3 Jugendliche mit Influenza sterben nach Sekundärinfektion – RKI rät zu mehr Screenings auf Bakterien wie Streptokokken 

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

18. Januar 2023

Zwar ist die Zahl an akuten Atemwegserkrankungen (ARE) in der Bevölkerung mittlerweile gesunken – auf 4,7% (Woche 1). In der Vorwoche waren es 7,3%. Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt, der aktuelle Wert liege im Bereich der vorpandemischen Jahre. Anlass zur Sorge besteht aber dennoch: In Sachsen-Anhalt sind 3 Jugendliche nach Influenza-Infektionen aufgrund von Sekundärinfektionen gestorben [1].

Bei Influenza differentialdiagnostisch an bakterielle Infektionen denken

Sie hatten, wie das RKI weiter berichtet, Symptome einer bakteriellen Meningitis. Gleichzeitig wurden in allen 3 Fällen Influenza-A-Viren nachgewiesen. In 2 Fällen gelang es außerdem, per Blutkultur Streptococcus pyogenes zu identifizieren; in 1 Fall war Staphylococcus aureus vorhanden. Hinweise auf Multiresistenzen gab es nicht. Jetzt warnt das RKI: „Die 3 Todesfälle weisen auf einen Anstieg schwerer Erkrankungen durch bakterielle Sekundärinfektionen nach Influenza-A-Infektion hin.“ 

In der laufenden Influenzasaison waren Schulkinder und Jugendliche stark betroffen, an Grippe zu erkranken. Worauf sollten Ärzte achten? „Sekundärinfektionen durch bakterielle Erreger, wie Gruppe-A-Streptokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenzae und Staphylococcus aureus treten insbesondere während der Influenza- und Erkältungszeit auf und sollten neben Meningokokken differentialdiagnostisch bei schwerwiegenden bakteriellen Infektionen wie einer Meningitis oder Sepsis berücksichtigt werden“, lautet die Empfehlung. „Vermutlich erhöht eine Primärinfektion beispielsweise mit Influenzaviren das Risiko für einen schweren Verlauf durch diese bakteriellen Erreger.“

Ein europäisches Problem

Nicht nur Deutschland ist betroffen. Vor wenigen Wochen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von einem Anstieg der Infektionen mit invasiven Streptokokken der Gruppe A (iGAS) bei Kindern unter 10 Jahren gewarnt. Berichte kamen u.a. aus Frankreich, aus Irland, aus den Niederlanden, aus Schweden und aus dem Vereinigten Königreich, und zwar seit Ende 2022. 

Im gleichen Zeitraum wurden der WHO auch mehrere Todesfälle in Zusammenhang mit iGAS-Erkrankungen bei Kindern unter 10 Jahren gemeldet, vor allem aus Frankreich, aus Irland und aus dem Vereinigten Königreich. In Frankreich und im Vereinigten Königreich war die Zahl der bei Kindern beobachteten iGAS-Fälle um ein Mehrfaches höher als vor der Pandemie. 

„Es ist wahrscheinlich, dass die Zunahme der iGAS-Erkrankungen bei Kindern auch mit der jüngsten Zunahme der Verbreitung von respiratorischen Viren, einschließlich der saisonalen Influenza und des respiratorischen Synzytialvirus, zusammenhängt“, heißt es weiter. Koninfektionen würden das Risiko erhöhen. 

Worauf sollten Ärzte achten?

Zum Hintergrund: GAS sind die häufigste Ursache einer bakteriellen Pharyngitis bei Kindern im Schulalter. Sie verursachen in der Regel leichte Erkrankungen wie Halsschmerzen, Kopfschmerzen und Fieber sowie einen roten Ausschlag (Scharlach). Die Erkrankung erreicht in Europa normalerweise in den Wintermonaten und zu Beginn des Frühjahrs ihren Höhepunkt. Ausbrüche in Kindergärten und Schulen kommen häufig vor. Die GAS-Pharyngitis wird durch einen Antigen-Schnelltest und/oder eine Bakterienkultur diagnostiziert und mit Antibiotika behandelt. Je nach Beschwerden kommen symptomatische Therapien mit hinzu. 

In seltenen Fällen können GAS auch eine schwere, lebensbedrohliche Infektion verursachen, die sich als Bakteriämie, Lungenentzündung oder Haut- und Knocheninfektion (Zellulitis, Osteomyelitis, nekrotisierende Fasziitis) äußert. Kinder mit Virusinfektionen wie Varizellen (Windpocken) oder Influenza haben ein höheres Risiko, an iGAS zu erkranken.

Schwierige Risikobewertung auf europäischer Ebene

GAS/iGAS-Infektionen müssen nur in einzelnen europäischen Ländern gemeldet werden. „Daher ist es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig, den Gesamtumfang der Verbreitung in der Europäischen Region der WHO zu beurteilen“, schreibt die Weltgesundheitsorganisation. „Obwohl die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, deuten Typisierungsdaten darauf hin, dass der Anstieg der Fälle weder mit einem spezifischen oder neuen Stamm noch mit einer Zunahme der Antibiotikaresistenz von GAS zusammenhängt.“ 

Das WHO-Regionalbüro für Europa und das ECDC schätzen Risiken durch iGAS-Infektion für die Allgemeinbevölkerung derzeit als gering ein. 

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