Laien-Test für COVID und Grippe; jeder 2. Corona-Tote im Heim; Kritik für Lauterbachs März-Regeln; Guillain-Barré und Impfung

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

2. März 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 2. März 2023

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 131 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 1. März lag der Wert bei 134.

Für Woche 7 schätzt das RKI, dass etwa 400.000 bis 900.000 Patienten an symptomatischem COVID-19 gelitten haben. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz ist im Vergleich zur Vorwoche um 11% gestiegen, liegt aber weiterhin auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Die höchsten 7-Tage-Inzidenzen wurden bei Personen über 85 Jahren beobachtet.

Unsere Themen heute:

  • Jeder 2. Corona-Todesfall während der ersten beiden Wellen in Heimen

  • Die Masken fallen – Patientenschützer kritisieren Gefährdung vulnerabler Menschen

  • Janssen-Vakzin: Mehr Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom

  • USA: 1. Laien-Schnelltest für COVID-19 und für Influenza zugelassen

  • Long-/Post-COVID: Zahlreiche proinflammatorische Biomarker bei Patienten

  • RSV-Infektion nach der Pandemie: Hat sich das Krankheitsbild verändert

Jeder 2. Corona-Todesfall während der ersten beiden Wellen in Heimen

Der jetzt veröffentlichte Barmer-Pflegereport 2022 zeigt, wie stark SARS-CoV-2 Pflegebedürftige in Heimen zu Beginn der Pandemie gefährdet hat. „Während der beiden ersten Wellen waren durchgängig mehr als die Hälfte der mit COVID-19 Verstorbenen Pflegebedürftige im Pflegeheim und insgesamt mehr als 80% Pflegebedürftige im Sinne der Pflegeversicherung“, schreiben die Autoren. Der Anteil war damit 7- bis 8-mal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Die gesamte Übersterblichkeit während Corona lag laut Report unter Heimbewohnern bei mehr als 150.000 Personen.

Um die Infektionsraten und die Raten der Patienten mit schweren Verläufen zu dämpfen, seien insbesondere in der ersten Welle strenge Kontaktbeschränkungen ergriffen worden. „Die Priorisierung Pflegebedürftiger bei der Impfkampagne ab Ende 2020 hat dafür gesorgt, dass der Anteil der Pflegebedürftigen an den Erkrankten und mit COVID-19 Verstorbenen in der 3. Welle wesentlich niedriger war.“

Die Masken fallen – Patientenschützer kritisieren Gefährdung vulnerabler Menschen

Zum 1. März sind fast alle Corona-Maßnahmen ausgelaufen. Isolationspflichten nach Infektionen oder Maskenpflichten in Geschäften bzw. im Nahverkehr gab es teils schon länger nicht mehr. Jetzt gelten auch keine Test- und Maskenpflichten mehr für Bewohner in Pflegeeinrichtungen. Auch Beschäftigte in Praxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen müssen keinen Mund-Nasen-Schutz tragen – nur Besucher bzw. Patienten sind noch dazu verpflichtet.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach hatte die vorzeitigen Lockerungen mit der stabilen Infektionslage begründet. Auch die – ohnehin schon eingeschränkten – kostenlosen Bürgertests gehören der Vergangenheit an. Testzentren wird es weiterhin geben, wenn auch deutlich weniger und nur für Selbstzahler.

„Absurd ist, dass Besucher in Pflegeheimen und Kliniken eine Maske tragen müssen, das Personal aber nicht“, so Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Wieder einmal täten Bundesregierung und Gesundheitsminister so, als wären Angehörige die größte Infektionsgefahr für Pflegebedürftige und Patienten. „Doch seit Beginn der Pandemie schleppen auch medizinisch-pflegerische Mitarbeiter das Virus in die Einrichtungen.“

Die letzten Einschränkungen, derzeit sind Masken noch in Klinken oder Praxen erforderlich, werden am 7. April bundesweit zu Ende gehen.

Janssen-Vakzin: Mehr Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom

Manche Nicht-COVID-Impfungen sind mit einem höheren Risiko für das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) assoziiert. Deshalb haben Forschende mögliche Risiken seit Beginn der COVID-19-Impfkampagnen genau beobachtet. Jetzt liegen Ergebnisse einer Analyse von Daten des Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS) aus den USA vor. Erfasst wurden GBS-Fälle bis zu 42 Tage nach der Impfung mit den COVID-19-Vakzinen Ad26.COV2.S (Janssen), BNT162b2 (BioNTech/Pfizer) und mRNA-1273 (Moderna).

