Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.
Corona-Newsblog, Update vom 2. Februar 2023
Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 92 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 1. Februar lag der Wert bei 88.
Unsere Themen heute:
Deutschland: Die Masken fallen – Lauterbach mahnt zur Vorsicht
Labormediziner: Niedrige Positivrate bei PCR-Tests
China: Impftourismus nach Hongkong
Corona und der Luftverkehr: Die Mär von der Sicherheit
Nach COVID-19: Hinweis auf mehr Autoimmunerkrankungen
Rekonvaleszenzplasma – (kein) Schnee von gestern?
Welchen Nutzen zeigt der bivalente Impfstoff von BioNTech/Pfizer als Booster bei Personen über 55 Jahren?
Die Masken fallen – Lauterbach mahnt zur Vorsicht
Am 1. Februar sind Maßnahmen zum Coronaschutz in etlichen Bundesländern ausgelaufen. Sowohl die Maskenpflicht im Nahverkehr als auch die Pflicht, sich nach einer Infektion zu isolieren, entfällt in etlichen Regionen – oder gehört bereits der Vergangenheit an. Nur in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gilt noch, nach einer Infektion zu Hause zu bleiben. Im Fernverkehr müssen Reisende künftig keinen Mund-Nasen-Schutz mehr tragen.
„Unsere Maßnahmen zur Vermeidung großer COVID-Winterwellen waren erfolgreich“, kommentiert Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach auf Twitter . „Daher kann die Maskenpflicht im Fernverkehr jetzt fallen. Trotzdem sollte man freiwillig eine Maske tragen. Ich tue es auch. Um kein Long-COVID zu riskieren und andere zu schützen.“
Prof. Dr. Torsten Bauer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, bestätigt, die pandemische Situation sei vorbei. „Das heißt, fast alle Menschen auf dieser Erde dürften mittlerweile Antikörper gegen dieses Virus haben. Und somit verläuft die Krankheit vollkommen anders, als wir das 2020 gesehen haben.“
Labormediziner: Niedrige Positivrate bei PCR-Tests
Die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) haben Ergebnisse einer weiteren Datenauswertung veröffentlicht. Zwischen 23. und 29. Januar haben fachärztliche Labore insgesamt 282.832 SARS-CoV-2-PCR-Tests durchgeführt. Davon wurden 57.622 Tests positiv befundet. Die Positivrate bleibt mit 20,4% auf einem niedrigen Level (Woche 2: 20,9%, Woche 3: 18,1%).
Alles in allem geben die teilnehmenden Labore an, dass bei PCR-Tests gegen SARS-CoV-2 rund 12% der maximalen Kapazität erreicht worden sei – wie auch schon in der Woche 2.
Alle Trends der letzten Wochen:

© Pressemeldung ALM
China: Impftourismus nach Hongkong
Wie die ARD berichtet, scheint sich in China ein gewisser Impftourismus bemerkbar zu machen. Da Behörden nach wie vor kein mRNA-Vakzin auf dem chinesischen Festland zugelassen haben, reisen betuchte Einwohner nach Hongkong, um sich mit dem BioNTech-Pfizer-Vakzin impfen zu lassen. Pro Dosis werden umgerechnet knapp 200 Euro fällig – nur wenige Chinesen können sich das leisten.
Angebote der Europäischen Union, mRNA-Impfstoffe kostenlos zu liefern, hat die Regierung Chinas bislang abgelehnt. Die Skepsis vieler Einwohner gegen Impfstoffe aus eigener Produktion ist jedoch groß.
Corona und der Luftverkehr: Die Mär von der Sicherheit
Internationale Reisen, allen voran der Flugverkehr, gelten als bedeutsame Wege der Verbreitung von SARS-CoV-2. Mit verpflichtenden Tests und später mit der Kontrolle von Impfzertifikaten haben Airlines und Flughafenbetreiber versucht, kranke Passagiere auszuschließen. Doch wie sinnvoll waren die Maßnahmen? Eine neue Studie liefert ernüchternde Resultate.
Im März 2022 haben Forschende mehrere Wochen lang Abwasserproben aus Terminals (n = 150) und aus Flugzeugen (n = 32) an 3 großen, internationalen Flughäfen im Vereinigten Königreich genommen. Die Proben wurden aufbereitet und per PCR untersucht.
100% der Proben aus den Flughäfen Heathrow und Bristol sowie 85% der Proben, aus dem Flughafen Edinburgh waren positiv für SARS-CoV-2. Proben aus Flugzeugen zeigten ebenfalls eine SARS-CoV-2-Positivrate von 93%. „Dies deutet auf eine hohe COVID-19-Prävalenz unter Passagieren und/oder Flughafenmitarbeitern hin“, kommentieren die Autoren.
Nach COVID-19: Hinweis auf mehr Autoimmunerkrankungen
Aufgrund etlicher Fallberichte stellte sich die Frage, ob COVID-19 mit einem höheren Risiko für Autoimmunerkrankungen in Verbindung steht. Antworten liefert eine neue, bislang nur als Preprint verfügbare Studie.
Aus Abrechnungsdaten der deutschen Routineversorgung zwischen Januar 2019 und Juni 2021 haben Forscher eine Kohorte mit 38,9 Millionen Personen gebildet. Sie identifizierten Personen mit PCR-bestätigtem COVID-19. Alle Patienten wurden 1:3 mit Kontrollpatienten ohne COVID-19 abgeglichen.
