Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.
Corona-Newsblog, Update vom 23.02.2023
Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 109 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 22. Februar lag der Wert bei 102.
Laut RKI ist die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen (ARE) weiter angestiegen; in Woche 6/2023 wurde mit etwa 7,8 Millionen ARE der obere Bereich vorpandemischer Jahre erreicht. Wie die virologische Sentinelsurveillance zeigt, verursachen derzeit hauptsächlich Rhinoviren (19%), humane Metapneumoviren (18%), Influenzaviren (13%), aber seltener SARS-CoV-2 (8%), Respiratorische Synzytialviren (7%), humane saisonale Coronaviren (6%) und Parainfluenzaviren (1%) die Beschwerden.
Unsere Themen heute:
Barmer: Viele Krankschreibungen in 2022 wegen COVID-19
Chinas vermeintlicher Sieg gegen COVID-19
Echtzeit-Daten: Niedrigere Krankenhaus-Mortalität bei Geimpften
Impfungen mit bivalenten Vakzinen schützen Hochrisikopatienten
Long-COVID: Hinweise auf Autoimmunvorgänge
Long-COVID: Gibt es Unterschiede bei verschiedenen Virusvarianten?
Barmer: Viele Krankschreibungen in 2022 wegen COVID-19
Das Barmer-Institut für Gesundheitssystemforschung hat Daten von Versicherten ausgewertet. Demnach gab es in 2022 deutlich mehr Krankschreibungen als in 2021. So waren es im Dezember 2022 231 Krankschreibungen pro 1.000 Versicherte mit Krankengeldanspruch. Für Dezember 2021 nennt das Institut 102 Krankschreibungen je 1.000 Arbeitnehmer.
Der Anteil aller COVID-19-Diagnosen erhöhte sich von 0,8% (Juni 2021) und 5,5% (November 2021) bis auf 22,2% (März 2022). Im Dezember 2022 waren es noch 7,7%.
Chinas vermeintlicher Sieg gegen COVID-19
Chinas Spitzenpolitiker hätten einen „entscheidenden Sieg“ über COVID-19 inklusive der weltweit niedrigsten Sterblichkeitsrate verkündet, so die offizielle Verlautbarung. Darüber hat Medscape.com berichtet.
„Dank der kontinuierlichen Bemühungen zur Optimierung der Präventions- und Kontrollmaßnahmen für COVID-19 seit November 2022 hat China in relativ kurzer Zeit einen reibungslosen Übergang zur Bekämpfung von COVID-19 erreicht“, erklärte das chinesische Politbüro.
Obwohl sich in sozialen Medien Berichte über überfüllte Krankenhäuser und Leichenhallen verbreitet haben, spricht die Staatsführung von etwa 80.000 COVID-19-Todesfällen in Kliniken, seit sie nahezu alle Restriktionen aufgehoben hat.
Einige Experten gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl weitaus höher liegt, da viele Patienten zu Hause gestorben sind. Und Berichten zufolge haben Verwaltungsmitarbeiter Ärzte oft davon abgehalten, COVID-19 als Todesursache anzugeben. Einige Experten prognostizieren, dass COVID-19 chinaweit in diesem Jahr zu mindestens 1 Million Todesfällen führen könnte.
Echtzeit-Daten aus Indien: Niedrigere Krankenhaus-Mortalität bei Geimpften
Indien hat als Antwort auf die Pandemie im September 2020 ein Register initiiert, um fortlaufend Daten zu erfasset. Daran sind 42 Kliniken angeschlossen. Jetzt liegen Ergebnisse einer Zwischenanalyse vor.
Grundlage sind Angaben zu 29.509 hospitalisierten, erwachsenen COVID-19-Patienten. Ihr mittleres Alter lag bei 51,1 Jahren, 18.752 (63,6%) waren Männer. 15.678 (53,1%) hatten mindestens eine Komorbidität.
Unter 25.715 (87,1%) Patienten mit COVID-19 war Fieber das häufigste Symptom (72,3%), gefolgt von Kurzatmigkeit (48,9%) und trockenem Husten (45,5%).
Die Krankenhaussterblichkeit lag bei 14,5%. Die angepassten Sterbewahrscheinlichkeiten waren signifikant höher in der Altersgruppe ab 60 Jahre, bei Männern, bei Patienten mit Diabetes, bei chronischen Nierenerkrankungen, chronischen Lebererkrankungen, Krebs und Tuberkulose.
Bei Patienten, die 1 Dosis (OR 0,5, 95%-KI 0,4-0,7) oder 2 Dosen eines COVID-19-Impfstoffs (OR 0,4, 95%-KI 0,3-0,7) erhalten hatten, war die Mortalität im Krankenhaus signifikant niedriger als bei Ungeimpften.
Impfungen mit bivalenten Vakzinen schützen Hochrisikopatienten
Eine Studie zeigt, wie dialysepflichtige Patienten von einer Auffrischungsimpfung mit bivalenten mRNA-Vakzinen gegen SARS-CoV-2 profitieren.
Dazu haben Forscher mehr als 120 Dialysepflichtige von der 1. Corona-Impfung an begleitet. 55 Patienten haben sich nach der 4. Impfung für eine 5. Dosis mit einem angepassten Impfstoff entschieden. Die Antikörperspiegel und die zelluläre Immunabwehr wurden 6 bzw. 2 Wochen vor der 4. angepassten Impfung sowie 2 und 4 Wochen danach untersucht.
