Ermutigende Daten: Niedrigrisiko-Patienten profitieren vom Transkatheter-Aortenklappenersatz – auch noch nach mehreren Jahren

New Orleans – 3-Jahres-Daten der Evolut-Studie scheinen den Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVR) bei Patienten mit geringem Risiko zu bestätigen. Bei ihnen waren die Gesamtmortalität und die Rate an Schlafanfällen mit Behinderung im Vergleich zur chirurgischen Intervention weiterhin niedriger [1].

Die Raten der Gesamtmortalität und der Schlaganfälle mit körperlichen Einschränkungen als primären Endpunkten betrugen nach 3 Jahren 7,4% in der TAVR-Gruppe und 10,4% bei der chirurgischen Gruppe.

Die Implantation neuer Herzschrittmacher war nach der TAVR weiterhin häufiger nötig. Neu auftretendes Vorhofflimmern war wiederum nach der Operation häufiger.

Langzeitdaten bestätigen den Nutzen von TAVR

„Nach 3 Jahren waren Zahlen für die Gesamtmortalität oder die Rate an Schlaganfällen mit Behinderung nach TAVR mit der Evolut-Klappe im Vergleich zur Operation sehr günstig. Der absolute Unterschied zwischen den Behandlungsarmen blieb konsistent bei einer 30-prozentigen relativen Verringerung des Risikos für Tod oder Schlaganfall mit Behinderung. Der p-Wert verfehlte die statistische Signifikanz knapp“, sagte Evolut-Prüfer Dr. John Forrest, Yale University School of Medicine, New Haven, Connecticut.

 
Beide Komponenten des primären Endpunkts – Gesamtmortalität und Schlaganfall – sprechen numerisch für die TAVR. Dr. John Forrest
 

„Die Kaplan-Meier-Kurven zeigen, was wir erwarten: eine frühe Trennung der Kurven. Aber hier einzigartig ist, dass die frühe Trennung im 1. und 2. Jahr erhalten blieb und dass die Kurven zwischen dem 2. und 3. Jahr nicht anfingen, sich zu vereinigen, sondern sich eher ein wenig trennten“, kommentierte Forrest.

„Beide Komponenten des primären Endpunkts – Gesamtmortalität und Schlaganfall – sprechen numerisch für die TAVR. Die Trennung der Kurven für den Schlaganfall bleibt erhalten. Wenn überhaupt, sehen wir eine weitere leichte Trennung der Kurven, wenn wir bis zu 3 Jahren in Bezug auf die Gesamtmortalität weitergehen“, fügte er hinzu. 

Forrest stellte 3-Jahres-Ergebnisse der Evolut-Studie auf der American College of Cardiology (ACC) Scientific Session/World Congress of Cardiology (WCC) 2023 vor. Sie wurden gleichzeitig online im Journal of the American College of Cardiology veröffentlicht.

Der Wissenschaftler berichtete auch, dass TAVR-Patienten nach 3 Jahren weiterhin eine bessere Hämodynamik der Klappe und sehr niedrige Raten von Klappenthrombosen aufwiesen. Darüber hinaus waren die Raten von mäßiger oder starker paravalvulärer Regurgitationen und paravalvulärer Lecks ebenfalls niedrig, obwohl eine leichte paravalvuläre Regurgitation bei TAVR häufiger auftrat. Solche Faktoren können die Haltbarkeit der Klappe beeinträchtigen.

„Bei diesen Niedrigrisikopatienten wird die Haltbarkeit der Klappe von entscheidender Bedeutung sein“, so Forrest. „Die hervorragende Klappenleistung und die dauerhaften Ergebnisse bis zu 3 Jahren bei Niedrigrisikopatienten bestätigen die Rolle der TAVR in dieser Patientengruppe.“

 
Die hervorragende Klappenleistung und die dauerhaften Ergebnisse bis zu 3 Jahren bei Niedrigrisikopatienten bestätigen die Rolle der TAVR in dieser Patientengruppe. Dr. John Forrest
 

Zur Frage, wie sich neue Daten auf die klinische Praxis auswirken könnten, sagte Forrest: „Ich denke, in den USA bestätigen diese Ergebnisse, was wir tun. Sie geben uns die Zuversicht, auch weiterhin Patienten mit niedrigem Risiko [via TAVR] zu behandeln und damit zufrieden zu sein.“ Außerhalb der USA seien Empfehlungen der Leitlinien etwas anders. „Vielleicht sollten wir einige dieser Leitlinien auf der Grundlage dieser Daten überdenken.“

