Schützt Krankheit vor Kündigung oder ist das ein Mythos des Arbeitsrechts? Wann eine Entlassung trotz Krankmeldung möglich ist

Nadine Ettling

Interessenkonflikte

25. Januar 2023

Viele glauben, wer krank ist, könne nicht gekündigt werden. Dann ist oft die Rede vom krankheitsbedingten Kündigungsschutz. Doch den gibt es nicht. Wann Kündigungen trotz Krankmeldung möglich sind, erklärt Nadine Ettling, Fachanwältin für Medizinrecht bei der Anwaltskanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht.

Nadine Ettling

Wer krank ist, der ist vor einer Kündigung geschützt. Diese Annahme ist weit verbreitet – und falsch. Denn unter bestimmten Voraussetzungen kann während einer Krankheit oder sogar deswegen eine Kündigung ausgesprochen werden. Deshalb ist es notwendig, dass Sie als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin wissen, wann dies möglich ist, aber auch, wenn Sie in einem Angestelltenverhältnis arbeiten.

Auf die Größe des Betriebs kommt es an

Beim Thema Kündigung kommt es auf die Größe des Betriebs an. So kann in Kleinbetrieben das Arbeitsverhältnis jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfristen gekündigt werden.

Für Betriebe mit mehr als 10 Arbeitnehmern gelten andere Regeln. Hier kommt das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung. Entsprechend können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam kündigen. Liegt einer der gesetzlich vorgesehenen Gründe vor, kann die Kündigung auch während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Doch welche Gründe können das sein?

Gründe für eine ordentliche Kündigung

Die in Frage kommenden Gründe für eine ordentliche Kündigung durch Arbeitgeber teilt das Kündigungsschutzgesetz in verhaltensbedingte, personenbedingte und betriebsbedingte Gründe ein.

Eine andauernde Krankheit, wegen der eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung mehr erbringen kann, kann einen solchen personenbedingten Grund darstellen.

Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung

Damit eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam wird, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Negative Gesundheitsprognose: Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitnehmerin oder der der Arbeitnehmer auch zukünftig in erheblichem Umfang krankheitsbedingt ausfallen wird. 

  2. Beeinträchtigung der wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. 

  3. Überwiegendes Interesse des Arbeitgebers: Die Kündigung muss das letzte Mittel sein, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren. Hieran fehlt es vor allem dann, wenn zuvor kein betriebliches Eingliederungsmanagement stattgefunden hat.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung von der arbeitgebenden Partei zu beweisen. Da sie in den wenigsten Fällen verlässliche Informationen zur Gesundheitsprognose haben, ist eine krankheitsbedingte Kündigung in der Praxis meist mit einem Risiko behaftet und sollte erst nach eingehender Prüfung ausgesprochen werden.

Dieser Artikel ist im Original am 16. Januar 2023 erschienen auf Coliquio.de.
 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....