Patienten bleiben bei der Stange: Antiepileptikum Perampanel erreicht Retentionsrate von über 70%

Pauline Anderson

Interessenkonflikte

13. Januar 2023

Nashville, USA – In einer neuen Studie konnte gezeigt werden, dass die Retentionsrate (Prozentsatz an Patienten, der nach einem bestimmten Zeitraum das Medikament noch einnimmt) bei erwachsenen Patienten mit Epilepsie für das Antiepileptikum Perampanel (Eisai Co, Ltd) bei über 70% liegt. Die Ergebnisse wurden kürzlich auf dem 76. Jahreskongress der American Epilepsy Society (AES) vorgestellt [1].

Nach den ersten Ergebnissen der PERPRISE-Studie wurden die höchsten Quoten erzielt, wenn das Medikament früh in das Behandlungsregime integriert und als Zusatztherapie verwendet wurde. Außerdem lag die Anfallsfreiheit bei einem Einsatz als Zusatztherapie bei 72%.

 
Die Zwischenergebnisse zeigen, dass Perampanel eine günstige Retentionsrate hat. Dr. Tobias Goldmann
 

„Die Zwischenergebnisse zeigen, dass Perampanel eine günstige Retentionsrate hat. Sie hängt davon ab, wann und wie es eingesetzt wird“, sagte der Mitautor der Studie Dr. Tobias Goldmann, Wissenschaftler bei der Eisai GmbH in Deutschland gegenüber Medscape. „Diese Analyse vermittelt uns ein Bild davon, wie Perampanel in der klinischen Praxis in Deutschland eingesetzt wird“, fügte er hinzu.

 
Diese Analyse vermittelt uns ein Bild davon, wie Perampanel in der klinischen Praxis in Deutschland eingesetzt wird. Dr. Tobias Goldmann
 

Die ersten 100 Patienten

Perampanel ist ein selektiver, nicht kompetitiver AMPA-Rezeptor-Antagonist. In den USA ist es als Monotherapie und als Zusatztherapie für fokale Anfälle bei epilepsiekranken Kindern ab 4 Jahren und als Zusatztherapie bei der Behandlung primär generalisierter tonisch-klonischer Anfälle (pGTKA) ab 12 Jahren vorgesehen. In Deutschland und EU-weit ist es als Zusatztherapie bei fokalen Anfällen für Patienten mit Epilepsie ab 4 Jahren und bei generalisierten tonisch-klonischen Anfälle bei idiopathischer generalisierter Epilepsie (IGE) ab 7 Jahren zugelassen.

Die laufende 12-monatige, multizentrische, prospektive Beobachtungsstudie PERPRISE (PERampanel in patients with PRImary or SEcondarily generalized seizures) untersucht die Wirksamkeit von Perampanel als einziger Zusatzmedikation für Erwachsene mit fokalen bis bilateral tonisch-klonischen Anfällen (FBTCS) oder GTKA bei fokaler Epilepsie oder IGE in der klinischen Praxis in Deutschland. 

In die 6-Monats-Zwischenanalyse wurden die ersten 100 erwachsenen Patienten einbezogen, die in den zurückliegenden 3 Monaten mindestens einen Anfall erlitten und mindestens eine Dosis Perampanel erhalten hatten.

Von der Gesamtpopulation erhielten 43 Teilnehmende (46,5% Frauen; mittleres Alter 46 Jahre; mittlere Erkrankungsdauer an Epilepsie 13,8 Jahre) Perampanel als einzige Zusatztherapie zu einer aktuellen Monotherapie mit Antiepileptika (Add-on-Gruppe). Darüber hinaus bekamen 55 Teilnehmende (54,4% Frauen; mittleres Alter 36 Jahre; mittlere Erkrankungsdauer 19,5 Jahre) Perampanel als Ersatz für ein Antiepileptikum in der derzeitigen Doppeltherapie (Substitutionsgruppe). Zu 2 Teilnehmenden fehlten Daten.