Insgesamt haben die Wissenschaftler 641.704 Patienten mit COVID-19 und 76.000 mit einer Autoimmunerkrankung eingeschlossen. Beim Vergleich der Inzidenzraten in der COVID-19- (IR =1 5,05; 95%-KI: 14,69-15,42) und der Kontrollgruppen (IR = 10,55, 95%-KI: 10,25–10,86) stellten sie eine um 42,63% höhere Wahrscheinlichkeit für eine neu aufgetretene Autoimmunität bei Infizierten fest.
Das höchste Inzidenzratenverhältnis wurde für Autoimmunerkrankungen der Vaskulitis-Gruppe beobachtet. Etwas niedriger waren die Werte für die Hashimoto-Thyreoiditis, die rheumatoide Arthritis oder das Sjögren-Syndrom. Patienten mit schwererem Verlauf von COVID-19 hatten ein höheres Risiko für neu auftretende Autoimmunerkrankungen.
„Eine SARS-CoV-2-Infektion ist folglich mit einem erhöhten Risiko verbunden, nach der akuten Phase der Infektion neu auftretende Autoimmunerkrankungen zu entwickeln“, schreiben die Autoren. Mechanistische Details sind unbekannt; womöglich triggern Autoantikörper, die bei Infektionen entstehen, Autoimmunerkrankungen.
Rekonvaleszenzplasma – (kein) Schnee von gestern?
Gerade zu Beginn der Pandemie galt Rekonvaleszenzplasma als Möglichkeit zur Therapie oder zur Postexpositionsprophylaxe bei Risikopatienten. Aufgrund neuer Medikamente ist diese Strategie von der Bildfläche verschwunden – zu Recht? Jetzt haben Forscher die vorhandene Evidenz im Rahmen einer Metaanalyse bewertet.
Ihre Arbeit umfasst 3 randomisierte klinische Studien mit 1.487 Teilnehmern. Zusätzlich wurden 125 Fallserien mit 265 Teilnehmern und 13 unkontrollierte große Fallserien mit 358 Teilnehmern eingeschlossen. Dabei zeigte sich, dass die Transfusion von COVID-19-Rekonvaleszenzplasma mit einer Verringerung der Sterblichkeit im Vergleich zur Kontrollkohorte verbunden war (Risikoverhältnis: 0,63; 95%-KI: 0,50-0,79).
„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Transfusion von COVID-19-Rekonvaleszentenplasma mit Mortalitätsvorteilen für Patienten verbunden ist, die immungeschwächt sind und COVID-19 haben“, schreiben die Autoren als Fazit.
Welchen Nutzen zeigt der bivalente Impfstoff von BioNTech/Pfizer als Booster bei Personen über 55 Jahren?
Welchen Nutzen zeigen Varianten-angepasste Vakzine in der Praxis? Neue Resultate liefert eine laufende Phase-3-Studie. Erwachsene über 55 Jahren, die zuvor 3 30-μg-Dosen des BNT162b2-Impfstoffs erhalten hatten, wurden randomisiert mehreren Gruppen zugeteilt:
30 μg oder 60 μg BNT162b2 (gegen den Wildtyp von SARS-CoV-2)
30 μg oder 60 μg monovalentes, BA.1-adaptiertes BNT162b2
30 μg (15 μg BNT162b2 + 15 μg monovalentes BA.1; bivalentes Vakzin)
60 μg (30 μg BNT162b2 + 30 μg monovalentes BA.1; bivalentes Vakzin)
Primäre Ziele waren die Bestimmung der Überlegenheit bzw. der Nichtunterlegenheit der BA.1-adaptierten Impfstoffe gegenüber BNT162b2 (30 μg).
Die Ergebnisse einen Monat nach der Impfung:
Bivalentes BA.1 (30 μg und 60 μg) und monovalentes BA.1 (60 μg) waren hinsichtlich der neutralisierenden Aktivität gegen BA.1 dem Vakzin BNT162b2 (30 μg) überlegen.
Bivalentes BA.1 (beide Dosen) und monovalentes BA.1 (60 μg) waren BNT162b2 (30 μg) in Bezug auf die Seronkonversion gegen BA.1 nicht unterlegen.
Bivalentes BA.1 (in beliebiger Dosierung) war BNT162b2 (30 μg) in Bezug auf die neutralisierende Wirkung gegen den Wildtyp nicht unterlegen.
Das Sicherheitsprofil beider Dosen von monovalentem oder bivalentem BA.1 war ähnlich wie das von BNT162b2 (30 μg).
Unerwünschte Ereignisse traten in den Gruppen mit monovalentem 30-μg-BA.1 (8,5%) und bivalentem 60-μg-BA.1 (10,4%) häufiger auf als in den anderen Gruppen (3,6 bis 6,6%).
„Die monovalenten oder bivalenten Omikron-BA.1-adaptierten Impfstoffkandidaten wiesen ein ähnliches Sicherheitsprofil auf wie BNT162b2 (30 μg), lösten erhebliche neutralisierende Reaktionen gegen ursprüngliche und Omikron-BA.1-Stämme aus und neutralisierten in geringerem Maße BA.4, BA.5 und BA.2sx.75“, fassen die Autoren zusammen.
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Credits:
Photographer: © Deanpictures
Lead Image: Dreamstime
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Diesen Artikel so zitieren: Masken fallen im Fernverkehr; Viren im Abwasser von Flugzeugen; mehr Autoimmunerkrankungen; Impftourismus nach Hongkong - Medscape - 2. Feb 2023.
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