IQWiG bescheinigt Immunkonjugat beträchtlichen Zusatznutzen bei Brustkrebs-Metastasen; Vorsicht bei Immuncheckpoint-Inhibitoren nach Antibiotika

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

7. März 2023

Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um das fortgeschrittene Melanom, bei dem eine neoadjuvante/adjuvante Pembrolizumab-Therapie eine bessere Wirkung hat als eine alleinige adjuvante Immuntherapie. Nicotinamid eignet sich nicht zur Chemoprävention von Hautkrebs bei Transplantationspatienten. Eine neuer Therapieansatz erzielte bei Kindern und Jugendlichen mit rezidiviertem Neuroblastom vielversprechende Ergebnisse. Immuncheckpoint-Inhibitoren wirken bei älteren Patienten schlechter, wenn diese bis zu einem Jahr vor der Immuntherapie ein Antibiotikum erhalten haben.

  • Fortgeschrittenes Mammakarzinom: Beträchtlicher Zusatznutzen für Trastuzumab-Deruxtecan

  • Fortgeschrittenes Melanom: Neoadjuvantes/adjuvantes Pembrolizumab besser als nur adjuvantes Pembrolizumab

  • Hautkrebs: Chemoprävention mit Nicotinamid bei Transplantationspatienten unwirksam

  • Nierenzellkarzinom: S3-Leitlinie aktualisiert

  • Rezidiviertes Neuroblastom: Neuer Therapieansatz mit Stammzelltransplantation und Immuntherapie

  • Immuncheckpoint-Inhibitoren: Vorherige Antibiotika-Behandlung mit schlechterer Wirkung assoziiert

Fortgeschrittenes Mammakarzinom: Beträchtlicher Zusatznutzen für Trastuzumab-Deruxtecan

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat seine Bewertung zu Trastuzumab-Deruxtecan vom November 2022 aufgrund der Daten der Studie DESTINY-Breast02 ergänzt. Es sieht nun in seinem Addendum zur frühen Nutzenbewertung der Therapie für vorbehandelte Erwachsene mit HER2-positivem metastasiertem oder inoperablem Brustkrebs insgesamt einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Die Zulassung von Trastuzumab-Deruxtecan war zunächst auf Basis von begrenzten Daten aus einer einarmigen Studie erfolgt. Diese im ursprünglichen Dossier vorgelegten Daten erlaubten keinen Vergleich gegenüber bisherigen Therapieoptionen. Der Hersteller hatte aber schon im September 2018 die DESTINY-Breast02 gestartet, sodass die Patientenrekrutierung zum Zeitpunkt der Zulassung bereits abgeschlossen war und erste Daten noch im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens für die frühe Nutzenbewertung vorgelegt werden konnten.

„Das Beispiel der Studie DESTINY-Breast02 zeigt, dass es notwendig und möglich ist, noch vor der Zulassung die notwendigen vergleichenden Studien zu planen und zu starten“, erläutert Thomas Kaiser, Leiter des IQWiG-Ressorts Arzneimittelbewertung in einer Pressemitteilung. Der Hersteller von Trastuzumab-Deruxtecan die Rekrutierung für seine RCT bereits vor der Zulassung abgeschlossen, sodass er schon wenige Wochen nach der IQWiG-Bewertung aussagekräftige Daten habe nachliefern können. „Nur so können wir auch in den Fällen, in denen die Zulassung bei sehr begrenzter Datenlage erteilt wird, aussagekräftige Evidenz für die Versorgung erhalten“, erklärt Kaiser. 

Fortgeschrittenes Melanom: Neoadjuvantes/adjuvantes Pembrolizumab besser als adjuvantes Pembrolizumab allein 

Patienten mit resezierbarem Melanom im Stadium III oder IV erreichten mit neoadjuvanter plus adjuvanter Pembrolizumab-Behandlung ein signifikant besseres ereignisfreies Überleben im Vergleich zu nur adjuvanter Pembrolizumab-Behandlung. Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe hat diese bereits auf dem ESMO 2022 vorgestellten Ergebnisse der Phase-2-Studie S1801 (wie  Medscape  berichtet hat) nun im  New England Journal of Medicine  publiziert.

