Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.
Corona-Newsblog, Update vom 20. Februar 2023
Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 104 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 19. Februar lag der Wert bei 106.
Unsere Themen heute:
IMMUNEBRIDGE-Studie: Hohe Immunität, aber vulnerable Gruppen teils schlecht gegen schweres COVID-19 geschützt
EU will COVID-19-Tests für Reisende aus China auslaufen lassen
Long-COVID: Hinweise auf mehr Arbeitslosigkeit und weniger Vollzeit-Tätigkeit
Wieder bestätigt: COVID-19 als möglicher Risikofaktor für Typ-2-Diabetes
Schützt das Protein LRRC15 vor SARS-CoV-2-Infektionen?
Moderna: Übertragung der mRNA-Technologie von COVID-19 auf Influenza liefert durchwachsene Ergebnisse
IMMUNEBRIDGE-Studie: Hohe Immunität, aber vulnerable Gruppen teils schlecht gegen schweres COVID-19 geschützt
Letzten Freitag hat Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) Ergebnisse der IMMUNEBRIDGE-Studie zum Immunisierungsgrad in der Bevölkerung gegen SARS-CoV-2 veröffentlicht.
Ausgewertet wurden Daten und Bioproben von insgesamt 33.637 Personen aus 9 populations- bzw. krankenhausbasierten Studien. Die meisten Teilnehmer waren seropositiv gegen das Spike-Antigen. Die Daten legen nahe, dass in den meisten Altersgruppen bei einer Mehrheit ein moderater bis hoher Schutz gegen einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung vorhanden ist – mit folgenden Ausnahmen: 37% der Personen ab 79 Jahren hatten weniger als 4 bestätigte Expositionen, und 5% weniger als 3. In der Subgruppe der Patienten mit Komorbiditäten hatten 46-56 % weniger als 4 bestätigte Expositionen.
„Anhand serologischer Analysen, einer Literatursynthese und der Infektionsdynamik während des Erhebungszeitraums konnten wir einen mäßigen bis hohen Schutz vor schweren COVID-19-Infektionen feststellen, während der Schutz vor SARS-CoV-2-Infektionen in allen Altersgruppen gering war“, so das Fazit der Autoren. „Wir fanden relevante Schutzlücken in der ältesten Altersgruppe und bei Personen mit Komorbiditäten, was auf die Notwendigkeit zusätzlicher Schutzmaßnahmen für diese Gruppen hinweist.“
EU will COVID-19-Tests für Reisende aus China auslaufen lassen
Die EU-Länder haben besprochen, COVID-19-Beschränkungen für Reisende aus China auslaufen zu lassen. Diese wurden zum Schutz vor möglichen neuen Coronavirus-Varianten eingeführt, nachdem China nahezu alle Restriktionen beendet hatte (wie Medscape.com berichtet).
Gesundheitsexperten der 27 EU-Mitglieder verständigten sich bei einem Treffen darauf, dass sie verpflichtende COVID-19-Tests vor der Abreise bis Ende Februar auslaufen würden, hieß es von der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft. Bis Mitte März würden auch stichprobenartige Tests von Reisenden aus China eingestellt. Hier handelt es sich nur um unverbindliche Empfehlungen für EU-Mitgliedsstaaten.
Long-COVID: Hinweise auf mehr Arbeitslosigkeit und weniger Vollzeit-Tätigkeit
Über soziale Folgen von Long-COVID ist bislang wenig bekannt. Neue Einblicke liefert eine bevölkerungsbasierte Studie. In 50 US-Bundesstaaten wurden Probanden im Alter von 18 bis 69 Jahren zwischen Februar 2021 und Juli 2022 befragt.
