Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um die 5-Jahres-Ergebnisse der deutschen ADAPT-TP-Studie. Sie belegen, dass eine deeskalierte neoadjuvante Behandlung ohne Chemotherapeutika bei Frauen mit frühem Mammakarzinom zu exzellenten Überlebensraten führt. Der bekannte präventive Effekt von Acetylsalicylsäure beim Ovarialkarzinom ist unabhängig von genetischen Faktoren. Patienten mit Nierenzellkarzinom, die nur mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor behandelt werden, können ohne große Nachteile für die Wirksamkeit nach 6 Monaten eine Therapiepause einlegen.
Krebstherapie: Beschleunigt zugelassene Medikamente immer häufiger nutzlos und teuer
Mammakarzinom: 5-Jahres-Ergebnisse der WSG-ADPT-TP-Studie zur deeskalierten neoadjuvanten Therapie
Kolorektalkarzinom: ctDNA-Bestimmung erleichtert Risikobeurteilung und Therapieentscheidung
Ovarialkarzinom: Präventiver Effekt von Acetylsalicylsäure unabhängig von Genetik
Nierenzellkarzinom: Unterbrechung einer TKI-Therapie möglich
Strategien zur Verringerung der Immun-Checkpoint-Inhibitor-Myokarditis
Krebstherapie: Beschleunigt zugelassene Medikamente immer häufiger nutzlos und teuer
Mit 3 von der Food and Drug Administration (FDA) beschleunigt zugelassenen Onkologika, die aufgrund fehlender Wirksamkeitsbestätigung in Phase-3-Studien keine endgültige Zulassung bekamen, wurden mehr als 1 Viertel der Patienten mit Brust-, Blasen-, Leber, Magen- oder Lungenkrebs behandelt. Dies berichtet eine amerikanische Arbeitsgruppe in JAMA Oncology .
„Angesichts der Zunahme von Marktrücknahmen wegen negativer Bestätigungsstudien und der hohen Kosten im Zusammenhang mit beschleunigt zugelassenen Medikamenten ist es wichtig, den frühen Zugang zu Krebstherapien ohne Nutzen gegenüber der Standardversorgung sorgfältig abzuwägen“, so die Autoren.
Die FDA hat zwischen 2009 und 2022 48 Medikamente in 66 onkologischen Indikationen beschleunigt zugelassen (AA-Programm). Hiervon konnte für 15 Indikationen der Nutzen gegenüber dem Behandlungsstandard nicht nachgewiesen werden.
Die Autoren analysierten 5 AA-Indikationen von 3 Immuntherapeutika mit negativen Phase-3-Bestätigungsstudien, und zwar Atezolizumab in der Erstlinientherapie des dreifach negativen Mammakarzinoms, Pembrolizumab in der dritten Linie des PD-L1-positiven Magenkarzinoms, Atezolizumab in späteren Therapielinien des Blasenkarzinoms, Nivolumab in späteren Therapielinien des Leberzellkarzinoms und Nivolumab in späteren Therapielinien des kleinzelligen Lungenkarzinoms.
Anhand der Daten von 4.342 Patienten, die mit 6.560 Therapielinien behandelt worden waren, ergab sich, dass in 1.361 Fällen (23,6%) eine AA-Therapie initiiert wurde, die aufgrund fehlender Bestätigungsdaten wieder zurückgezogen wurde. Hiervon betrafen 23,1% ein dreifach negatives Mammakarzinom, 22,5% Blasenkrebs, 38,8% ein Leberzellkarzinom, 41,4% ein Magenkarzinom und 23,6% ein kleinzelliges Lungenkarzinom.
Mammakarzinom: 5-Jahres-Ergebnisse der WSG-ADPT-TP-Studie zur deeskalierten neoadjuvanten Therapie
Die 5-Jahres-Ergebnisse der WSG-ADAPT-TP-Studie belegen, dass eine deeskalierte neoadjuvante Chemotherapie-freie Behandlung bei Frauen mit frühem Mammakarzinom ohne weitere adjuvante Therapie zur exzellenten Überlebensraten führt. Die Westdeutsche Studiengruppe um Prof. Dr. Nadja Harbeck, LMU München, hat die diese Langzeitdaten nun im Journal of Clinical Oncology publiziert.
In der Phase-2-Studie WSG-ADAPT-TP waren 375 Frauen mit Hormonrezeptor-und HER2-positivem frühen Mammakarzinom im Stadium I bis III randomisiert präoperativ über 12 Wochen mit Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) allein oder in Kombination mit endokriner Therapie (ET) oder mit Trastuzumab plus ET behandelt worden. Bei pathologisch vollständiger Remission (pCR) konnte auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet werden.