345 Patienten mit Melanom im Stadium IIIB bis IVC erhielten randomisiert 3 Dosen zu je 200 mg Pembrolizumab vor der Operation und 15 Dosen danach oder 18 Dosen nach der Operation.

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 14,7 Monaten war das ereignisfreie Überleben (EFS) im neoadjuvant-adjuvanten Therapiearm mit einer Hazard-Ratio von 0,58 im Vergleich zum adjuvanten Therapiearm signifikant länger, was einer um 42% niedrigeren Ereignisrate entspricht. Das 2-Jahres-EFS betrug 72% bei neoadjuvanter-adjuvanter Therapie und 49% bei alleiniger adjuvanter Therapie. 

Therapiebedingte Nebenwirkungen traten bei 12% im Verum- und bei 14% im Vergleichsarm auf.

„Basierend auf den Ergebnissen von S1801 sollten Patienten mit Hochrisiko-Melanom vor der Operation mit einer Immuntherapie beginnen, um eine Immunantwort zu erzeugen, während der Großteil des Melanoms und die Anti-Tumor-T-Zellen intakt sind“, so Prof. Dr. Sapna Patel, MD Anderson Cancer Center, in einer Pressemitteilung.   

Hautkrebs: Chemoprävention mit Nicotinamid bei Transplantationspatienten unwirksam

Eine Behandlung mit Nicotinamid (Vitamin B3) über 12 Monate hatte im Vergleich zu Placebo bei Transplantationspatienten keinen Effekt auf die Rate an Plattenepithelkarzinomem der Haut und an aktinischen Keratosen. Diese Ergebnisse der australischen Phase-3-Studie ONTRANS sind im  New England Journal of Medicine  erschienen.

In der Phase-3-Studie erhielten 158 Organtransplantierte, die in den letzten 5 Jahren bereits an Plattenepithelkarzinomen der Haut erkrankt waren, randomisiert Nicotinamid (500 mg täglich) oder Placebo über 1 Jahr hinweg. Die Studie wurde wegen schlechter Rekrutierung vorzeitig abgebrochen. 

Nach 12 Monaten gab es 207 neue Plattenepithelkarzinome der Haut in der Nicotinamid-Gruppe und 210 in der Placebo-Gruppe. Es wurden keine signifikanten Unterschiede bei der Anzahl der Plattenepithel- und Basalzellkarzinome, der Anzahl der aktinischen Keratosen oder der Lebensqualitäts-Scores beobachtet.

Nierenzellkarzinom: S3-Leitlinie aktualisiert

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat seine S3-Leitlinie zum Nierenzellkarzinom aktualisiert. Die überarbeitete Fassung enthält erstmals ein Kapitel zu Diagnostik und Therapie des nicht-klarzelligen Nierenzellkarzinoms. Überdies wurde bei erhöhtem Rezidivrisiko eine Empfehlung zur adjuvanten Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren ausgesprochen. 

Eine neoadjuvante Therapie wird weiterhin nicht empfohlen, da keine ausreichende Evidenz vorhanden ist. Nach bisher vorliegenden Studien führt eine neoadjuvante Therapie nur zur einer geringen Größenreduktion des Tumors. Für Tumoren, die noch keine Metastasen gebildet haben, wird daher keine neoadjuvante Therapie empfohlen – falls doch eine durchgeführt wird, sollte das nur im Rahmen von Studien geschehen.

Die Leitliniengruppe stelle grundsätzlich fest, dass bezüglich sowohl der neoadjuvanten als auch der adjuvanten Therapien noch erheblicher Forschungsbedarf bestehe, heißt es in einer Pressemitteilung der Deutschen Krebsgesellschaft. 