Hohe Lebenserwartung, hohe Langzeitstabilität

Dr. David Moliterno vom Gill Heart and Vascular Institute, Lexington, Kentucky, der nicht an den TAVR-Studien beteiligt ist, sagte im Gespräch mit Medscape: „Es besteht nach wie vor Ungewissheit über die langfristige Haltbarkeit der Transkatheterklappe bei Patienten mit niedrigem Risiko, die meist jünger und wahrscheinlich aktiver sind als Patienten mit höherem Risiko. Die aktuellen 3-Jahres-Ergebnisse geben mehr Zuversicht, da Kurven für Tod und Schlaganfälle bei der TAVR im Vergleich zur Operation in die richtige Richtung tendieren.“

Moliterno wies darauf hin, dass die Zahl paravalvulärer Regurgitationen und permanenter Schrittmacher-Implantationen mit Evolut-Geräten und Implantationstechniken der neueren Generation sinken würden. Laut Zahlen der US-Sozialversicherungsbehörde haben Patienten im Alter von 74 Jahren, welche in diese Niedrigrisikokohorte aufgenommen wurden, eine zusätzliche Lebenserwartung von etwa 12 Jahren. „Wir müssen also die Haltbarkeit des Geräts und die Durchführbarkeit des Koronarzugangs noch unter Beweis stellen“, sagte Moliterno.

Entscheidungsfindung in den USA

In seinem Vortrag erläuterte Forrest, dass die TAVR in den USA mittlerweile für alle Patienten mit Aortenstenose unabhängig vom Operationsrisiko zugelassen sei und sich zur häufigsten Form des Aortenklappenersatzes entwickelt habe. Aktuelle ACC/AHA-Leitlinien empfehlen, dass Herzteams einen gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozess durchführen, wenn sie mit Patienten im Alter von 65 bis 80 Jahren über einen Aortenklappenersatz sprechen.

Bei jüngeren Patienten mit niedrigem Risiko müssen die schnellere Genesung und die kurzfristigen Vorteile nach einer TAVR gegen die langfristige Haltbarkeit abgewogen werden. Es liegen jedoch nur wenige mittel- und langfristige Daten vor, an denen sich solche Diskussionen in dieser Patientengruppe orientieren können.

Details der Studie

Im Rahmen der Evolut-Low-Risk-Studie wurden 1.414 Patienten, bei denen ein Aortenklappenersatz erforderlich war, nach dem Zufallsprinzip einer Gruppe mit TAVR mit selbstexpandierender, supra-annulärer Klappe oder einer OP-Gruppe zugewiesen. Die Ergebnisse nach 1 und 2 Jahren haben gezeigt, dass das weniger invasive TAVR-Verfahren beim primären Endpunkt Gesamtmortalität/Schlaganfall mit Behinderung einen ähnlichen Vorteil bietet. Die aktuellen 3-Jahres-Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Nutzen noch ein weiteres Jahr anhält.

Die Rate der Todesfälle und der Schlaganfälle mit Behinderung lag in der TAVR-Gruppe bei 7,4% gegenüber 10,4% in der chirurgischen Gruppe, was einer Hazard Ratio von 0,70 entspricht (p = 0,051).

In der JACC-Studie berichten die Autoren, dass der absolute Unterschied zwischen den Behandlungsarmen in Bezug auf die Gesamtmortalität oder Schlaganfälle mit Behinderung im Laufe der Zeit weitgehend konstant geblieben sei: -1,8% im Jahr 1, -2,0% im Jahr 2 und -2,9% im Jahr 3.

Weitere wichtige Ergebnisse zur Haltbarkeit der Klappen zeigen, dass eine leichte paravalvuläre Regurgitation in der TAVR-Gruppe häufiger auftrat (20,3%) als bei der Operation (2,5%). Die Raten der mittelschweren oder schweren paravalvulären Regurgitation lagen jedoch in beiden Gruppen unter 1% und unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen.

