Pflanzliche Ernährung verlangsamt Progression bei Prostatakrebs; Antikörper-Kombiwirkstoff erfolgreich bei Ovarialkarzinom 

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

14. Februar 2023

Im Onko-Blog dieser Woche geht es unter anderem um das rezidivierte Ovarialkarzinom, eine Phase-2-Studie ergab ein gutes Ansprechen des Antikörper-Arzneistoff-Konjugats Mirvetuximab Soravtansin. Eine Ernährung mit hohem Pflanzenanteil ist beim Prostatakarzinom mit einer verlangsamten Progression assoziiert. Die landesweite iStopMM-Studie in Island ergab für ein Smoldering Myelom eine Prävalenz von 0,53% und zeigte, dass bislang eingesetzte Risikomodelle zur Einschätzung der Progressionswahrscheinlichkeit optimiert werden sollten.

  • Rezidiviertes Ovarialkarzinom: Ein Drittel spricht auf Mirvetuximab soravtansin an

  • Prostatakarzinom: Pflanzliche Ernährung mit verlangsamter Progression assoziiert

  • Frühes NSCLC: Sublobäre Resektion bei peripheren Tumoren der Lobektomie nicht unterlegen

  • Pankreaskarzinom: Häufigkeit nimmt zu, vor allem bei jüngeren Frauen

  • Smoldering Myelom: Hohe Prävalenz in der Island-Studie

  • Multiples Myelom: Erhöhtes Thromboembolie-Risiko durch moderne Induktionstherapie 

Rezidiviertes Ovarialkarzinom: 1 Drittel spricht auf Mirvetuximab Soravtansin an

1 Drittel aller Frauen mit platinresistentem Ovarialkarzinom und hoher Folat-Rezeptor-Alpha-Expression spricht auf das Antikörper-Arzneistoff-Konjugat Mirvetuximab Soravtansin an. Eine internationale Arbeitsgruppe hat dieses Ergebnis der Phase-2-Studie SORAYA im  Journal of Clinical Oncology  publiziert.

Die einarmige Studie war Grundlage für die beschleunigte Zulassung von Mirvetuximab soravtansin durch die Food and Drug Administration (FDA) im November 2022. 

Der Antikörper Mirvetuximab bindet an den Folatrezeptor alpha, welcher beim Ovarialkarzinom häufig überexprimiert wird. Über einen Linker ist er an das Zytostatikum Maytansinoid DM 4 gebunden, das die Bildung von Mikrotubuli stört.

In der Studie wurden 106 vorbehandelte Patientinnen mit platinresistentem, hochgradigem, serösem Ovarialkarzinom und mit starker Folatrezeptor-alpha-Expression mit Mirvetuximab soravtansin behandelt. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 13,4 Monaten zeigten 32,4% der Frauen ein objektives Ansprechen, wovon 5 Patientinnen komplett und 29 partiell ansprachen. Das Ansprechen dauerte im Median 6,9 Monate. 

Die Wirkung wurde bei Frauen, die zuvor Bevacizumab erhalten hatten, unabhängig von der Anzahl der zuvor erhaltenen Therapielinien oder der PARP-Inhibitor-Exposition beobachtet.

Häufigste behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse vom Schweregrad 3-4 waren verschwommenes Sehen (6%) und Keratopathie (9%). Nebenwirkungen führten bei 33%, 20% bzw. 9% der Patientinnen zu Dosisverzögerungen, Dosisreduktionen und Therapieabbrüchen.

Prostatakarzinom: Pflanzliche Ernährung mit verlangsamter Progression assoziiert

Patienten mit Prostatakarzinom im Stadium T1-T3a, die sich zu einem großen Teil pflanzlich ernähren, hatten ein um 52% geringeres Progressionsrisiko und ein um 53% geringeres Rezidivrisiko im Vergleich zu Personen, deren Ernährung einen niedrigen pflanzlichen Anteil aufweist. Dies ergab eine Substudie der CaPSURE Diet and Lifestyle (CDL), die 2004 begonnen worden war. Die Ergebnisse werden beim Genitourinary Cancers Symposium der ASCO, das vom 16. bis 18. Februar in San Francisco stattfindet, als Poster (Abstract 392) präsentiert. 

In die Beobachtungsstudie waren 2.038 Patienten im Alter zwischen 43 bis 102 Jahren mit einem Prostatakarzinom im Stadium T1-T3a aufgenommen worden. Sie füllten Fragebögen zu ihrer Ernährung aus, in denen sie angaben, wie viel und wie häufig sie etwa 140 verschiedene Lebensmittel und Getränke konsumierten. 

