Ende der Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen; Impfungen bald in der Regelversorgung; Lipidsenker als mögliche COVID-19-Therapie

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

26. Januar 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 26. Januar 2023

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 744 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 25. Januar lag der Wert bei 71.

Unsere Themen heute:

  • Impfungen auf dem steinigen Weg in die Regelversorgung

  • Arbeitsschutz: Die Masken fallen

  • Korrekte Schnelltests: Besser in der Apotheke als in der Tankstelle

  • Mehr Komplikationen bei SARS-CoV-2-Infektionen während der Schwangerschaft

  • Mit Lipidsenkern gegen Corona?

Impfungen auf dem steinigen Weg in die Regelversorgung

Noch bis zum 8. April 2023 übernimmt der Bund Kosten für COVID-19-Vakzine und für das ärztliche Honorar bei Impfungen. Doch wie geht es dann weiter?

„Alle an der Impfkampagne gegen COVID-19 beteiligten Akteure sind aufgefordert, mit vereinten Kräften für eine erforderliche Weiterführung der COVID-19-Schutzimpfungen einzutreten“, wird Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach zitiert. Von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und vom GKV-Spitzenverband fordert er, „bis Ende März 2023“ Verträge auf Landesebene für die Schutzimpfung zu schließen. Doch das kann dauern.

Arbeitsschutz: Die Masken fallen

Während der Pandemie musste die Bundesregierung Maßnahmen zum Arbeitsschutz mehrfach ändern. Eigentlich sollte die aktuell gültige Corona-Arbeitsschutzverordnung bis zum 7. April 2023 gehen. Doch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat andere Pläne. Er will alle Maßnahmen bereits zum 2. Februar 2023 aufheben. Wegen der zunehmenden Immunität in der Bevölkerung gehe die Zahl der Neuerkrankungen nun stark zurück, so der Minister. „Dank der umfangreichen Schutzmaßnahmen konnten Ansteckungen im Betrieb verhindert und Arbeits- und Produktionsausfälle vermieden werden.“

Derzeit sind Betriebe noch verpflichtet, durch eine Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen zum Infektionsschutz in einem Hygienekonzept festzulegen. Außerdem müssen Arbeitgeber zur Erhöhung der Impfquote beitragen.

Auf Grund der Regelungen zum Infektionsschutz bleibt aber die FFP2-Maskenpflicht unter anderem in Kliniken und Pflegeeinrichtungen sowie für Patienten und Besucher von Arztpraxen erhalten. Nach aktuellem Stand bis 7. April. 2 Bundesländer entlasten allerdings medizinisches Personal in Arztpraxen und ambulanten Einrichtungen: In Bayern und Baden-Württemberg endet die Pflicht für diese am 1. Februar. Die KBV verlangt nun das bundesweite Aus.

Korrekte Schnelltests: Besser in der Apotheke als in der Tankstelle

COVID-19-Tests waren eine wichtige Säule der Pandemie-Kontrolle. Zwar hat der Gesetzgeber die Kostenübernahme stark eingeschränkt. Forscher interessieren sich trotzdem für das Thema, denn nach der Pandemie ist im schlimmsten Falle vor der Pandemie. Hier ging es um die Frage, ob sich unterschiedliche Teststellen auch hinsichtlich der Qualität unterscheiden.

Während des Studienzeitraums wurden 7.112 Patienten mit Antigen-Schnelltests und 1.025 mit RT-PCR-Tests untersucht. Darunter befanden sich 233 Patienten, die von anderen Teststellen zur Bestätigung positiver Ergebnisse überwiesen wurden.

Für Antigentests in dem von Apothekern geleiteten Testzentrum errechneten die Autoren ein positiver prädiktiver Wert von 99,6%. Überwiesene Patienten aus nicht-medizinischen Einrichtungen waren in 16 Fällen antigen- und RT-PCR-negativ, was zu einem positiven Vorhersagewert von 88,8% führte. Der Unterschied zwischen den Standorten war statistisch signifikant (p < 0,05).

„Höhere Standards beim Antigentest können die Nukleinsäureamplifikation bei aktiven COVID-19-Infektionen überflüssig und die Tests kosteneffizient machen“, heißt es im Artikel. „Diese Studie liefert die weltweit ersten Daten über die Leistung von COVID-19-Tests und darüber, wie sie optimiert werden können.“ Ob – und wann – die Ergebnisse praxisrelevant werden, ist jedoch unklar.

Mehr Komplikationen bei SARS-CoV-2-Infektionen während der Schwangerschaft

Seit Beginn der Pandemie gelten Schwangere als vulnerable Gruppe für COVID-19. Doch wie sind neue Varianten zu bewerten? Das wollten Forscher in Erfahrung bringen.

An ihrer prospektive Beobachtungsstudie INTERCOVID-2022 waren 41 Krankenhäuser in 18 Ländern beteiligt. Die Forscher glichen Daten jeder Frau, bei der in der Schwangerschaft mittels Real-Time-PCR oder Schnelltest eine COVID-19-Diagnose im Labor bestätigt wurde, mit Daten von 2 Frauen ohne COVID-19-Diagnose ab.

Die Mutter und das Neugeborene wurden bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus beobachtet. Primäre Endpunkte waren der Morbiditäts- und Mortalitätsindex für Mütter (MMMI), der Index für schwere neonatale Morbidität (SNMI) und der Index für schwere perinatale Morbidität und Mortalität (SPMMI). Die Wirksamkeit des Impfstoffs wurde unter Berücksichtigung des mütterlichen Risikoprofils geschätzt.