Bei Patienten, die sich einer TAVR unterzogen, verbesserte sich die Hämodynamik der Herzklappen nach 3 Jahren signifikant (mittlerer Gradient 9,1 mmHg nach TAVR vs. 12,1 mmHg nach der Chirurgie, p < 0,001). Allerdings wurde in der TAVR-Gruppe wesentlich häufiger ein Herzschrittmacher eingesetzt (23,2%) als in der chirurgischen Gruppe (9,1%). Andererseits kam es in der chirurgischen Gruppe häufiger zu Vorhofflimmern (40%) als in der TAVR-Gruppe (13%). Die Lebensqualität war in beiden Gruppen gut.

„Wie erwartet erholen sich Patienten nach einer TAVR schneller, so dass ihre Lebensqualität nach 30 Tagen besser ist als die der operierten Patienten“, so Forrest. „Aber nach einem Jahr geht es Patienten in beiden Gruppen außerordentlich gut und bemerkenswerterweise haben beide Gruppen nach 3 Jahren einen Anstieg ihres KCCQ-Scores um mehr als 20 Punkte, was eine sehr große Verbesserung der Lebensqualität bedeutet.“

Dr. James Hermiller vom St. Vincent Ascension Heart Center, Indianapolis, Indiana, sagte beim ACC: „Diese 3-Jahres-Daten zeigen weiterhin, dass die TAVR ein Geschenk ist, das nicht vergeht.“ Er wies darauf hin, dass die Divergenz in den Effektkurven vor allem auf die Sterblichkeit und nicht auf den Schlaganfall zurückzuführen sei, und fragte, ob die kardiale oder die nicht-kardiale Sterblichkeit gesenkt worden sei.

Forrest antwortete: „Es war ein ziemlich gleicher Beitrag – ein bisschen mehr Herztod. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Durchschnittsalter der Patienten in dieser Studie zwar 74 Jahre betrug, es aber auch einige Patienten über 80 Jahre gab, die immer noch ein geringes chirurgisches Risiko aufwiesen, so dass auch nicht-kardiale Todesfälle zu verzeichnen waren.“

Viele Herzschrittmacher bei TAVR

Hermiller wies auf die hohe Rate an Herzschrittmacher-Implantationen in der TAVR-Gruppe hin und fragte, wie es diesen Patienten im Vergleich zu denen ergangen sei, die keinen Herzschrittmacher benötigt hätten.

Forrest antwortete: „Ich denke, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass das Einsetzen eines Herzschrittmachers kein harmloses Verfahren ist. Patienten, die einen Herzschrittmacher erhielten, schnitten etwas schlechter ab als Patienten, die keinen Schrittmacher bekamen, so dass wir versuchen müssen, diese Rate zu senken.“

Er fügte hinzu, dass die Zahl der Patienten, die nach einer TAVR einen Herzschrittmacher benötigten, dank neuer Implantationstechniken und neuer Klappengenerationen zurückgegangen sei. „Wir wissen, dass die Verwendung einer Cusp-Overlap-Technik die Notwendigkeit eines Herzschrittmachers erheblich verringern kann. Aus den Registerdaten geht zudem hervor, dass mit dieser neuen Technik die Notwendigkeit eines Herzschrittmachers auf 8 bis 9% gesunken ist, also deutlich weniger als in dieser Studie“, so Forrest.   

Hermiller fragte auch, wie sich die TAVR auf den künftigen Zugang für Katheterisierungen oder perkutane Koronarinterventionen (PCI) auswirke. Forrest wies darauf hin, dass bei 24 Patienten in der TAVR-Gruppe in den ersten 3 Jahren eine PCI erforderlich gewesen sei und dass alle PCI-Verfahren erfolgreich gewesen seien. Er wies darauf hin, dass Operateure das Verfahren in etwa 75 bis 80% der Fälle als einfach oder mäßig einfach und in etwa 20% der Fälle als schwierig eingestuft hätten. „Es ist also etwas schwieriger, die Koronaren zu erreichen, aber es ist durchaus machbar.“

Forrest schloss mit den Worten: „Diese Ergebnisse liefern Patienten und Herzteams wichtige Daten, die bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung helfen.“ Er räumte jedoch ein, dass längerfristige Daten benötigt würden. „Und die potenziellen Auswirkungen der Hämodynamik, des Klappendesigns, neuer Herzschrittmacher und anderer sekundärer Endpunkte auf die Langzeitergebnisse sollten in dieser Gruppe von Patienten mit niedrigem Risiko unbedingt weiter beobachtet werden.“

Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

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