Bei der Analyse wurden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie Alter bei Diagnose, Diagnosejahr, Gesamtenergieaufnahme, CaPSURE-Klinikstandort, ethnische Zugehörigkeit, Raucherstatus, Gleason-Risiko-Score bei Diagnose und der Spiegel des Prostata-spezifischen Antigens (PSA). 

Bei etwa 10% der Patienten war die Erkrankung nach einer medianen Beobachtungszeit von 7,4 Jahren fortgeschritten. Bei den Personen mit dem höchsten pflanzlichen Anteil in der Ernährung war das Progressionsrisiko um 52% und das Rezidivrisiko um 53% niedriger als bei den Personen mit dem niedrigsten Anteil. 

Die Forscher hoffen, dass ihre Ergebnisse betroffene Patienten dazu ermutigen, sich gesünder zu ernähren.

Frühes NSCLC: Sublobäre Resektion bei peripheren Tumoren der Lobektomie nicht unterlegen

Die sublobäre Resektion war einer Lobektomie bei Patienten mit frühem, kleinem, Lymphknoten-negativem nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) in der Wirkung auf das krankheitsfreie und das Gesamtüberleben nicht unterlegen. Dies ergab die Phase-3-Studie Cancer and Leukemia Group B (CALGB) 140503, die im  New England Journal of Medicine  erschienen ist.

Die in der multizentrische Nichtunterlegensheitsstudie aufgenommenen 697 Patienten waren streng ausgewählt, sie hatten ein peripher lokalisiertes NSCLC, eine T1aN0-Erkrankung mit einer Tumorgroße unter 2 cm laut Bildgebung und keine Metastasen. Randomisiert unterzogen sie sich einer sublobären Resektion oder eine Lobektomie. 

Nach einem medianen Follow-up von 7 Jahren war die sublobäre Resektion der Lobektomie in der Wirkung auf das krankheitsfreie Überleben (DFS, Hazard-Ratio=1,01) und das Gesamtüberleben (OS, HR=0,95) nicht unterlegen.

Die 5-Jahres-DFS betrug 63,6% bei sublobärer Resektion und 64,1% bei Lobektomie, das 5-Jahres-OS 80,3% bzw. 78,9%. 

Diese Daten bestätigen die Ergebnisse einer japanischen Studie, die 2022 im  Lancet  erschienen ist. Beide Studien zusammen liefern nach Meinung der Autoren nun schlüssige Beweise dafür, dass die sublobäre Resektion ein Behandlungsstandard für Patienten mit kleinem peripherem Lymphknoten-negativem NSCLC sein kann.

Pankreaskarzinom: Häufigkeit nimmt zu, vor allem bei jüngeren Frauen

Pankreaskarzinome treten immer häufiger auf, dies bestätigt eine große landesweite US-amerikanische Studie, die eine Arbeitsgruppe aus Los Angeles in  Gastroenterology  veröffentlicht hat. Die Häufigkeit nimmt vor allem bei jüngeren Frauen und vor allem Frauen schwarzer Hautfarbe zu. 

In der populationsbasierten Studie analysierte die Arbeitsgruppe Daten von 454.611 Patienten aus der Datenbank des National Program of Cancer Registries (NCPR), bei denen zwischen 2001 und 2018 ein Pankreaskarzinom diagnostiziert worden war. 

Die altersadjustieren Inzidenzraten waren sowohl bei Frauen als auch bei Männern über die Jahre gestiegen. Die durchschnittliche jährliche Änderung betrug bei Frauen 1,27%, bei Männern 1,14%. 

Überraschend war, dass die Änderung der Inzidenzraten bei Frauen unter 55 Jahren um 2,4% höher lagen als bei gleichaltrigen Männern, während bei älteren Männern und Frauen ähnlich erhöhte jährliche Inzidenzraten beobachtet wurden. Darüber hinaus stiegen die Inzidenzraten bei jungen schwarzen Frauen um 2,23% stärker höher als bei jungen schwarzen Männern.

„Obwohl wir jedes Jahr über eine verbesserte Überlebensrate bei Pankreaskarzinom berichten, ist diese Verbesserung hauptsächlich bei Männern zu verzeichnen“, so die Autoren in einer Pressemitteilung. „Die Sterblichkeitsrate bei Frauen verbessert sich nicht.“

Insgesamt seien aber die Anstiege derzeit gering sei und die Ergebnisse seien kein Grund zur Beunruhigung. Der Befund könnte aber dazu beitragen, dass Menschen aufhören zu rauchen, ihren Alkoholkonsum reduzieren, sich gesund ernähren, regelmäßig Sport treiben und ihr Gewicht kontrollieren. Alle diese Änderungen des Lebensstils könnten dazu beitragen, dass das Risiko eines Pankreaskarzinoms sinkt.