T-DM1, T-DM1 + ET und Trastuzumab + ET induzierten ähnliche invasive krankheitsfreie 5-Jahres-Überlebensraten (iDFS) (88,9%, 85,3% und 84,6%) sowie Gesamtüberlebensraten (97,2%, 96,4%, 96,3%).
Bei Patientinnen mit pathologisch vollständiger Remission waren die 5-Jahres-iDFS-Raten mit 92,7% im Vergleich zu Patienten ohne pCR mit 82,7% verbessert.
Von den 117 Patientinnen mit pathologisch vollständiger Remission erhielten 41 keine adjuvante Chemotherapie. Die 5-Jahres-iDFS-Raten waren mit (93,0%) und ohne adjuvante Chemotherapie (92,1%) ähnlich.
Tumoren mit PIK3CA-Wildtyp, hoher Immunmarker-Expression und Luminal-A-Tumoren hatten eine ausgezeichnete Prognose bei deeskalierter Anti-HER2-Therapie, wie translationale Forschungen ergaben.
Kolorektalkarzinom: ctDNA-Bestimmung erleichtert Risikobeurteilung und Therapieentscheidung
Patienten mit resezierbarem Kolorektalkarzinom im Stadium II bis IV, bei denen eine ctDNA-Bestimmung 4 Wochen nach der Operation positiv war, haben ein höheres Rezidivrisiko und profitieren eher von einer adjuvanten Therapie als Patienten mit negativem ctDNA-Wert. Erstaunlicherweise hatten ctDNA-negative Patienten mit reseziertem oligometastatischem Kolorektalkarzinom niedrigere Rezidivraten als Patienten mit Kolorektalkarzinom im Stadium I und II mit niedrigem Risiko und ctDNA-Positivität nach der Operation. Eine japanische Arbeitsgruppe hat diese Ergebnisse der GALAXY-Studie, einem Beobachtungsarm der laufenden CIRCULATE-Japan-Studie, in Nature Medicine veröffentlicht.
Die Arbeitsgruppe analysierte in der Beobachtungsstudie prä- und postoperative ctDNA-Spiegel bei 1.039 Patienten mit Kolorektalkarzinom im Stadium II bis IV. Der ctDNA-Wert war 4 Wochen nach der Operation bei 18% der Patienten positiv. Nach einem medianen Follow-up von 16,7 Monaten war der positive ctDNA-Wert mit einer signifikant höheren Rezidivrisiko (Hazard-Ratio 10,0, p<0,0001) assoziiert als ein negativer ctDNA-Wert. Dies schlug sich in einem 18-monatigen krankheitsfreien Überleben von 38,4% versus 90,5% nieder. Der präoperative ctDNA-Spiegel hatte keinen Einfluss auf das Rezidivrisiko.
Patienten mit Hochrisiko-Karzinom und mit positivem postoperativem ctDNA-Test profitierten von der adjuvanten Chemotherapie im Vergleich zu Beobachtung signifikant, während bei negativem ctDNA-Test kein signifikanter Effekt zu sehen war.
Ovarialkarzinom: Präventiver Effekt von Acetylsalicylsäure unabhängig von Genetik
Eine genetisch bedingte Anfälligkeit für ein Ovarialkarzinom ist ohne Einfluss auf die bekannte protektive Wirkung von Acetylsalicylsäure. Damit gibt es weiterhin keinen Faktor, mit dem Frauen identifiziert werden können, die von Acetylsalicylsäure besonders profitieren können. Diese Ergebnisse einer gepoolten Analyse von 8 Fall-Kontroll-Studien hat eine internationale Arbeitsgruppe in JAMA Network Open publiziert.
Acetylsalicylsäure ist für die Chemoprävention eines Ovarialkarzinoms vielversprechend. Allerdings wird seine Anwendung u.a. durch Nebenwirkungen wie gastrointestinale Beschwerden und Blutungen begrenzt. Zudem ist das Risiko für ein Ovarialkarzinom insgesamt gering und damit die Number Needed to Treat für die Acetylsalicylsäure-Prophylaxe hoch.
Die Arbeitsgruppe hatte schon anhand verschiedener epidemiologischer Risikofaktoren untersucht, ob die ASS-Prophylaxe gezielter eingesetzt werden könnte, sie war aber bislang nicht erfolgreich gewesen.
