Im vergangenen Jahr sind in Deutschland und in den Niederlanden Isolate multiresistenter Gram-negativer Bakterien deutlich öfter nachgewiesen worden, darunter einfach und zweifach Carbapenemase-produzierende Stämme von Klebsiella pneumoniae [1,2].
Befragungen von Patienten und genetische Analysen ergeben eine Assoziation zu Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet und schon in ihrer Heimat stationär behandelt worden sind. Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) empfiehlt, Geflüchtete gezielt nach Klinikaufenthalten zu befragen und gegebenenfalls auf multiresistente Keime (MDROs) zu screenen. Eine therapeutische Option bei schweren Infektionen mit multiresistenten K. pneumoniae ist die Kombination aus Aztreonam mit Ceftazidim/Avibactam.
Offene Fragen zur Verbreitung multiresistenter Keime
Zum Hintergrund: Seit 2016 sind in Deutschland Besiedelungen und Infektionen des Menschen mit Carbapenemase-produzierenden Enterobakterien (CPE) meldepflichtig. Dazu gehören unter anderem Klebsiellen, die Carbapenemasen produzieren, zum Beispiel die New-Delhi-Metallobetalaktamase (NDM) und/oder OXA-48. In der Vergangenheit wurden auch K. pneumoniae-Stämme mit Zweifach-Carbapenemasen (NDM/Oxa-48) plus Colistinresistenz isoliert.
Nach dem Rückgang der Zahl an CPE-Isolaten in Deutschland während der COVID-19-Pandemie ist deren Zahl seit März 2022 über ein Niveau der präpandemischen Ära hinaus angestiegen. Darunter befinde sich vor allem Carbapenemase-bildende K. pneumoniae. Jetzt hat das Nationale Referenzzentrum (NRC) K. pneumoniae-Stämme phäno- und genotypisch charakterisiert und Patientenfälle ausgewertet.
Untersuchung von 335 Isolaten
Ab März 2022 erhielt das NRC 335 Isolate unterschiedlicher K. pneumoniae Stämme, die NDM-1 oder NDM-1/Oxa-48 Carbapenemasen bildeten. Der Anstieg basierte vor allem auf Klebsiellen-Stämmen mit NDM-Carbapenemasen, zu einem geringeren Anteil auch auf Oxa-48-Carbapenemase-produzierenden Erregern.
Bei 24% der K. pneumoniae-Isolate hatten sich die Infizierten zuvor in der Ukraine aufgehalten, in den Jahren 2017 bis 2021 hatte dieser Anteil lediglich bei 0,2% gelegen.
Auch bei anderen NDM-bildenden CPE wurden Zunahmen beobachtet, allerdings nicht so stark wie bei den Klebsiellen. Die meisten Isolate stammten aus Wundinfektionen, im Allgemeinen sind NDM-bildende Klebsiellen in den Harnwegen lokalisiert.
Auch aus einem Bericht der Niederlande ans das ECDC geht ein deutlicher Anstieg der CPE-Zahlen zwischen März und August 2022 hervor. Außer Klebsiellen waren dies Carbapenemase-produzierende Stämme von Pseudomonas aeruginosa, Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii (CRAB) und Methicillin-resistene Staphylococcus-aureus-Isolate. Der Bezug zu Patienten, die aus der Ukraine gekommen waren, bestand hier ebenfalls deutlich stärker als in der Vergangenheit, nämlich zu 21-52%.
Als therapeutische Option bei schweren Infektionen mit multiresistenten K. pneumoniae wird die Kombination Aztreonam plus Ceftazidim/Avibactam genannt.
Risikopatienten gezielt auf multiresistente Erreger screenen
Das ECDC und auch die deutsche Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention empfehlen, Patienten, die in Ländern mit hohen Antibiotikaresistenzraten stationär behandelt worden sind, auf CPE zu screenen. Dazu gehört auch die Ukraine.
Für den aktuellen Anstieg speziell der multiresistenten K. pneumoniae-Isolate in Deutschland gebe es vermutlich weitere Ursachen als den Krieg in der Ukraine, so die Autoren des deutschen Arzikels. Eine Zusendung aller entsprechenden Isolate aus Laboren an das NRC wäre wünschenswert, um mit Hilfe der genauen phäno- und genotypischen Typisierung die Quellen zu finden.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.
Credits:
Photographer: © Monika Wisniewska
Lead Image: Dreamstime
Medscape Nachrichten © 2023 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Carbapenemase-bildende Klebsiellen treten häufiger in Deutschland auf – diese Patienten haben ein besonders hohes Risiko - Medscape - 17. Jan 2023.
Kommentar