Bei Erwachsenen mit Prädiabetes könnte Vitamin D das Risiko für Typ-2-Diabetes reduzieren

Marcia Frellick

Interessenkonflikte

21. Februar 2023

Bei Erwachsenen mit Prädiabetes hilft Vitamin D möglicherweise, das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes zu senken. Darauf deutet eine Metaanalyse von 3 Studien hin, die in den Annals of Internal Medicine veröffentlicht wurde [1].

Alle 3 Studien in der Metaanalyse waren doppelblind, randomisiert und placebo-kontrolliert. Sie verglichen 3 orale Formen von Vitamin D – Cholecalciferol (20.000 IU [500 µg]/Woche), Cholecalciferol (4.000 IU [100 µg]/Tag) und Eldecalcitol (0,75 µg /Tag) – gegen die Einnahme eines Placebos.

Die Autoren um Dr. Anastassios G. Pittas von der Division of Endocrinology, Diabetes, and Metabolism am Tufts Medical Center in Boston stellten fest, dass Vitamin D das Risiko für Typ-2-Diabetes bei den Studienteilnehmenden mit Prädiabetes in adjustierten Analysen um statistisch signifikante 15% reduzierte. Die absolute Risikoreduktion über 3 Jahre lag bei 3,3%.

Zu einem Anstieg der Komplikationsrate kam es nicht bei den Patienten, die Vitamin D einnahmen. Die Rate Ratio betrug – im Vergleich zu Placebo – für Nierensteine 1,17 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,69-1,99), für Hyperkalzämie 2,34 (95%-KI 0,83-6,66) für Hyperkalziurie 1,65 (95%-KI 0,83-3,28) und für Tod 0,85 (95%-KI 0,31-2,36).

Unterschiede zu früheren Analysen

Die Beziehung zwischen dem Vitamin-D-Spiegel und dem Risiko für Typ-2-Diabetes ist bereits in zahlreichen Studien und auch Metaanalysen untersucht worden. Die Ergebnisse waren gemischt.

In frühere Metaanalysen seien Studien eingeschlossen worden, „die für die Beurteilung des Diabetesrisikos eine sehr kurze Beobachtungsdauer hatten (z.B. ≤ 1 Jahr), ein hohes Bias-Risiko aufwiesen (z.B. Open-label-Studien) oder nicht spezifisch für die Primärprävention des Typ-2-Diabetes designt und durchgeführt wurden“. Dies habe die Validität der Ergebnisse möglicherwiese untergraben, erklären die Autoren.

Dagegen sei für alle 3 Studien in dieser Metaanalyse ein niedriges Bias-Risiko ermittelt worden, schreiben Pittas und seine Kollegen.

 
Nach Kombination der Daten fanden wir, dass Vitamin D das Risko für das Fortschreiten von Prädiabetes zu Diabetes um 15% reduziert, und dieses Ergebnis war statistisch signifikant. Dr. Anastassios G. Pittas
 

„Unsere Metaanalyse kommt nicht zu einem anderen Ergebnis als die D2d-Studie“, sagt Pittas. „Vielmehr bestätigt sie die Resultate der D2d-Studie.“ In D2d und 2 anderen, ganz ähnlichen Studien zu Vitamin D und Diabetesprävention (eine aus Norwegen und eine aus Japan) hatte Vitamin D die Progressionsrate bei Erwachsenen mit Prädiabetes reduziert, aber die beobachteten Unterschiede waren statistisch nicht signifikant. „Die Studien waren nicht ausreichend gepowert, um die berichteten Risikoreduktionen von 10 bis 13% zu detektieren“, erklärt Pittas.

„Metaanalysen von individuellen Patientendaten erhöhen die statistische Power, um einen Effekt nachzuweisen. Nach Kombination der Daten fanden wir, dass Vitamin D das Risko für das Fortschreiten von Prädiabetes zu Diabetes um 15% reduziert, und dieses Ergebnis war statistisch signifikant. Deshalb ist die Schlussfolgerung aus dieser Studie die gleiche wie aus D2d und den beiden anderen Studien. Der Unterschied ist nur, dass das Ergebnis diesmal statistisch signifikant ist“, so Pittas.

Kleine Reduktion, aber große Population

Die Autoren räumen ein, dass die absolute Risikoreduktion gering ist, speziell im Vergleich zu anderen Maßnahmen, wie intensive Lebensstilmodifikation (Risikoreduktion um 58%) oder Metformin (Risikoreduktion um 31%).