Nach 6 Monaten lag die mittlere Dosis bei 4,6 mg/Tag in der Add-on-Gruppe und bei 6,3 mg/Tag in der Substitutionsgruppe. Das Dosierungsspektrum des Medikaments liegt, so die Forschenden, zwischen 2 und 12 mg/Tag.

Früher versus später Behandlungsbeginn 

Die Zwischenanalyse zeigte, dass die Gesamtretentionsrate 78% betrug (95%-Konfidenzintervall: 68,6–85,7). Diese Rate war in der Add-on-Gruppe mit 83,7% höher als in der Substitutionsgruppe (72,7%).

Die Forschenden bewerteten auch die Retentionsrate in Abhängigkeit davon, ob Perampanel als zweites oder drittes Medikament gegen ein Anfallsleiden (frühe Anwendung), als viertes oder fünftes Medikament (mittlere Anwendung) oder als sechstes oder noch späteres Medikament (späte Anwendung) im Behandlungsregime eingesetzt wurde. Die Retentionsrate lag für die frühe Einnahme bei 86,8%, für die mittlere bei 80,6% und für die späte bei 62,1%. „Die höchste Retentionsrate findet sich in der Gruppe der frühen Einnahme, aber auch bei später Einnahme halten immer noch 60% daran fest“, so Goldmann. 

Die Daten zur Anfallsfreiheit für mindestens 3 Monate bei FBTCS und GTKA waren ähnlich. Die Gesamtrate lag bei 58,8%. In der Add-on-Gruppe betrug die Rate 72,2% gegenüber 47,9% in der Substitutionsgruppe. Die anfallsfreien Raten lauteten 64,7%, 63,0% bzw. 43,5% in der frühen, mittleren bzw. späten Gruppe.

„Auch hier ist die Zahl in der Add-on-Gruppe etwas höher als in der Gesamtgruppe“, sagte Goldmann. „Schaut man sich die 6-Monats-Rate der Anfallsfreiheit bei frühem, mittleren und späten Anwendungsbeginn an, sieht man wiederum, dass die höchsten Raten bei denen zu finden sind, die den Wirkstoff früh ergänzt haben.“

Etwa 48% der Patienten berichteten von behandlungsbedingten unerwünschten Ereignissen (UE). Am häufigsten wurden Müdigkeit, Schwindel und Reizbarkeit genannt. Etwa 7% hatten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SUE). Insgesamt brachen 16% wegen derartiger Ereignisse die Studie ab. In der Vergangenheit kam es bei manchen Patienten unter Perampanel zu schwerwiegenden psychotischen Effekten wie Wutanfälle, Aggression, Feindseligkeit oder Reizbarkeit.

„Im Allgemeinen stimmen die Beobachtungen zur Verträglichkeit mit dem überein, was wir bereits aus anderen Studien kennen“, sagte Goldmann. Er wies darauf hin, dass es sich nur um vorläufige Daten handele. „Ich denke, dass uns die vollständigen Daten dann eine gute Vorstellung von der Anwendung von Perampanel in der klinischen Praxis vermitteln“, fügte er hinzu.

Real-Life-Daten

Dr. Stephane Auvin, Leiter der Kinderneurologie an der Universität von Paris und Co-Moderator einer Podiumsdiskussion zu der Studie, hält gegenüber Medscape die Real-Life-Daten für beeindruckend.

Er wies darauf hin, dass die Patienten in dieser Studie gegenüber den Teilnehmenden an einer randomisierten kontrollierten Studie (RCT) zu einem relativ frühen Zeitpunkt behandelt wurden. Und anders als bei einer RCT konnten die Behandelnden in dieser Studie die Therapie wechseln.

Die aktuelle Studie sei auf jeden Fall nützlich, da sie Real-Life-Informationen zur Wirksamkeit und zu den Nebenwirkungen liefere, so Auvin. „RCT sind nützlich, aber sie verraten uns nicht, wie wir mit dem Medikament in der Praxis am besten umgehen“, fügte er hinzu.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus  www.medscape.com  übersetzt und adaptiert.

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der  Link  zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine Nachrichten aus der Medizin verpassen.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....