Die Forscher haben 4.618 schwangere Frauen zwischen dem 27. November 2021 (dem Tag, nachdem die WHO Omikron zu einer besorgniserregenden Variante erklärt hatte) und dem 30. Juni 2022 erfasst. 1.545 (33%) Frauen hatten eine COVID-19-Diagnose (mediane Schwangerschaftsdauer 36,7 Wochen), und 3.073 (67%) Frauen mit ähnlichen demografischen Merkmalen hatten kein COVID-19.

  • Insgesamt hatten Frauen mit einer COVID-Diagnose ein erhöhtes Risiko für MMMI (relatives Risiko [RR] 1,16 [95%-KI 1,03-1,31]) und SPMMI (RR 1,21 [95%-KI 1,00-1,46]).

  • Frauen mit einer COVID-Diagnose hatten im Vergleich zu Frauen ohne Diagnose auch ein erhöhtes Risiko für SNMI (RR 1-23 [95%-KI 0-88-1-71]), obwohl die unteren Grenzen der 95 %-KI sich überschneiden.

  • Ungeimpfte Frauen mit COVID-19 hatten ein höheres Risiko für MMMI (RR 1-36 [95%-KI 1,12-1,65]).

  • Schwere COVID-19-Symptome in der Gesamtstichprobe erhöhten das Risiko schwerer mütterlicher Komplikationen (RR 2,51 [95%-KI 1,84-3,43]), perinataler Komplikationen (RR 1,84 [95%-KI 1,02-3,34]), Einweisungen auf die Intensivstation oder Tod (RR 11,83 [95%-KI 6-67-20-97]).

  • Schwere COVID-19-Symptome bei nicht geimpften Frauen erhöhten das Risiko einer MMMI (RR 2,88 [95%-KI 2,02-4,12]) und einer Überweisung, einer Aufnahme in die Intensivstation oder Tod (RR 20-82 [95%-KI 10,44-41,54]).

2.886 (63%) der insgesamt 4.618 Teilnehmerinnen hatten mindestens 1 Dosis eines Impfstoffs erhalten, und 2.476 (54%) der 4618 Teilnehmer hatten entweder eine vollständige oder eine Auffrischungsdosis erhalten.

Die Wirksamkeit des Impfstoffs – über alle Hersteller hinweg – lag in Bezug auf schwere COVID-19-Komplikationen betrug bei vollständiger Impfung 48% (95%-KI 22-65%) und nach einer Auffrischungsdosis 76% (47-89%). Bei Frauen mit einer COVID-19-Diagnose lag die Wirksamkeit aller Impfstoffe zusammen bei 74% (95%-KI 48-87%) und bei 91% (65-98%) nach einer Auffrischungsdosis.

„COVID-19 in der Schwangerschaft, während der ersten 6 Monate der Omikron-Variante, war mit einem erhöhten Risiko schwerer mütterlicher Morbidität und Mortalität verbunden, insbesondere bei symptomatischen und nicht geimpften Frauen“, so das Fazit der Autoren. „Bei Frauen mit vollständiger oder erhöhter Impfstoffdosis war das Risiko für schwere Symptome, Komplikationen und Tod geringer. Die Durchimpfung von Schwangeren bleibt eine Priorität.“

Mit Lipidsenkern gegen Corona?

PCSK9-Hemmer sind eine Gruppe von Lipidsenkern, die PCSK9 (das Enzym Proproteinkonvertase Subtilisin Kexin Typ 9) hemmen. Sie sind schon länger im Fokus der Wissenschaft. PCSK9 ist an der Homöostase von Low-Density-Lipoprotein-Rezeptoren beteiligt, was einen potenziellen Einfluss auf die Gefäßentzündung und die Entzündungsreaktion bei COVID-19 hat.

In einer doppelblinden, placebokontrollierten, multizentrischen Pilotstudie wurden 60 Patienten, die wegen einer schweren COVID-19-Pneumonie und einem Verhältnis von arteriellem Sauerstoffpartialdruck zur Fraktion des eingeatmeten Sauerstoffs von höchstens 300 mmHg hospitalisiert waren, im Verhältnis 1:1 randomisiert. Sie bekamen eine einzelne subkutane Injektion von Evolocumab (140 mg) oder Placebo.

Bei Patienten, welche den PCSK9-Inhibitor erhielten, war die Rate der Todesfälle oder der Notwendigkeit einer Intubation innerhalb von 30 Tagen im Vergleich zu Placebo niedriger (23,3% gegenüber 53,3%, Risikodifferenz -30%; 95%-KI 53,40% bis -6,59%).

Der Serum-Spiegel an Interleukin-6 (IL-6) verringerte sich unter dem PCSK9-Hemmer im Laufe der Zeit schneller als unter Placebo (Rückgang nach 30 Tagen: -56% gegenüber -21%). Bei Patienten mit einem Ausgangswert von IL-6 über dem Medianwert war die Sterblichkeit unter PCSK9-Hemmung niedriger als unter Placebo (Risikodifferenz: -37,50%; 95%-KI -68,20% bis -6,70 %). Hohe IL-6-Werte deuten auf eine systemische Entzündungsreaktion hin.

„Die PCSK9-Hemmung reduzierte im Vergleich zu Placebo den primären Endpunkt Tod oder Notwendigkeit einer Intubation und die IL-6-Werte bei schwerer COVID-19“, heißt es als Resümee. „Bei Patienten, die zum Zeitpunkt der Randomisierung eine stärkere Entzündung aufwiesen, war die Überlebensrate unter PCSK9-Hemmung besser als unter Placebo, was darauf hindeutet, dass die Intensität der Entzündung für den therapeutischen Nutzen verantwortlich sein könnte.“

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Kommentar

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