Nun analysierte sie die Daten von 4.476 Frauen mit Ovarialkarzinom und 6.659 Kontrollpersonen, die häufig Acetylsalicylsäure (über mindestens 6 Monate fast täglich) einnahmen und zu denen genetische Daten vorlagen. Aber auch hier zeigte sich, dass die 13-prozentige Senkung des Eierstockkrebsrisikos in Zusammenhang mit häufiger Einnahme von Acetylsalicylsäure durch einen polygenen Score nicht modifiziert wurde.
Nierenzellkarzinom: Unterbrechung einer TKI-Therapie möglich
Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom unter Monotherapie mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor können ohne große Nachteile für die Wirksamkeit eine Therapiepause einlegen. Das ergab die britische randomisierte, kontrollierte Phase-2/3-Studie STAR, die in Lancet Oncology erschienen ist.
Mit zielgerichteten Therapien werden die Patienten meist bis zu Progression des Tumors behandelt, was teilweise einige Jahre dauern kann. Therapiebedingte Nebenwirkungen können jedoch die Lebensqualität einschränken, zudem sind die Kosten einer solchen Dauertherapie meist hoch.
An der STAR-Studie nahmen 920 Patienten mit nicht vorbehandeltem fortgeschrittenem inoperablem Nierenzellkarzinom teil, die alle eine Monotherapie mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor (Sunitinib oder Pazopanib) erhielten. Randomisiert pausierte eine Gruppe (n=459) nach 6 Monaten die Therapie bis zur Progression und setzte dann die Behandlung fort. Die Kontrollgruppe (n=461) machte keine Therapiepause. Die Studie sollte die Nichtunterlegenheit der beiden Regime belegen.
Weil knapp die Hälfte der Patienten wegen Progression oder Nebenwirkungen die Therapie in den ersten 6 Monaten beendete, verblieben für die 2. Studienphase nur 488 Patienten.
Für das Gesamtüberleben (OS) wurde Nichtunterlegenheit nur in der ITT-Population gezeigt, es betrug im Median 27 Monate in der Pausen-Gruppe und 28 Monate in der Kontrollgruppe. Für die qualitätsadjustierten Lebensjahre wurde eine Nichtunterlegenheit in der ITT-Population und der Per-Protokoll-Population nachgewiesen.
Das Fazit der Autoren lautete, dass zwar insgesamt eine Nichtunterlegenheit in der Wirkung auf das OS zwischen den Gruppen nicht nachgewiesen worden sei. „Es schien jedoch keine klinisch bedeutsame Verringerung der Lebenserwartung zwischen den Gruppen der medikamentenfreien Intervallstrategie und der konventionellen Fortsetzungsstrategie zu geben, und Behandlungspausen könnten eine praktikable und kostengünstige Option mit Lebensqualitäts-Vorteilen während einer Tyrosinkinase-Inhibitor-Therapie bei Patienten mit Nierenzellkarzinom sein“, schreiben sie weiter.
Strategien zur Verringerung der Immun-Checkpoint-Inhibitor-Myokarditis
Krebspatienten, bei denen Immuncheckpoint-Inhibitoren kardiotoxische Effekte ausgelöst haben, wiesen bei Behandlung mit Abatacept, Ruxolitinib und/oder Beatmung eine geringere Sterblichkeit auf als Patienten, die nur Steroide erhielten. Eine französische Arbeitsgruppe hat diese Ergebnisse in Cancer Discovery publiziert.
In der französischen Studie erhielten die ersten 10 von 40 Krebspatienten mit Immuncheckpoint-Inhibitor-induzierter Myokarditis eine Standardtherapie einschließlich hochdosierter Kortikoide. Weitere 26 Patienten erhielten niedrig dosierte Kortikosteroide und 3 Infusionen mit hoch dosiertem (20 mg/kg) Abatacept. 22 der Patienten dieser Gruppe hatten eine schwere Myokarditis und 17 von ihnen erhielten zusätzlich Ruxolitinib. 8 Patienten wurden beatmet.
In der Standardgruppe starben 60% der Patienten, in der experimentellen Gruppe waren es 3,3%. Bei den Patienten in der Standardgruppe lebten 3 Monate nach der Behandlung 40%, 6 Monate nach der Behandlung 20%. In der experimentellen Gruppe lebten nach 3 Monaten 77%, nach 6 Monaten 70%.
„Obwohl dies keine randomisierte klinische Studie ist, deutet die signifikante Verbesserung der Ergebnisse bei der Behandlung von Patienten mit zielgerichteten Therapien darauf hin, dass dieses Regime hilfreich ist“, so die Autoren.
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Diesen Artikel so zitieren: Beschleunigte Zulassung – manche Onkologika sind nutzlos und teuer; Ovarial-Ca: Wer von einer ASS-Prophylaxe profitiert - Medscape - 28. Feb 2023.
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