Schutzwirkung von Corona-Infektion und Impfung gleich gut? Was die Ergebnisse einer Metaanalyse bedeuten

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

17. Februar 2023

Menschen, die sich mindestens 1-mal mit SARS-CoV-2 infiziert haben, profitieren von der natürlichen Immunität als Schutz gegen Hospitalisierungen oder Tod für mehr als 10 Monate. Das zeigt eine jetzt in The Lancet veröffentlichte Review und Metaanalyse [1]. Sie umfasst 65 Studien aus 19 Ländern. Infektionen mit Prä-Omikron-Varianten waren mit einem geringen Schutz gegen Infektionen mit Omikron BA.1 verbunden.

Die Analyse deutet auch darauf hin, dass das Ausmaß und die Dauer des Schutzes vor einer erneuten Infektion, einer symptomatischen Erkrankung und einer schweren Erkrankung mindestens gleichwertig mit dem Schutz ist, den 2 Dosen mRNA-Impfstoffe gegen Wildtyp, Alpha-, Delta- und Omicron-BA.1-Varianten bieten.

 
Die Impfung ist der sicherste Weg zum Erwerb der Immunität. Dr. Stephen Lim
 

Dennoch halten die Autoren Warnungen für angebracht. „Die Impfung ist der sicherste Weg zum Erwerb der Immunität“, kommentiert der Hauptautor Dr. Stephen Lim vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) an der School of Medicine der Universität Washington. Natürliche Immunität stehe mit einem höheren Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken oder zu sterben, in Verbindung.

Natürliche Immunität: Diese Fragen waren bislang offen

Zwar haben seit Januar 2021 mehrere Studien Informationen zum Schutz genesener COVID-19-Patienten vor neuerlichen Informationen geliefert und über den Rückgang der Immunität im Laufe der Zeit berichtet. In keiner Studie wurde jedoch untersucht, wie lange der Schutz anhält – und ob es Unterschiede zwischen verschiedenen Virusvarianten gibt.

Um für mehr Evidenz zu sorgen, haben Forscher eine Überprüfung und Metaanalyse aller bisherigen Studien durchgeführt. Eingeschlossen wurden Arbeiten, in denen Infektionsrisiken nicht geimpfter Personen mit und ohne überstandene Infektion verglichen wurden. Studien, in denen die natürliche Immunität in Kombination mit einer Impfung untersucht wurde, haben sie ausgeschlossen.

Die Wissenschaftler fanden bei Recherchen 65 Studien aus 19 Ländern und bewertete die Wirksamkeit einer früheren Infektion nach Ergebnis (Infektion, symptomatische Erkrankung und schwere Erkrankung), Variante und Zeit seit der Infektion.

Immunität schwindet mit der Zeit

21 Studien lieferten Informationen zu Infektionen mit Prä-Omikron-Varianten. Hier ergab die Analyse, dass der Schutz vor einer Reinfektion mit einer Prä-Omikron-Variante nach 1 Monat bei etwa 85% lag. Nach 10 Monaten waren es noch etwa 79%. Der Schutz gegen eine Reinfektion mit BA.1 lag nach 1 Monat bei 74% und fiel nach 10 Monaten auf 36%.

Weitere 5 Studien lieferten Anhaltspunkte zu schweren Erkrankungen mit stationärem Aufenthalt und mit Todesfällen. Der Schutz war 19 Monate nach einer überstandenen Infektion recht hoch: 90% für den Wildtyp, für Alpha und Delta sowie 88% für Omikron BA.1.

6 Studien, die speziell den Schutz gegen BA.2 und BA.4/BA.5 untersuchten, wiesen auf einen deutlich geringeren Schutz hin, wenn die vorherige Infektion eine Prä-Omikron-Variante war. Wenn die frühere Infektion jedoch eine Omikron-Variante war, blieb der Schutz auf einem höheren Niveau erhalten.

Fehlende Informationen schränken die Aussagekraft ein

Die Forscher weisen auf mehrere Einschränkungen ihrer Studie hin. Sie geben zu bedenken, dass die Zahl der Studien, in denen die Omikron BA.1-Variante und ihre Sublinien untersucht wurden, und die Zahl der Studien aus Afrika generell begrenzt war. Darüber hinaus waren nur wenige Daten über 10 Monate nach der Erstinfektion hinaus verfügbar. Sie stellen auch fest, dass einige Informationen, wie z.B. der frühere Infektionsstatus und Krankenhauseinweisungen, unterschiedlich oder unvollständig gemessen wurden, was die Schätzung des Schutzes verfälschen könnte.

Ist der Schutz gegen SARS-CoV-2 höher als angenommen?

Prof. Dr. Cheryl Cohen vom National Institute for Communicable Diseases in Südafrika, die nicht an der Studie beteiligt war, schreibt in einem Kommentar: „Der hohe und anhaltende Schutz vor schweren Erkrankungen durch frühere Infektionen hat wichtige Auswirkungen auf die COVID-19-Impfstoffpolitik.“

Im September 2021 sei die weltweite SARS-CoV-2-Seroprävalenz auf 59% geschätzt worden, so Cohen, wobei der Anteil der durch Infektion oder Impfung hervorgerufenen Immunität in verschiedenen Regionen stark variiere. So sei die Immunität von 87% in Afrika vor allem auf Infektionen zurückzuführen – und kaum auf Impfungen.

 
Ein hohes Maß an Immunität ist ein wichtiger Grund für den geringeren Schweregrad, der bei Infektionen durch neu auftretende Omikron-Subvarianten beobachtet wird. Prof. Dr. Cheryl Cohen
 

„Ein hohes Maß an Immunität ist ein wichtiger Grund für den geringeren Schweregrad, der bei Infektionen durch neu auftretende Omikron-Subvarianten beobachtet wird“, schreibt Cohen. „Da sich die SARS-CoV-2-Epidemiologie im Kontext hoher Immunität zu stabileren Zirkulationsmustern verschiebt, sind Studien über die Belastung und die Kosten von SARS-CoV-2-Infektion … erforderlich, um eine rationale Impfpolitik und Entscheidungen über die Prioritätensetzung im Vergleich zu anderen durch Impfung vermeidbaren Krankheiten zu ermöglichen.“

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der  Link  zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine Nachrichten aus der Medizin verpassen.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....