In einem Rote-Hand-Brief warnen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie RECORDATI RARE DISEASES SARL als Zulassungsinhaber vor der Cystagon®-Charge Charge T2208 [1]. Zuvor hatten Patienten über starke Magen-Darm-Probleme, aber auch über beschädigte Kapseln und über einen merkwürdigen Geruch berichtet.
Wann verordnen Ärzte Cystagon®?
Cystagon wird bei Patienten mit nephropathische Zystinose eingesetzt. Bei dieser seltenen Erbkrankheit lagert sich die natürlich vorkommende, schwerlösliche Aminosäure Cystin in den Zellen, insbesondere in den Nieren und den Augen, ab und schädigt diese.
Wie wirkt Cystagon®?
Mercaptamin, der aktive Wirkstoff, bildet mit Cystin eine lösliche Verbindung. Dieses Salz kann aus dem Körper eliminiert werden. Die Menge in Organe verringert sich, was die Schädigung verringert.
Welche Nebenwirkungen waren aus Studien schon bekannt?
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Appetitlosigkeit, Erbrechen, Übelkeit, Durchfall, Lethargie und Fieber. Cystagon® darf nicht eingesetzt werden, wenn Patienten überempfindlich gegen Cysteamin oder gegen Penicillamin sind. Auch bei schwangeren Frauen oder stillenden Frauen ist die Anwendung ausgeschlossen.
Welche Probleme sind jetzt aufgetreten?
Im Zuge eines Härtefallprogramms hat RECORDATI RARE DISEASES SARL das Medikament auf den türkischen Mark eingeführt, genauer gesagt die Charge T2208. Daraufhin mussten 8 Personen aufgrund schwerer gastrointestinaler Beschwerden stationär behandelt werden. Todesfälle gab es nicht. Die Patienten berichteten von einem seltsamen, ungewohnten Geruch des Präparats.
Dies veranlasste den Hersteller, die Charge T2208 zurückzurufen und weitere Untersuchungen durchzuführen. Innerhalb der EU wurde sie in Italien auf den Markt gebracht.
Zu den Chargen T2207 und T2209 gab ebenfalls Berichte übe reinen seltsamen Geruch und teils über beschädigte Kapseln. 1 Patient hatte – in diesem Fall leichte – gastrointestinale Beschwerden. Die Chargen T2207, T2209, T2210 und T2211 scheinen keine Qualitätsmängel hinsichtlich des Wirkstoffs aufzuweisen.
Als mögliche Ursache des Geruches nennt die Firma eine Umstellung des Trockenmittels von Aktivkohle auf Siliziumdioxid genannt. Aktivkohle adsorbiert Eigengerüche des Präparats gut, Siliziumdioxid aber kaum. Ursachen für die Magen-Darm-Beschwerden nennt die Firma derzeit aber nicht.
Ziel des jetzt veröffentlichten Schreibens sei, Ärzten „zu versichern, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Cystagon® weiterhin positiv ist“, heißt es im Rote-Hand-Brief. Die Charge T2208 darf nicht mehr abgegeben werden.
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Credits:
Photographer: © Ivan Ushakovskiy
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Diesen Artikel so zitieren: Rote-Hand-Brief: Starke Magen-Darm-Beschwerden unter Cystagon®; Rückruf einer Charge – die Gründe sind unklar - Medscape - 2. Mär 2023.
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