„Extrem gestresste“ Kinder nach Pandemie – neue Hilfsangebote; So tödlich war Corona für Ärzte; hybride Immunität bester Schutz

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

9. Februar 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 9. Februar 2023

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 93 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 8. Februar lag der Wert bei 91.

Unsere Themen heute:

  • Abschlussbericht veröffentlicht: „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“

  • So gefährlich war die Pandemie zu Beginn für Ärzte

  • Trotz neuer Daten: Impfempfehlung für Schwangere bleibt unverändert

  • Hybride Immunität bietet den besten Schutz

  • Kardiale Ereignisse häufig während einer stationären COVID-19-Therapie

  • Nach Ende von Chinas „Null-COVID“-Politik: Keine Hinweise auf neue SARS-CoV-2-Varianten

Abschlussbericht veröffentlicht: „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“

Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass Kinder und Jugendliche oft die Leidtragenden der Pandemie gewesen sind – durch Lockdowns, durch Kita- und Schulschließungen bzw. durch soziale Distanzierungen. Eine Arbeitsgruppe des Bundesgesundheitsministeriums und des Bundesfamilienministeriums sollte untersuchen, wie es gelingt, die Folgen abzumildern. Jetzt liegt ihr Abschlussbericht vor.

„Viele junge Menschen sind durch die Einschränkungen während der Pandemie bis heute enorm gestresst“, sagte Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) bei einer Pressekonferenz. Zu den möglichen Folgen der Pandemie gehören dem Report zufolge Lernprobleme, Depressionen oder Essstörungen. 73% der Kinder und Jugendlichen fühlen sich auch heute noch psychisch belastet. Dabei seien, so Paus weiter, Heranwachsende aus ärmeren Familien besonders betroffen: „Kinder von Alleinerziehenden, aus Familien mit Migrationshintergrund, diejenigen, die in beengten Wohnverhältnissen leben oder psychisch belastete Eltern haben.“

Was lässt sich dagegen unternehmen? Die Expertengruppe gibt Empfehlungen in 5 Bereichen:

  • Für frühe Hilfen sollen 56 Millionen Euro bereitgestellt werden, um Familien mit Belastungen direkt nach der Geburt über Willkommensbesuche, Lotsendienste oder Familienhebammen zu unterstützen.

  • Bei der Kindertagesbetreuung soll das Kita-Qualitätsgesetz die Gesundheit, die Ernährung und die Bewegung im Rahmen von Betreuungsangeboten verbessern.

  • Ab dem Schuljahr 2023/24 unterstützen Mental Health Coaches an Schulen bei Fragen zur mentalen Gesundheit und bei akuten psychischen Krisen.

  • Im Gesundheitswesen setzt sich der Bund für eine bessere medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen und für mehr Prävention ein. Geplant sind u.a. mehr Therapieplätze, um Wartezeiten zu verringern.

  • Bei Jugend- und Familienhilfen geht es um neue Rechtsansprüche durch das Jugendstärkungsgesetz: Kinder können nun beim Jugendamt psychosoziale Beratung in Anspruch nehmen, ohne dass ihre Eltern dies erfahren.

So gefährlich war die Pandemie zu Beginn für Ärzte

Mitarbeiter des Gesundheitswesens waren zu Beginn der Pandemie extrem gefährdet, da sie sich kaum schützen konnten und mit vielen Patienten zu tun hatten. Eine neue Studie versucht, das Risiko zu quantifizieren. Darüber hat Medscape.com berichtet.

Wissenschaftler der Stanford University untersuchten Sterberaten von US-Ärzten anhand der Datei der American Medical Association (AMA). Von März 2020 bis Dezember 2021 starben laut AMA von 800.000 berufstätigen Ärzten 4.511 Kollegen. Das waren 622 Todesfälle mehr (95%-KI 476 bis 796) als auf Grundlage der Mortalitätsraten vor der Pandemie zu erwarten gewesen wären. Etwa 2 Drittel (65,3%) der Todesfälle betrafen Männer.

In allen Altersgruppen starben Ärzte, die Patienten direkt versorgten, mit höherer Wahrscheinlichkeit als Ärzte, die keine direkten Patientenkontakte hatten.

