeuten, dass wir tatsächlich eine gewisse Rückbildung der krankheitsbedingten Veränderungen in den Lungengefäßen erreicht haben. Dies bleibt jedoch eine Hypothese, die wir in zukünftigen Studien untersuchen müssen.“
Die Zeit bis zum ersten Auftreten von Tod oder nicht-tödlicher klinischer Verschlechterung wurde durch Sotatercept signifikant verlängert. In der Sotatercept-Gruppe waren 9 Patienten (5,5%) gestorben oder ihre Symptome hatten sich verschlechtert, in der Placebo-Gruppe war dies bei 42 Patienten (26,3%) der Fall. Dies bedeutet eine Risikoreduktion von 84%.
Mehr schwere Nebenwirkungen in der Placebo-Gruppe
In der Placebo-Gruppe traten mit 18,1% mehr schwere Nebenwirkungen auf als in der Verum-Gruppe mit 12,9%. Auch Therapieabbrüche waren unter Placebo häufiger (6,9 vs. 3,7%).
Blutungen, Teleangiektasien, erhöhter Hämatokrit, Thrombozytopenie und Bluthochdruck waren unter Sotatercept häufiger als unter Placebo.
Nasenbluten (20,2 vs. 1,9%), Teleangiektasien (14,1 vs. 3,8%) und Benommenheit (14,7 vs. 4,4%) waren die häufigsten unter Sotatercept beobachteten unerwünschten Wirkungen.
In der Diskussion prognostizierte Hoeper: „Auch wenn das Medikament auf dem Markt ist, wird meines Erachtens die Kombination aus einem Endothelin-Rezeptor-Antagonisten und einem Phosphodiesterase-5-Hemmer Standard sein, das wird sich nicht ändern. Aber wir werden nicht 9 Jahre warten, bevor wir mit Sotatercept beginnen.“
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Diesen Artikel so zitieren: Neue Therapiestrategie gegen Pulmonale arterielle Hypertonie: Beeindruckende Ergebnisse mit Sotatercept in der STELLAR-Studie - Medscape - 8. Mär 2023.
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