Die Kohorte umfasste 15.308 Einwohner mit mindestens 2 Monate zurückliegendem positivem Test auf SARS-CoV-2. Das Durchschnittsalter betrug 38,8 Jahre. 9.679 der Befragten (63,2%) waren Frauen. Von allen Teilnehmern nannten 2.236 (14,6%) Symptome, die auf Post- oder Long-COVID hindeuten. 1.027 (45,9%) nannten entweder „Gehirnnebel“ oder Gedächtnisstörungen.
Insgesamt gaben 1.418 von 15.308 Teilnehmern (9,3%) an, arbeitslos zu sein, darunter 276 von 2236 (12,3%) mit Post-/Long-COVID und 1.142 von 13.071 (8,7%) ohne solche Beschwerden. 8.229 Personen (53,8%) arbeiteten Vollzeit, darunter 1.017 (45,5 %) mit Post-/Long-COVID und 7.212 (55,2 %) ohne die Beschwerden. Befragte, die im Ruhestand sind, wurden von weiteren Analysen ausschlossen.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Post-/Long-COVID mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit assoziiert war, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen (bereinigte OR: 0,84; 95%-KI: 0,74-0,96). Auch zeigte sich eine höhere Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu sein (bereinigte OR: 1,23; 95%-KI: 1,02-1,48). Mindestens 1 kognitives Symptom war mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit verbunden, in Vollzeit zu arbeiten (bereinigte OR 0,75; 95%-KI: 0,59-0,84).
„Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, Strategien zur Behandlung und zum Management von Post-/Long-COVID zu entwickeln“, kommentieren die Autoren.
Wieder bestätigt: COVID-19 als möglicher Risikofaktor für Typ-2-Diabetes
Erneut zeigt eine Kohortenstudie, dass Menschen, die an COVID-19 erkrankt sind, ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes haben.
Die Kohorte umfasste 23.709 Patienten (mittleres Alter 47,4 Jahre), darunter 12.706 Frauen (54%) mit COCVID-19. Die Raten für neu auftretenden Typ-2-Diabetes, für Bluthochdruck, Hyperlipidämie und für Benchmark-Diagnosen, die in den 90 Tagen nach der COVID-19-Infektion auftraten, waren höher als vor der Infektion. Als sogenannte Benchmark-Diagnosen wählten die Forscher Harnwegsinfektion und gastroösophagealen Reflux, sprich Referenzdiagnosen ohne bekannten Kausalzusammenhang mit COVID-19.
Am höchsten waren Raten für Diabetes (OR 2,35; 95%-KI 1,94-2,89; p < 0,001), gefolgt von Bluthochdruck (OR 1,54; 95%-KI 1,35-1,76; p < 0,001), Referenzdiagnosen (OR 1,42; 95%-KI 1,25-1,61; p < 0,001) und Hyperlipidämie (OR 1,22; 95%-KI 1,03-1,47; p = 0,03).
Nach statistischer Bereinigung um Störfaktoren war das Risiko einer neuen Diabetes-Diagnose immer noch signifikant erhöht (OR 1,58; 95%-KI 1,24-2,02; p < 0,001); für Hypertonie und Hyperlipidämie im Vergleich zu Referenzdiagnosen galt das jedoch nicht mehr.
Schützt das Protein LRRC15 vor SARS-CoV-2-Infektionen?
Obwohl ACE2 bekanntlich der primäre Rezeptor für die Infektion mit SARS-CoV-2 ist, blieb die Frage offen, welche Proteine auf Zelloberflächen vielleicht noch eine Rolle spielen – und ob manche Proteine vielleicht sogar schützende Eigenschaften haben. Jetzt haben Forscher das CRISPR/Cas-System genutzt, um einzelne Gene zu aktivieren und damit herauszufinden, welche zellulären Proteine in Zusammenhang mit SARS-CoV-2 von Bedeutung sind. Zum Einsatz kamen menschliche Zellen.
