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Die korrekte Diagnose lautet „Sinusrhythmus, Mobitz-Typ II, transitorischer AV-Block 3. Grades und ventrikulärer Ersatzrhythmus“ (s. Abb. 2).

Abb. 2 (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Podrid).
Es gibt verschieden lange RR-Intervalle, sodass es sich um einen unregelmäßigen Herzrhythmus handelt. Allerdings sind alle langen Intervalle (↔) gleich lang, alle mittleren Intervalle (⊔) gleich lang und auch alle kurzen Intervalle (⊓) gleich lang – der Rhythmus ist also regelmäßig unregelmäßig.
Die QRS-Komplexe weisen 2 verschiedene Breiten und Morphologien auf. Die schmaleren QRS-Komplexe mit 0,08 s Dauer haben eine normale Morphologie bei einer physiologischen Linksachse von etwa -30° (positiver QRS-Komplex in Ableitung I, negativer QRS-Komplex in aVF und biphasischer QRS-Komplex in Ableitung II). Sie treten mit einer regelmäßigen Frequenz von 72/min auf.
In Ableitung V3 (]) erscheint dann eine sehr tiefe S-Zacke (30 mm), die eines der Kriterien für eine linksventrikuläre Hypertrophie erfüllt: S- oder R-Zackengröße in einer beliebigen präkordialen Ableitung ≥ 25 mm.
Die QT/QTc-Intervalle sind normal (400 ms/440 ms). Vor jedem dieser schmalen QRS-Komplexe findet sich eine P-Welle (+) mit einem stabilen PR-Intervall von 0,36 s. Die P-Wellen sind in den Ableitungen I, II, aVF und V4-V6 positiv. Es handelt sich also um einen normalen Sinusrhythmus mit einem AV-Block 1. Grades (oder einer Überleitungsverzögerung).
Nach dem 2. und dem 7. QRS-Komplex erscheinen 2 rechtzeitige P-Wellen, die nicht übergeleitet werden (*). Die PP-Intervalle sind konstant (⊓) bei einer Frequenz von 72/min. Das Vorhandensein einer gelegentlichen nicht übergeleiteten P-Welle weist auf einen AV-Block 2. Grades hin. Auf diese nicht übergeleiteten P-Wellen folgt eine Pause (1,4 s) oder ein langes RR-Intervall (↔), das mit einem breiteren QRS-Komplex (0,12 s; ↓) endet und auch eine andere Morphologie und Achse als die Sinuskomplexe aufweist. Dabei handelt es sich um einen ventrikulären Ersatzrhythmus oder Kammerersatzrhythmus.
Eine nicht übergeleitete P-Welle gefolgt von einem Kammerersatzkomplex weist auf einen vorübergehenden AV-Block 3. Grades hin. Das Vorhandensein eines ventrikulären Ersatzkomplexes bedeutet, dass es sich bei dem AV-Block 2. Grades um einen Mobitz-Typ II handelt, wobei der Block innerhalb des His-Purkinje-Systems zu suchen ist. Ein AV-Block 2. Grades (d.h. eine gelegentliche nicht übergeleitete P-Welle) mit stabilen PR-Intervallen bei den übergeleiteten Komplexen spricht ebenfalls für einen Mobitz-Typ II.
Dr. Philip Podrid ist Experte für Elektrophysiologe und Professor für Medizin und Pharmakologie an der Boston University School of Medicine sowie Dozent an der Harvard Medical School. Obwohl er sich aus der klinischen Praxis zurückgezogen hat, unterrichtet er weiterhin klinische Kardiologie und vor allem Medizinstudenten, Assistenzärzte und angehende Kardiologen an vielen großen Lehrkrankenhäusern in Massachusetts in der Kunst der EKG-Interpretation. Seine spärliche Freizeit verbringt er mit Fotografie, Musik und Lesen.
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Diesen Artikel so zitieren: EKG-Quiz: Symptomlose Hypertonie bei einem 74-Jährigen – ein kardiologischer Notfall. Was steckt dahinter? - Medscape - 25. Mai 2023.
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