„Hier fiel schnell auf, dass der 1. Schutzschirm der Antikörper sehr rasch abnahm. Bei 37 Personen hatte das Immunsystem ausschließlich Kontakt mit der mRNA für das Impf-Spike-Protein. Die 18 Personen, die eine Durchbruchsinfektion mit Omikron in der letzten Zeit hatten, hatten vor der 5. Impfung bereits deutlich höhere Antikörperspiegel“, berichtet Luise Schäfer vom Uniklinikum Würzburg. „Mit der Verabreichung einer mRNA-Auffrischungsimpfung gegen Omikron lassen sich die neutralisierenden Antikörper jedoch wieder auf ein höheres Level bringen.“
Long-COVID: Hinweise auf Autoimmunvorgänge
Neurologische Symptome, insbesondere kognitive Defizite, treten beim Long- oder Post-COVID-19-Syndrom häufig auf. Die Krankheitsmechanismen sind aber weitgehend unbekannt. Um mehr über Pathomechanismen in Erfahrung zu bringen, haben Wissenschaftler 50 Patienten mit kognitiven Defiziten als Hauptsymptom in ihre Studie eingeschlossen. Von ihnen standen Liquorproben zur Verfügung. Kognitive Beeinträchtigungen erfassten die Forschenden mit dem Montreal-Cognitive-Assessment-Test (MoCa) mit 0 bis 30 Punkten.
Ein eindeutig abnormaler kognitiver Status (MoCA ≤ 25/30 Punkte) wurde nur bei 18/50 Patienten mit kognitiven Defiziten festgestellt. Die meisten Patienten (46/50) wiesen auch normale Parameter im Liquor auf.
Antineuronale Autoantikörper fanden die Wissenschaftler bei 52% aller Patienten: in 9 Fällen nur im Serum, in 3 Fällen nur im Liquor und in 14 Fällen im Serum und im Liquor. Die Antikörper richteten sich gegen Myelin, Yo, Ma2/Ta, GAD65 und NMDA-Rezeptoren, aber auch gegen eine Vielzahl von biologischen Strukturen. Dazu gehörten u.a. das zerebrale Gefäßendothel, Purkinjezellen, Körnerzellen, Axon-Anfangssegmente, astrozytäre Proteine und Basalganglien. Pathologische MoCA-Ergebnisse waren mit dem Vorhandensein von anti-neuronalen Antikörpern im Liquor assoziiert (p=0,0004).
„Diese Ergebnisse deuten darauf, dass bei den Betroffenen, bei denen anti-neuronale Antikörper nachweisbar sind, autoimmune Mechanismen zur Entwicklung kognitiver Einschränkungen nach COVID-19 beitragen könnten“, sagt Dr. Christiana Franke von der Klinik für Neurologie an der Charité-Universitätsmedizin Berlin. „Bei diesen Patientinnen und Patienten mit Autoantikörpern wäre somit ein immuntherapeutischer Therapieansatz zu rechtfertigen. Allerdings wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht, ob die Autoantikörper ursächlich für die Beschwerden oder lediglich eine Begleiterscheinung sind.“
Long-COVID: Gibt es Unterschiede bei Virusvarianten?
Zwar haben führende Virologen die Pandemie für beendet erklärt. SARS-CoV-2 zirkuliert jedoch weiter. Das wiederum führt zur Frage, welche Strategien gegen Long-COVID schützen könnten.
Neues Wissen liefert eine multizentrische, prospektive Kohortenstudie. Sie umfasste 3.223 Teilnehmer (2.402 COVID-positive und 821 COVID-negative Probanden). Von der COVID-positiven Kohorte waren 463 (19,3%) vor Delta, 1.198 (49,9%) während Delta und 741 (30,8%) während Omikron geimpft.
Anhaltende schwere Müdigkeit war in der COVID-19-positiven Prä-Delta-Kohorte im Vergleich zu den Delta- und Omikron-Kohorten am häufigsten (16,7% vs. 11,5% vs. 12,3%; p = 0,017), ebenso das Vorhandensein von mindestens 3 anhaltenden Symptomen (28,4% vs. 21,7% vs. 16,0%; p<0,001).
In multivariablen Modellen gab es keinen Unterschied zwischen den Varianten in Bezug auf schwere Müdigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, mindestens 3 Symptome zu haben, war bei der Omikron-Variante im Vergleich zu den anderen Varianten geringer; dies war nach Anpassung an den Impfstatus nicht signifikant.
„Längerfristige Symptome nach einer SARS-CoV-2-Infektion traten bei Teilnehmern, die sich in der Prä-Delta-Periode infiziert hatten, häufiger auf als in der Delta- und Omikron-Periode“, fassen die Autoren zusammen. „Diese Unterschiede waren jedoch nach Anpassung an den Impfstatus nicht mehr signifikant. Dies deutet auf eine mögliche positive Wirkung der Impfung auf das Risiko der Entwicklung langfristiger Symptome hin.“
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Credits:
Photographer: © Getfocus Photography
Lead Image: Dreamstime
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Diesen Artikel so zitieren: China: Zweifel an offiziellen Angaben; Real-World-Data: Impfungen schützen; Long-COVID: Hinweis auf Autoimmunvorgänge - Medscape - 23. Feb 2023.
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