Sie fanden u.a. einen Rezeptor auf der Zelloberfläche, nämlich das Leucine-Rich Repeat-Containing Protein 15 (LRRC15). Die Expression von LRRC15 reichte im Experiment aus, um SARS-CoV-2-Spikes zu binden. LRRC15-mRNA wird in menschlichen, Kollagen-produzierenden Myofibroblasten der Lunge exprimiert. Das Gen wird bei schweren SARS-CoV-2-Infektionen exprimiert.
Fibroblasten, die LRRC15 exprimieren, können SARS-CoV-2-Infektionen unterdrücken. LRRC15 wirke „ein bisschen wie ein molekularer Klettverschluss, indem es an der Spitze des Virus klebt und es dann von den Zielzelltypen wegzieht“, erklärte Dr. Lipin Loo vom Charles Perkins Centre der University of Sydney. Darüber hinaus fördere die Expression mehrerer antiviraler Faktoren.
„Insgesamt ist LRRC15 ein neuartiger SARS-CoV-2 Spike-bindender Rezeptor, der dazu beitragen kann, die Viruslast zu kontrollieren und antivirale und antifibrotische Transkriptionsprogramme im Kontext einer COVID-19-Infektion zu regulieren“, schreiben die Autoren. LRRC15 könne Teil einer Immunbarriere sein, die zum Schutz vor einer schweren Corona-Infektion beitrage und antivirale Reaktionen des Körpers aktiviere.
Was ihre Hypothese stützt: Niedrige Spiegel an LRRC15 standen zumindest bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz mit einem schwereren klinischen COVID-19-Verlauf in Verbindung.
Moderna: Übertragung der mRNA-Technologie von COVID-19 auf Influenza liefert durchwachsene Ergebnisse
Moderna hat Zwischenergebnisse einer Studie zur Sicherheit und Immunogenität von mRNA-1010 (P301), einem mRNA-basierten saisonalen Grippeimpfstoffkandidaten, bei Erwachsenen veröffentlicht. Ziel ist, mit der bekannten mRNA-Technologie andere Vakzine herzustellen.
Die randomisierte Phase-3-Studie wurde konzipiert, um die Sicherheit und Immunogenität von mRNA-1010 bei Erwachsenen ab 18 Jahren zu untersuchen. mRNA-1010 kodiert für die Hämagglutinin (HA)-Glykoproteine aller 4 Influenzastämme, die von der Weltgesundheitsorganisation zur Grippeprävention empfohlen werden: Influenza A/H1N1, A/H3N2 und die Influenza- B/Yamagata- bzw. Influenza-B/Victoria-Linien.
An der Studie nahmen 6.102 Erwachsene aus Argentinien, Australien, Kolumbien, Panama und den Philippinen während der Grippesaison auf der südlichen Hemisphäre teil. Sie erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder 1 Einzeldosis mRNA-1010 oder 1 Einzeldosis eines zugelassenen saisonalen Grippeimpfstoffs als Vergleichsmedikation.
Zwischenergebnisse deuten darauf hin, dass mRNA-1010 eine Überlegenheit bei den Serokonversionsraten für A/H3N2 und für A/H1N1 sowie eine Überlegenheit bei den geometrischen mittleren Titerverhältnissen für A/H3N2 und eine Nicht-Unterlegenheit bei den geometrischen mittleren Titerverhältnissen für A/H1N1 erreicht. Für die Influenza B/Victoria- und B/Yamagata-Stämme wurde die Nicht-Unterlegenheit für keinen der Endpunkte erreicht.
70% der Empfänger von mRNA-1010 meldeten unerwünschte Reaktionen (SARs) im Vergleich zu 48% der Teilnehmer in der Vergleichsgruppe, was die Akzeptanz möglicherweise einschränken könnte.
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Credits:
Photographer: © Boygointer
Lead Image: Dreamstime
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Diesen Artikel so zitieren: Bevölkerung gut gegen schweres COVID-19 geschützt; Arbeitslosigkeit bei Long-COVID; Corona und Diabetes - Medscape - 20. Feb 2023.
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