Die nächste Überarbeitung der Leitlinie zum Nierenzellkarzinom ist bereits weit fortgeschritten. Ein Schwerpunkt der neuen Aktualisierung wird ein neues Kapitel zum Thema „erbliche Nierentumoren“ sein.

Rezidiviertes Neuroblastom: Neuer Therapieansatz mit Stammzelltransplantation und Immuntherapie

Eine Kombinationstherapie aus einer haploidenten Stammzelltransplantation und einer Immuntherapie mit Dinutuximab beta und Interleukin 2 kann die Überlebensrate von Kindern und Jugendlichen mit rezidiviertem Neuroblastom nach 5 Jahren deutlich steigern. Dies zeigte eine multizentrische Langzeitstudie unter Federführung der Universitäts-Kinderklinik Tübingen, die im  Journal of Clinical Oncology  erschienen ist. 

In der multizentrischen Phase-1/2-Studie erhielten insgesamt 68 Kinder und Jugendliche zur Konsolidierung eine haploidente Stammzelltransplantation – eine halb-identische Stammzelltransplantation von einem Elternteil. Darauf folgte eine Immuntherapie mit dem Anti-GD-2-Antikörper Dinutuximab beta sowie subkutanem Interleukin 2. Als primärer Endpunkt galt ein „Behandlungserfolg“, falls Patienten, die 6 Zyklen Immuntherapie erhalten hatten und 180 Tage nach Ende der Behandlung ohne Progression, ohne inakzeptable Toxizitäten und ohne Graft-versus-Host-Erkrankung waren. Er wurde von 37 Patienten (54,4%) erreicht. 

Die Patienten wurden im Median 7,8 Jahre beobachtet. 53% der 68 Kinder und Jugendlichen haben mindestens fünf Jahre überlebt, 43% davon ohne Rezidiv oder Progression der Erkrankung. 

„Für eine solch schwerwiegende Diagnose sind diese Zahlen sehr vielversprechend, wir können davon ausgehen, dass mit der Kombinationsbehandlung aus Stammzelltransplantation und Immuntherapie ein Langzeitüberleben bei Neuroblastom-Rezidiv möglich ist,“ so Kinderonkologe Dr. Tim Flaadt, Universitätsklinikum Tübingen, in einer Pressemitteilung.

Immuncheckpoint-Inhibitoren: Vorherige Antibiotika-Behandlung mit schlechterer Wirkung assoziiert

Eine Antibiotika-Behandlung innerhalb eines Jahres vor Beginn einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren war bei älteren Krebspatienten mit einem schlechteren Gesamt-Überleben assoziiert. Die Assoziation war bei Vorbehandlung mit Fluorchinolonen besonders ausgeprägt, so das Ergebnis einer populationsbasierten retrospektiven Studie im  Journal of Clinical Oncology

In der Studie wurden Daten von 2.737 Krebspatienten im Alter über 65 Jahren analysiert, die in Ontario, Kanada, zwischen Juni 2012 und Oktober 2018 mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt worden waren. Die Auswertung mit Hilfe verschiedener Datenbanken zeigte, dass 59% 365 Tage und 19% 60 Tage vor Beginn der Immuntherapie Antibiotika erhalten hatten. Die Antibiotika-Therapie war mit einem schlechteren Gesamtüberleben (OS) assoziiert (adjustierte Hazard-Ratio 1,12, p=0,03). Besonders stark war die Assoziation bei Einnahme von Fluorchinolonen innerhalb 1 Jahres (aHR 1,26 p<0,001) oder von 60 Tagen vor der Immuntherapie (aHR 1,20 p=0,06). 

„Diese Daten sind für die klinische Praxis äußerst informativ und unterstützen die Untersuchung von Mikrobiom-modulierenden Therapien zur Verstärkung der Wirkung von Immuntherapien“, heißt es im begleitenden Editorial.

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Kommentar

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