  • Bei Medizinern zwischen 45 und 64 Jahren mit direktem Patientenkontakt waren es im untersuchten Zeitraum von 81 zusätzliche Todesfälle (Spanne 27 bis 136 Todesfälle) – verglichen mit 13 zusätzlichen Todesfällen (Spanne 1 bis 26 Todesfälle) bei Ärzten mit anderen Tätigkeiten.

  • Bei Ärzten im Alter von 65 bis 74 Jahren fanden die Autoren 108 zusätzliche Todesfälle (Spanne 52 bis 163) in der Gruppe mit Patientenkontakt versus -8 (Spanne -29 bis 13) bei Medizinern aus anderen Bereichen.

  • Und bei Ärzten im Alter von 75 bis 84 Jahren gab es 85 (Spanne 46 bis 125) versus 10 (-12 bis 32) überzählige Todesfälle.

Ab Ende April 2021 normalisierten sich die Zahlen auf ein vorpandemisches Niveau – etwa zu dem Zeitpunkt, als Impfstoffe in großem Umfang eingesetzt wurden. Außerdem waren Masken, Kittel, Handschuhe und Visiere in größerem Umfang verfügbar.

Trotz neuer Daten: Impfempfehlung für Schwangere bleibt unverändert

Am 7. Februar hat die Ständige Impfkommission (STIKO) am RKI eine weitere Stellungnahme zur COVID-19-Impfung bei Schwangeren veröffentlicht. Hintergrund ist, dass mittlerweile neue Studien zur Sicherheit und zur Wirksamkeit von Vakzinen vorliegen.

„Jüngst publizierte Daten belegen die Sicherheit der mRNA-Impfung in der Schwangerschaft und zeigen kein erhöhtes Risiko für Aborte, intrauterinen Fruchttod, Frühgeburten und kongenitale Fehlbildungen als Folge der Impfung“, schreibt die STIKO. „Schwangere und ihre ungeborenen Kinder sind durch eine vollständige COVID-19-Impfung (d.h. Grundimmunisierung und 1. Auffrischimpfung) gut vor schweren Krankheitsverläufen und damit auch vor COVID-19-assoziierten Tot- und Frühgeburten geschützt.“ Dies gelte auch für Omikron-Variante.

Damit bleibt es bei den bekannten Empfehlungen:

  • Frauen im gebärfähigen Alter bzw. Schwangere sollten eine Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung erhalten.

  • Bei Schwangeren ohne bisherige Impfung rät die STIKO zur COVID-19-Impfung ab dem 2. Trimenon.

  • Schwangere mit Grunderkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben, sollten zusätzlich eine 2. Auffrischimpfung erhalten.

Sowohl für die Grundimmunisierung als auch für die Auffrischimpfungen empfiehlt die STIKO den mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer (Comirnaty®). Ärzte sollten bei Booster Shots ein Omikron-adaptiertes bivalentes Vakzin, sprich Comirnaty® Original/Omicron BA.4/5, Comirnaty® Original/Omicron BA.1, verwenden.

Hybride Immunität bietet den besten Schutz

Fragen zur Immunität bleiben ein zentrales Thema der Forschung. Wissenschaftler haben für eine Metaanalyse 26 Studien ausgewertet, von denen 11 die protektive Wirkung einer früheren SARS-CoV-2-Infektion und 15 die Schutzwirkung einer hybriden Immunität untersucht hatten, wie Coliquio.de berichtet.

Die Effektivität einer früheren Infektion zum Schutz von Krankenhausaufnahmen und schweren Verläufen lag nach 12 Monaten bei 74,6%, der Schutz vor Reinfektionen lag bei 24,7%. Die hybride Immunität schützte nach 2-maliger Impfung nach 12 Monaten zu 97% vor stationärer Aufnahme und vor schwerem Verlauf bzw. zu 41% vor Reinfektionen. Erhielten Personen mit hybrider Immunität noch eine Booster-Impfung, lag die Schutzwirkung vor schweren Verläufen nach 6 Monaten bei 95,3%, und der Schutz vor Reinfektionen bei 46,5%.