Smoldering Myelom: Hohe Prävalenz in der Island-Studie

Bei Personen im Alter ab 40 Jahren betrug die Prävalenz für ein Smoldering Multiples Myelom (SMM) 0,53%, bei Frauen 0,39% und bei Männern 0,67%. Die Prävalenz nahm mit dem Alter zu mit einer Prävalenz von 1,1% bei Personen ab 70 Jahren und 1,6% ab 80 Jahren. 

„Die hohe Prävalenz von SMM hat Auswirkungen auf künftige Therapiestrategien beim Multiplen Myelom, weil sich immer mehr Hinweise darauf ergeben, dass ein Therapiebeginn im SMM-Stadium sinvoll sein kann“, so die Schlussfolgerung der isländischen Arbeitsgruppe aus Ergebnissern der iStopMM-Studie, die aktuell in  Nature Medicine  publiziert wurden.

Die iStopMM-Studie (Iceland Screens, Treats, or Prevents Multiple Myeloma) ist eine prospektive landesweite Studie in Island, in der 75.422 Isländer im Alter über 40 Jahren gescreent wurden. Bei 1.562 wurde eine Knochenmarkbiopsie durchgeführt.

In der gescreenten Kohorte wurde bei 193 Personen (116 Männern, 77 Frauen) im Durchschnittsalter von 70 Jahren ein SMM diagnostiziert. Bei 92% der SMM-Patienten konnte M-Protein mit einer mittleren Konzentration von 0,62 g/dl nachgewiesen werden. Häufigster Isotyp war IgG (56%), gefolgt von IgA (25%) und IgM. 2% wiesen biklonale M-Proteine auf. Bei 63% der Patienten war der Leichtketten-Quotient abnormal.

Bei allen SMM-Patienten lag die Plasmazellkonzentration im Knochenmark über 10%, bei 73% lag sie zwischen 11 und 20%. Bei 95% der Patienten konnte eine Knochenerkrankung durch MRT oder CT ausgeschlossen werden.

Etwa ein Drittel der Patienten mit SMM wies nach aktuellen Modellen zur klinischen Risikostratifizierung ein mittleres oder hohes Risiko für eine Progression zum multiplen Myelom auf.

Allerdings stellte die Arbeitsgruppe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den klinischen Risikomodellen 2/20/20 und PETHEMA SMM fest, was darauf hindeutet, dass die Risiko-Scores kein individuelles Progressionsrisiko vorhersagen und optimierbar sind.

Nach Meinung der Autoren sind bessere und biologisch orientierte Strategien erforderlich, um Patienten mit einer progressiven Myelom-Vorläufererkrankung wie MGUS oder SMM vor der klonalen Expansion genau zu identifizieren. Dies könnte einen früheren Therapiebeginn vor dem Einsetzen von Endorganschäden oder anderen Myelom-definierenden Markern ermöglichen und schwere klinische Komplikationen vermeiden sowie ein zu umfangreiches Monitoring und eine Überbehandlung von Patienten mit diesen Vorstufen verhindern. 

Multiples Myelom: Erhöhtes Thromboembolie-Risiko durch moderne Induktionstherapie

Lenalidomid-haltige Therapieregime sind bei Patienten mit multiplem Myelom mit einem höhten Thromboembolie-Risiko assoziiert. Thromboembolien gehen wiederum mit einem erhöhten Sterblichkeits-Risiko einher. Eine entsprechende Prophylaxe ist deshalb wichtig und weitere Studien zum Nutzen direkt wirkender oraler Antikoagulanzien sind erforderlich. Eine Arbeitsgruppe aus der Mayo-Klinik in Rochester hat diese Ergebnisse im  American Journal of Hematology  publiziert. 

Schon länger ist bekannt, dass Lenalidomid-haltige Therapieregime beim multiplen Myelom das Thromboserisiko erhöhen. In der retrospektiven Studie untersuchte die Arbeitsgruppe aus Rochester anhand der Daten von 672 Patienten mit neu diagnostiziertem Myelom die Häufigkeit einer Thromboembolie (TE) im ersten Jahr nach der Diagnose und die Assoziation mit dem Induktionsregime sowie dem Gesamtüberleben.

Von den 672 Patienten entwickelten 83 (12,4%) eine TE, und zwar tiefe Venenthrombosen in 8,3%, Lungenembolien in 3,4% und ein Schlaganfall in 0,6% der Fälle. 

Carfilzomib/Lenalidomid/Dexamethason hatte das höchste TE-Risiko (21,1%), gefolgt von Vierfachtherapien mit 11,1 %,) und Bortezomib/Lenalidomid/Dexamethason (9,6%). 

Eine TE war mit einem signifikant geringeren Überleben assoziiert (66 vs. 133 Monate, p< 0,01). 

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