Wer komplett aufhört zu rauchen, könnte sein Demenzrisiko reduzieren – wer einfach nur weniger raucht, jedoch nicht. Das hat eine neue, in JAMA Network Open veröffentlichte Studie ergeben [1].
Forscher unter der Leitung von Dr. Dong Wook Shin, Samsung Medical Center, Sungkyunkwan University School of Medicine in Seoul, Korea, fanden auch unerwartete Ergebnisse: Eine Verringerung des Zigarettenkonsums war anders als der komplette Verzicht sogar mit einem höheren Risiko für Demenzen assoziiert.
„Diese Kohortenstudie zeigte, dass die Raucherentwöhnung mit einem geringeren Risiko für alle Demenzen [einschließlich der Alzheimer-Krankheit und der vaskulären Demenz] verbunden war, verglichen mit einem gleichbleibend hohen Konsum“, kommentieren die Forscher. Allerdings sei Weniger-Rauchen mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert gewesen. „Daher sollte die Raucherentwöhnung und nicht die Reduzierung des Rauchens im Mittelpunkt der Bemühungen stehen, die Krankheitslast der Demenz zu verringern“, erklären die Forscher.
Strategien zur Raucherentwöhnung
Der Hintergrund ihrer Arbeit: Mehrere Beobachtungsstudien hatten zuvor ergeben, dass die Raucherentwöhnung mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden ist. Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass ihre Studie die 1. sei, die den Zusammenhang zwischen der Veränderung der Rauchintensität und dem Demenzrisiko untersucht habe.
Ihre Kohorte umfasste 789.532 Erwachsene (96% Männer; Durchschnittsalter 52 Jahre) aus Korea, die sich alle 2 Jahre einer Gesundheitsuntersuchung unterzogen hatten und bei der 1. Untersuchung Raucher waren. Sie wurden bis Ende 2018 nachverfolgt.
Die meisten Teilnehmer hatten mehr als 20 Jahre lang geraucht (80%). Bei der Untersuchung im Jahr 2011 hatten etwa 15% mit dem Rauchen aufgehört, 22% hatten ihren Konsum verringert, während 16% sogar mehr als zuvor geraucht hatten.
Während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6,3 Jahren traten 11.912 neue Demenzen auf. Darunter waren 8.800 Patienten mit der Alzheimer-Krankheit und 1.889 Patienten mit vaskulärer Demenz.
Die Raucherentwöhnung war mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden (8% weniger für alle Demenzerkrankungen, 6% für Alzheimer und 16% für vaskuläre Demenz), verglichen mit unverändert hohem Tabakkonsum. Dieses Ergebnis stimme mit früheren Studien überein, die ebenfalls gezeigt hätten, dass ein Rauchstopp mit einem geringeren Demenzrisiko assoziiert sei, so die Forscher.
Der Nutzen der Raucherentwöhnung in Bezug auf das Demenzrisiko zeigte sich bei jüngeren, aber nicht bei älteren Probanden, was darauf hindeutet, dass die Raucherentwöhnung bei jungen Erwachsenen mit einem größeren Nutzen verbunden ist.
Plädoyer für einen radikalen Rauchstopp
Überraschenderweise war die Strategie, weniger zu rauchen, im Vergleich zu keiner Änderung mit einem erhöhten Risiko für alle Demenzerkrankungen verbunden. Die Wissenschaftler berichten von einem um 25% erhöhtes Risiko bei Personen, die ihren Konsum um 50% oder mehr verringert hatten. Wer 20% bis 50% weniger rauchte, hatte immer noch ein um 6% erhöhtes Risiko.
Trotz des fehlenden Nutzens der langsamen Entwöhnung für das Demenzrisiko kann eine Intervention zur schrittweisen Raucherentwöhnung ein wichtiger erster Schritt sein. Dr. Dong Wook Shin und Kollegen
Das sogenannte „Sick-Quitter-Phänomen“ könnte hier zu einem Bias geführt haben: Möglicherweise verringern Menschen, die sich schlecht fühlen oder krank sind, ihren Konsum. Eine weitere denkbare Erklärung des Effekts könnte das kompensatorische Rauchen sein: Raucher konsumieren zwar weniger Zigaretten als zuvor, inhalieren jedoch tiefer, um ihren Nikotinspiegel auf einem höheren Niveau zu halten. Dadurch werde der denkbare Benefit für die Gesundheit zunichtegemacht, betonen die Autoren.
Ihr Fazit: „Trotz des fehlenden Nutzens der langsamen Entwöhnung für das Demenzrisiko kann eine Intervention zur schrittweisen Raucherentwöhnung ein wichtiger erster Schritt sein.“
Limitationen der Untersuchung
Zu den Einschränkungen der Studie gehören fehlende Informationen über den Bildungshintergrund der Teilnehmer. Auch hier gibt es, wie frühere Studien zeigen, Assoziationen mit Demenz. Zudem wurde der Spiegel an Apolipoprotein-E-ε4, einem Biomarker speziell für die Alzheimer-Demenz, nicht bestimmt. In der Studie fehlen auch Informationen über das Passivrauchen, über die Art des verwendeten Tabaks und über die Dauer der Raucherentwöhnung.
Die relativ kurze Nachbeobachtungszeit von 6 Jahren reicht möglicherweise nicht aus, um die Zusammenhänge zwischen Veränderungen beim Rauchen und dem Demenzrisiko vollständig zu klären.
Darüber hinaus war der schützende Effekt relativ gering (bereinigte Hazard Ratio 0,92). In Anbetracht der Prävalenz von Demenzen und der immer noch hohen Quote an Rauchern in vielen Ländern sei die Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit jedoch immer noch erheblich, schreiben die Autoren.
Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: © Yunusoglu
Lead image: Dreamstime.com
Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Ein radikaler Rauchstopp verringert Demenz-Risiken – überraschend: wer Tabakkonsum nur reduziert, erhöht sein Risiko - Medscape - 6. Feb 2023.
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