Von 487.651.785 COVID-19-Impfstoffdosen im Register waren 17.944.515 Dosen (3,7%) Ad26.COV2.S, 266.859.784 Dosen (54,7%) BNT162b2 und 202.847.486 Dosen (41,6%) mRNA-1273. Innerhalb von 21 Tagen nach der Impfung lagen die Raten der GBS-Meldungen pro 1 Million verabreichter Dosen bei 3,29 für Ad26.COV.2, bei 0,29 für BNT162b2 und bei 0,35 für mRNA-1273; innerhalb von 42 Tagen nach der Impfung lagen sie bei 4,07, 0,34 und 0,44.

„In dieser Studie wurden unverhältnismäßig viele Meldungen … nach der Ad26.COV2.S-Impfung festgestellt, was darauf hindeutet, dass die Ad26.COV2.S-Impfung mit einem erhöhten Risiko für GBS verbunden ist“, so die Autoren. „Es wurde kein Zusammenhang zwischen mRNA-COVID-19-Impfstoffen und dem Risiko für GBS festgestellt.“

USA: 1. Laien-Schnelltest für COVID-19 und für Influenza zugelassen

Ende Februar hat die US Food and Drugh Administration grünes Licht für Lucira COVID-19 & Flu Home Test gegeben: ein Schnelltest für Menschen mit symptomatischen Infektionen der Atemwege. Der Test kann ohne Rezept erworben und zu Hause durchgeführt werden. Benötigt werden Nasenabstriche.

Laut FDA identifiziert der Lucira COVID-19 & Flu Home Test 99,3% aller negativen und 90,1% der positiven Abstriche mit Influenza A, 100% aller negativen und 88,3% aller positiven Abstriche mit SARS-CoV-2 sowie 99,9% aller negativen Influenza-B-Proben korrekt. Die Zahl der richtig-positiven Ergebnisse bei Influenza B ließ sich nicht ermitteln, da das Virus in der aktuellen Grippesaison kaum im Umlauf war.

„Die … Zulassung des 1. OTC-Tests, der Influenza A und B zusammen mit SARS-CoV-2 nachweisen kann, ist ein wichtiger Meilenstein, um den Verbrauchern einen besseren Zugang zu diagnostischen Tests zu verschaffen, die vollständig zu Hause durchgeführt werden können“, sagte Jeff Shuren von der FDA.

Long-/Post-COVID: Zahlreiche proinflammatorische Biomarker bei Patienten

Einer mexikanischen Studie zufolge sind proinflammatorische Faktoren, die über Stoffwechselwege in Zusammenhang mit Übergewicht vermittelt werden, und eine erhöhte zelluläre Seneszenz von CD8+ T-Zellen mit postakuten Folgeerscheinungen von COVID-19 verbunden. Darüber hat Medscape.com berichtet.

Die Forscher rekrutierten 102 Patienten (Durchschnittsalter 50,5 Jahre; 55% waren Frauen) mit bestätigter SARS-CoV-2-Diagnose. 44% hatten leichtes oder mittelschweres COVID-19, 30% schweres und 26% kritisches COVID-19.

Die häufigsten Komorbiditäten waren Übergewicht (44%), Bluthochdruck (24%) und Typ-2-Diabetes (24%). Die Autoren analysierten die Werte von Zytokinen, Immunglobulin G gegen SARS-CoV-2 und Neutrophil Extracellular Traps (NETs) zu Beginn und nach 1, 3 und 6 Monaten. Bei der Nachuntersuchung nach 6 Monaten wiesen 12,7% der Teilnehmer Symptome auf, die auf Long-/Post-COVID hindeuteten. Proinflammatorische Zytokine wurden unabhängig von COVID-19 zuvor bei starkem Übergewicht nachgewiesen.

