Bei der Katheterablation des persistierenden Vorhofflimmerns hat es keinen zusätzlichen Nutzen, neben der Lungenvene auch die posteriore Wand des Vorhofs zu isolieren. Dies zeigt eine randomisiert-kontrollierte Studie für Patienten, die noch nicht lange an Vorhofflimmern leiden und ansonsten relativ gesund sind. Die Ergebnisse wurden in JAMA veröffentlicht [1].

Prof. Dr. Roland Richard Tilz
Bestehen beim Patienten dagegen Begleiterkrankungen und liegen ausgeprägte Narben- und Substratareale im Herzen vor, dann „sieht die Lage möglicherweise anders aus“, betont Prof. Dr. Roland Richard Tilz, Direktor der Klinik für Rhythmologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck.
Ablation der Hinterwand soll Effektivität verbessern
Bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern ist eine Pulmonalvenen-Isolation weniger effektiv als bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern. Häufig wird deshalb auch die posteriore Wand des linken Vorhofs isoliert, um den Erfolg einer Katheterablation bei persistierendem Vorhofflimmern zu erhöhen.
„Sie hat den gleichen embryonalen Ursprung wie die Pulmonalvene, eine komplexe Architektur und neigt Fibrose-bedingt zur Leitungsverzögerung“, schreibt Dr. Rod Passman vom Northwestern University Center for Arrhythmia Research in Chicago, USA, in einem begleitenden Editorial [2]. „Das macht die posteriore Wand zu einer Quelle für Vorhofflimmern-Trigger und zu einem vulnerablen Substrat für die Aufrechterhaltung der Arrhythmie, wenn sie einmal ausgelöst wurde.“
Ob eine zusätzliche Isolation der posterioren Wand bei persistierendem Vorhofflimmern erfolge, hänge in Deutschland vor allem von den Standards des jeweiligen Zentrums ab, erklärt Tilz.
An der in Australien, Kanada und dem Vereinigten Königreich durchgeführten Studie nahmen insgesamt 338 Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern teil. Bei einer Hälfte der Patienten wurde sowohl eine Lungenvenen-Isolation als auch eine Isolation der posterioren Hinterwand durchgeführt. Die restlichen Patienten erhielten ausschließlich eine Pulmonalvenen-Isolation. Nach dem Eingriff wurden sie ein Jahr lang nachbeobachtet.
Die Patienten waren im Schnitt 65 Jahre alt, hatten einen CHA2DS2-VASc-Score von 2, eher wenig Begleiterkrankungen und wurden zum ersten Mal ablatiert.
In beiden Gruppen blieb die Hälfte rezidivfrei
Als primären Endpunkt wählten Erstautor Dr. Peter M. Kistler vom Heart Centre at the Alfred Hospital in Melbourne, Australien, und seine Kollegen die Freiheit von Vorhofflimmern-Episoden ohne antiarrhythmische Medikation.
Den primären Endpunkt hatten in der Gruppe mit zusätzlicher Ablation der atrialen Hinterwand nach 12 Monaten 52,4% der Patienten erreicht. Bei den Patienten, bei denen nur die Pulmonalvene isoliert worden war, hatten in dieser Zeit 53,6% ein Rezidiv des Vorhofflimmerns. Der Unterschied zwischen den beiden Studienarmen war statistisch nicht signifikant.
Kränkere Patienten könnten von zusätzlicher Ablation profitieren
Kistler und seine Kollegen schauten sich außerdem 30 sekundäre Endpunkte an, aber auch hier gab es „keine bahnbrechenden Auffälligkeiten“, so Tilz bei der Bewertung der Studienergebnisse. Erwartungsgemäß dauerten die Eingriffe mit zusätzlicher Isolation der posterioren Hinterwand länger als die Katheterablationen, die diesen Schritt ausließen.
In seinem Editorial weist Passman darauf hin, dass „viele Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern wenig bis keine Fibrose in der Hinterwand des linken Vorhofs und keine Hinweise auf Low-Voltage-Areale aufweisen. Der Nutzen einer empirischen Isolation einer scheinbar gesunden posterioren Wand bei allen Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern könnte deshalb begrenzt sein.“
Tilz betont: „Die Studie ist eine wichtige Ergänzung der Datenlage, heißt aber nicht, dass man die posteriore Wandisolation nicht mehr durchführt.“ Erst im Oktober habe eine Studie der Universitätsmedizin Dresden gezeigt, dass eine zusätzliche Ablation bei „kränkeren“ Patienten mit länger andauerndem persistierendem Vorhofflimmern durchaus einen Einfluss auf das Ergebnis haben könne.
Neues Verfahren ist schneller und komplikationsärmer
Ändern könnte sich die Beurteilung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses einer zusätzlichen Ablation der posterioren Hinterwand künftig durch ein neuartiges Ablationsverfahren. „In der Studie erfolgten die Ablationen mittels Radiofrequenzenergie“, so Tilz. „Mit dieser Methode dauern die Katheterablationen, die auch die Hinterwand isolieren, länger und sind auch etwas riskanter, da man nahe an der Speiseröhre arbeitet.“
Immer mehr Katheterlabore nutzen aber mittlerweile die sogenannte Pulsed-Field-Ablation, die ohne thermische Energie auskommt. Die Läsionen werden bei dieser Methode durch Abgabe kurzer, gepulster elektrischer Felder mit hoher Amplitude erzeugt. Dies steigert die Zellpermeabilität, und es kommt zu einem freien Fluss von Ionen und Molekülen, der letztlich im Zelltod mündet (irreversible Elektroporation).
„Die Pulsed-Field-Ablation ist schneller und komplikationsärmer durchführbar. Wir führen mit diesem Verfahren bereits ambulante Vorhofflimmern-Ablationen durch“, sagt Tilz.
Ob neue Energieformen wie Pulsed-Field-Ablation oder Ultra-Niedrigtemperatur-Kryoablation dauerhafte transmurale Läsionen ermöglichen werden, die sich auch in bessere Outcomes für diese Patienten übertragen lassen, werde man sehen müssen, schließt Passman. „Aber ihre günstigen Risikoprofile erlauben einen dringend benötigten Optimismus.“
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Diesen Artikel so zitieren: Katheterablation des persistierenden Vorhofflimmerns: Kann man sich die Hinterwand womöglich sparen? - Medscape - 26. Jan 2023.
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