Wenige Minuten kräftige Bewegung am Tag scheinen das Sterberisiko um fast 40% zu verringern – ein Paradigmenwechsel?

Michael Simm

Interessenkonflikte

20. Januar 2023

Menschen, die keinen Sport treiben, sich aber täglich zirka 3-mal jeweils 1 oder 2 Minuten kräftig bewegen, haben ein stark reduziertes Mortalitätsrisiko. Dauerten diese Aktivitäten in der Summe etwa 4,5 Minuten, war die Gesamtsterblichkeit etwa um 1 Viertel verringert. Zu dem Ergebnis kommt eine britische Studie [1].

Welchen Nutzen haben kräftige intermittierende physische Aktivitäten?

Der Hintergrund: Zur Förderung der Gesundheit und zur Senkung kardiovaskulärer Risiken empfehlen Fachgesellschaften ein erhebliches Maß an Bewegung. Mindestens 150 Minuten moderater Aktivität pro Woche fordert beispielsweise die WHO – auch von Menschen mit Behinderungen. 

Die Empfehlungen beruhen zwar auf großen Assoziationsstudien, allerdings ist der Beitrag einzelner Bewegungsparameter wie Dauer, Intensität/Leistung oder Frequenz bislang nicht im Detail geklärt. Fitnessarmbänder und Sportuhren könnten zur Klärung dieser Fragen beitragen. Solche Tools haben den Vorteil, dass sie über Sport- und Freizeitaktivitäten hinaus auch kräftige intermittierende physische Aktivitäten im Alltag („vigorous intermittent lifestyle physical activities“, VILPA) erfassen. Technische Voraussetzungen dieser Art ermöglichen es Forschern, spezifische Fragestellungen zu untersuchen. 

Studie mit 25.000 Teilnehmern 

Die Studie stützt sich auf die Daten aus den tragbaren Akzelerometern von 25.241 Teilnehmern der UK Biobank, darunter 56,2% Frauen. Sie waren durchschnittlich 61,8 Jahre alt, hatten angegeben, in ihrer Freizeit nicht körperlich aktiv zu sein, und waren im Mittel 6,9 Jahre lang nachverfolgt worden. Wissenschaftler erfassten die Assoziation von VILPA mit der Gesamtsterblichkeit, mit der Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.

Auch kräftige Aktivität scheint die Gesundheit zu schützen

Während der Nachverfolgungszeit ereigneten sich 852 Todesfälle. 

Zwischen VILPA und allen 3 Outcomes fand sich eine inverse, nahezu lineare Assoziation: Beim Vergleich von Teilnehmern, deren VILPA-Werte dem Median entsprachen (täglich 3 kräftige Betätigungen mit jeweils 1 oder 2 Minuten Dauer) mit solchen ohne VILPA war die Gesamt- und Krebssterblichkeit um 38 bis 40% reduziert. Die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit hatte sich um 48% bis 49 % verringert.

Die mediane Dauer der VILPA unter den Teilnehmern betrug 4,4 Minuten täglich und war mit einer Reduktion der Gesamt- und Krebssterblichkeit von 26% bis 30% assoziiert, bei einer Verringerung der Herz-Kreislaufmortalität von 32% bis 34%.

Die Forscher wiederholten ihre Analyse mit 62.344 Teilnehmern der UK-Biobank, die Sport trieben, und kamen dabei zu ähnlichen Ergebnissen.

Neue Empfehlungen zur körperlichen Aktivität?

Die Autoren vermeiden es, von Kausalität zu sprechen – das lässt ihr Studiendesign auch nicht zu. Möglich wäre, dass Menschen, die zu kurzen, aber heftigen, Aktivitäten neigen, fitter sind. Dennoch wird darauf verwiesen, dass derartige Aktivitäten bei Sporttreibenden und Bewegungsmuffeln ähnliche Effekte auslösen würden. „Dies legt nahe, dass VILPA ein geeignetes Zielkriterium für körperliche Aktivitäten ist – insbesondere bei Menschen, die keine sportlichen Übungen machen können oder wollen“, heißt es in der Veröffentlichung. 

Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.

 

Kommentar

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