Patienten, die nach 6 Monaten noch von Symptomen berichteten, hatten erhöhte Serumspiegel an Interleukin-1α (6,21 pg/ml gegenüber 2,21 pg/ml), am Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor (55,08 pg/ml gegenüber 14,68 pg/ml) und am Interferon-γ-induzierten Protein 10 (2.309,40 pg/ml gegenüber 780 pg/ml). Außerdem gab es einen Trend zu einer Erhöhung der Serumkonzentration von Interleukin-1β, Interleukin-6 und Interferon-γ.

Menschen mit Long-/Post-COVID wiesen 6 Monate nach der akuten Infektion zudem eine erhöhte Expression von CD57 in CD8+-T-Zellen auf. CD57 ist eine Glucuronyltransferase, die auf CD8-T-Zellen exprimiert wird. Diese Zellen sind seneszent, sprich ihre Fähigkeit zur Proliferation ist eingeschränkt.

„Unsere Daten deuten auf eine wichtige Beziehung zwischen einem pro-inflammatorischen Zustand, der durch Stoffwechselwege bei Übergewicht vermittelt wird, und einer erhöhten zellulären Seneszenz als Schlüsselelement für das Fortbestehen des Post-COVID-19-Syndroms nach 6 Monaten hin“, kommentieren die Autoren.

RSV-Infektion nach der Pandemie: Hat sich das Krankheitsbild verändert?

Die Inzidenz des Respiratorischen Synzytialvirus (RSV) ist in mehreren Ländern nach Lockerung der COVID-19-Beschränkungen stark angestiegen. Doch gibt es tatsächlich Unterschiede beim Krankheitsbild, verglichen mit früheren Zeiten? Das wollten Forscher anhand einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie herausfinden. Sie schlossen Patienten im Alter von 0 bis 17 Jahren ein, die während der RSV-Wellen im Sommer und Herbst 2021 sowie in den 4 RSV-Saisons vor COVID-19 in Dänemark mit RSV ins Krankenhaus eingeliefert worden waren.

Bei 310.423 dänischen Kindern im Alter von unter 5 Jahren stieg die durchschnittliche Zahl der RSV-assoziierten Krankenhauseinweisungen von 1.477 in den RSV-Saisons 2016/17 bis 2019/20 auf 3.000 in der RSV-Saison 2021/22 (Risk Ratio: 2,0; 95%-Konfidenzintervall: 1,9-2,1). 54 Kinder mit RSV wurden 2021/22 mechanisch beatmet, verglichen mit 15-28 in den RSV-Saisons 2016/17 bis 2019/20 (RR: 2,3; 95%-KI: 1,6-3,3).

Der höchste Anstieg der Krankenhauseinweisungen und der Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung trat bei Kindern im Alter von 24-59 Monaten auf (RR: 4,1; 95%-KI: 3,6-4,7 für Krankenhauseinweisungen und 4,6; 95%-KI: 1,7-12,6 für mechanische Beatmung).

Bei Kindern, die ins Krankenhaus eingewiesen wurden, war das Risiko einer mechanischen Beatmung in der Saison 2021/22 ähnlich hoch wie in den 4 Saisons vor COVID-19 (14,3 pro 1.000 RSV-assoziierter Krankenhauseinweisungen; 95%-KI: 10,4-19,3 gegenüber 12,9; 95%-KI: 10,1-16,1; RR 1,1; 95%-KI: 0,8-1,6).

Über alle untersuchten RSV-Saisons hinweg führte bei Kindern, die jünger als 3 Monate waren oder schwere Begleiterkrankungen aufwiesen, Atemversagen aufgrund von Bronchiolitis bei 69 (79%) von 87 Kindern zu einer mechanischen Beatmung. Von 46 Kindern ohne Risikofaktoren für schwere RSV wurden 40 (87%) aufgrund zusätzlicher Komplikationen mechanisch beatmet. Darunter waren neurologische (n = 16; 35%), kardiale (n = 1; 2%) und pulmonale Komplikationen (n = 23; 50%).

„In Dänemark schienen RSV-Erkrankungen … während des RSV-Wiederauftretens im Jahr 2021 nach der Lockerung der COVID-19-Beschränkungen nicht schwerer zu sein“, fassen die Autoren zusammen. „Allerdings waren die Krankenhauseinweisungen bei älteren Kindern höher, was möglicherweise auf eine verzögerte 1. RSV-Infektion oder keine kürzlich erfolgte Reinfektion zurückzuführen ist.“

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