„Aber extrapoliert man [diese Risikoreduktion] auf die 374 Millionen Erwachsenen weltweit, die an einem Prädiabetes erkrankt sind, könnte eine kostengünstige Nahrungsergänzung mit Vitamin D die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes bei mehr als 10 Millionen Menschen hinauszögern“, ergänzen sie.

 
Eine kostengünstige Nahrungsergänzung mit Vitamin D könnte die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes bei mehr als 10 Millionen Menschen hinauszögern. Dr. Anastassios G. Pittas und Kollegen
 

Was die erforderliche Höhe des Vitamin-D-Spiegels angeht, schreiben die Autoren, dass ihre Untersuchungen darauf hindeuten, dass der optimale Vitamin-D-Spiegel im Blut, um das Diabetesrisiko zu senken, deutlich über den allgemeinen Empfehlungen liegen könnte.

„Die Konzentration an 25-Hydroxy-Vitamin-D im Blut, die nötig sind, um das Diabetesrisiko optimal zu reduzieren, könnte nahe oder möglicherweise sogar über 125 bis 150 nmol/l (50-60 ng/ml) liegen – dem Bereich, der laut dem Institute of Medicine mit der verträglichen oberen Aufnahmegrenze von 4.000 IU am Tag korrespondiert“, so die Autoren.

Editorial mahnt zur Vorsicht

In einem begleitenden Editorial, ebenfalls in den Annals of Internal Medicine, mahnen Dr. Malachi J. McKenna vom Department of Clinical Chemistry am St. Vincent's University Hospital und Dr. Mary A.T. Flynn von der Food Safety Authority of Ireland in Dublin zur Vorsicht im Hinblick auf die Dosierung von Vitamin D [2].

Sie schreiben, dass es wichtig sei, zwischen einer Nahrungsergänzung mit Vitamin D und einer Therapie mit Vitamin D zu unterscheiden, und dass die potenziellen Risiken von hochdosiertem Vitamin D noch nicht geklärt seien.

 
Eine hochdosierte Vitamin-D-Therapie könnte bei einigen Patienten Typ-2-Diabetes vorbeugen, könnte aber auch Schaden verursachen. Dr. Malachi J. McKenna und Dr. Mary A.T. Flynn
 

„Die Einnahme von 10 bis 20 µg (400-800 IU) Vitamin D am Tag in Form einer Nahrungsergänzungsmittels ist auf Bevölkerungsebene sicher, um skelettalen und möglicherweise nicht-skelettalen Erkrankungen vorzubeugen. Eine hochdosierte Vitamin-D-Therapie könnte bei einigen Patienten Typ-2-Diabetes vorbeugen, könnte aber auch Schaden verursachen“, merken die Editorialisten an.

Allgemeine Empfehlungen müssen nicht für spezifische Patientengruppen gelten

Pittas sagte im Gespräch mit Medscape, dass es einige Studien mit hoch dosiertem Vitamin D (bis zu 500.000 IU/Jahr in einer Studie) gegeben habe, die bei älteren Menschen mit erhöhtem Sturzrisiko tatsächlich mehr Stürze gezeigt hätten. „Aber diese Ergebnisse sind nicht auf andere Bevölkerungsgruppen übertragbar, die jünger sind und ein niedriges oder durchschnittliches Sturzrisiko haben, so wie die Prädiabetes-Population, auf die die Ergebnisse dieser Metaanalyse zutreffen“, betonte er.

 
Das Risiko-Nutzen-Verhältnis hängt beim Vitamin D von der Zielgruppe und der Erkrankung ab. Dr. Anastassios G. Pittas
 

„Das Risiko-Nutzen-Verhältnis hängt beim Vitamin D von der Zielgruppe und der Erkrankung ab“, sagte Pittas. „Das Editorial bezieht sich auf Vitamin-D-Empfehlungen, die in der gesunden Allgemeinbevölkerung die Knochengesundheit fördern sollen. Diese Empfehlungen sollten nicht auf spezifische Populationen übertragen werden, zum Beispiel Patienten mit Prädiabetes“, bei denen sich das Risiko-Nutzen-Verhältnis von Vitamin D von dem der Allgemeinbevölkerung unterscheide.

Pittas und seine Kollegen weisen außerdem darauf hin, dass die in der Metaanalyse untersuchten Patienten ein hohes Risiko für Typ-2-Diabetes hatten, so dass die Ergebnisse sich nicht auf die gesunde Allgemeinbevölkerung übertragen ließen. Sie sollten auch nicht auf Menschen mit durchschnittlichem Diabetesrisiko extrapoliert werden, ergänzen sie.

Dieser Artikel wurde von Nadine Eckert aus https://www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

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