Die Studie zeigt, dass die Schutzwirkung einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion nicht dauerhaft anhält und auch diese Personen von einer Impfung profitieren. Die Autoren betonen, dass man niemals versuchen sollte, COVID-19 zu bekommen. Die Erkrankung sei unberechenbar und könne im Einzelfall auf der Intensivstation oder auch tödlich enden. Zudem bestehe immer die Gefahr von Long-COVID.

Kardiale Ereignisse häufig während einer stationären COVID-19-Therapie

Bei Erwachsenen, die wegen COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert werden, treten akute kardiale Ereignisse häufig auf, insbesondere bei Personen mit einer Herzerkrankung, so eine neue Studie, über die Medscape.com berichtet hat. Die Autoren raten zur intensiven kardiologischen Überwachung.

Forscher analysierten medizinische Aufzeichnungen von 8.460 Erwachsenen aus 99 US-Bezirken in 14 US-Bundesstaaten (etwa 10% der US-Bevölkerung), die zwischen Januar und November 2021 mit einer SARS-CoV-2-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

Das Durchschnittsalter lag bei 69 Jahren. Von allen Patienten hatten 11,4% während der stationären Behandlung ein akutes kardiales Ereignis. Die Prävalenz war bei Personen mit einer kardialen Grunderkrankung (23,4%) höher als bei denjenigen ohne bekannte Leiden dieses Bereichs (6,2%).

Akute ischämische Herzerkrankungen (5,5%) und akute Herzinsuffizienzen (5,4%) waren die häufigsten Ereignisse; 0,3% der Teilnehmer hatten eine akute Myokarditis oder Perikarditis.

Patienten, die 1 oder mehrere akute kardiale Ereignisse erlitten, hatten ein höheres Risiko für die Verlegung auf eine Intensivstation (bereinigtes Risikoverhältnis 1,9) und für den Tod im Krankenhaus (aRR 1,7) als diejenigen, die kein Ereignis erlitten. In multivariablen Analysen war das Risiko einer akuten Herzinsuffizienz bei Männern (aRR 1,5) und bei Personen mit einer Vorgeschichte von kongestiver Herzinsuffizienz (aRR 13,5), Vorhofflimmern (aRR 1,6) oder Hypertonie (aRR 1,3) deutlich höher.

Von allen Patienten, bei denen akute kardiale Ereignisse auftraten, wurden 39,2% auf die Intensivstation verlegt, im Durchschnitt für 5 Tage. Etwa 22,4% benötigten eine invasive mechanische Beatmung oder extrakorporale Membranoxygenierung, und 21,1% starben während des Krankenhausaufenthalts.

Bleibt als Fazit: „Personen mit einem höheren Risiko für akute kardiale Ereignisse während eines Krankenhausaufenthalts aufgrund von COVID-19 könnten von einer intensiveren klinischen Bewertung und Überwachung profitieren“, schreiben die Autoren.

Nach Ende von Chinas „Null-COVID“-Politik: Keine Hinweise auf neue SARS-CoV-2-Varianten

Laut einer Analyse sind während des jüngsten Anstiegs der Infektionen in China keine neuen COVID-19-Varianten aufgetaucht, seit das Land seine Null-COVID-Politik beendet hat.

Dazu haben Forscher 2.994 SARS-CoV-2-Genomsequenzen ausgewertet, von denen 2.881 von hoher Qualität waren und für weitere Analysen verwendet werden konnten. Zwischen dem 14. November und dem 20. Dezember 2022 haben sie 413 neue Proben sequenziert, darunter 350 lokale und 63 importierte Fälle. Alle Genome gehören zu bekannten Linien. BA.5.2 und BF.7 dominieren in Peking das Krankheitsgeschehen; sie sind für rund 90% aller Infektionen vor Ort verantwortlich.

„Obwohl unsere Daten nur aus Peking stammen, könnten die Ergebnisse aufgrund des häufigen Bevölkerungsaustauschs und des Vorhandenseins zirkulierender Stämme mit hoher Übertragbarkeit als Momentaufnahme für China betrachtet werden“, kommentieren die Autoren.

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Kommentar

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