XBB.1.5 – was ist bekannt, welche Antikörper wirken noch; zu teure PCR-Tests: so wehren sich Laborärzte; RSV-Welle nach Pandemie

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

12. Januar 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 12. Januar 2023

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 116 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 11. Januar lag der Wert bei 123.

Unsere Themen heute:

  • Nach Kritik an überteuerten PCR-Tests: Laborärzte wehren sich gegen Vorwürfe

  • Omikron XBB.1.5: Was wissen wir bisher über die Ausbreitung?

  • Wie gefährlich ist XBB.1.5 – welche Antikörper wirken dagegen?

  • Zahnärzte waren während der Pandemie nicht stärker gefährdet

  • Mehr RSV-Infektionen nach der Pandemie – aber nicht mehr schwere Fälle

Nach Kritik an überteuerten PCR-Tests: Laborärzte wehren sich gegen Vorwürfe

Wie Medscape berichtet hat, wirft ein Rechercheteam des WDR, des NDR und der SZ der Regierung vor, überhöhte Preise für PCR-Tests zu Beginn der Pandemie bezahlt zu haben. Der wirtschaftliche Schaden soll im Milliardenbereich liegen.

Jetzt melden sich die Akkreditierten Labore in der Medizin e.V. (ALM) zu Wort. In einer Stellungnahme schreibt der Verband:

  • Bei der Berechnung der Kosten seien alle für eine PCR-Untersuchung notwendigen Produkte und Ressourcen zu berücksichtigen. Abweichungen gebe es zwischen verschiedeneren Herstellern. Insofern sei die Kalkulation mit besonders niedrigen Kosten einzelner willkürlich abgefragter Firmen nur eine eingeengte Darstellung.

  • Um Laborkapazitäten weltweit aufzubauen, hätte es durch Hersteller einen „angespannten und teils aggressiven Wettbewerb um die notwendigen Produkte“ gegeben.

  • Eine Vollkosten-Kalkulation beinhalte neben auch Reagenzien auch Geräte, die Qualitätssicherung, Arbeitsschutzmaßnahmen, Personalkosten, Datenmanagement und Abfallentsorgung.

„Die Auffassung des ALM e.V. zur Kostenstruktur wurde von weiteren Fachorganisationen wie etwa der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte für Mikrobiologie (BÄMI e.V.), den Fachgesellschaften sowie dem Berufsverband Deutscher Laborärzte e.V. (BDL), geteilt“, heißt es in der Mitteilung. Kosten seien immer transparent kommuniziert worden.

Omikron XBB.1.5: Was wissen wir bisher über die Ausbreitung?

XBB.1.5 entwickelte sich aus dem XBB-Stamm von Omikron, wie Medscape UK berichtet. Experten sind sich darin einig, dass sich XBB.1.5 wahrscheinlich weltweit weiter ausbreiten wird. Prof. Dr. Francois Balloux vom UCL Genetics Institute, London, prognostiziert, dass der Stamm „die Fallzahlen in den kommenden Wochen in Großbritannien in die Höhe treiben könnte“, aber dass „es fraglich bleibt, ob XBB.1.5 allein eine große Welle auslösen wird“.

Daten der US Centers for Disease Control and Prevention, die zwischen Weihnachten und Silvester erhoben worden sind, deuten darauf hin, dass XBB.1.5 für 40,5% der neuen Fälle verantwortlich war und die besorgniserregenden Varianten BQ.1 (18,3%) und BQ.1.1 (26,9%) verdrängt. In den USA ist der früher dominierende Stamm BA.5 nur noch für 3,7% der neuen US-Fälle verantwortlich.

Eine am 22. Dezember vom European Center for Disease Control veröffentlichte Zusammenfassung der Überwachung ergab, dass XBB-Stämme 6,5% (95 %-Konfidenzintervall: 2,2% bis 10,5%) der Neuerkrankungen in 5 EU-Ländern ausmachen. Im zuletzt veröffentlichten Wochenbericht des RKI vom 22. Dezember taucht XBB.1.5 noch nicht auf.

Wie gefährlich ist XBB.1.5 – welche Antikörper wirken dagegen?

Zur Kontagiosität dieser Mutation tragen sowohl die starke ACE2-Bindung als auch die Immunflucht bei, berichten Forscher jetzt in einem Preprint.

Sie zeigen, dass XBB.1.5 im Vergleich zu BQ.1.1 und XBB/XBB.1 eine wesentlich höhere Bindung an den menschlichen Rezeptor ACE2 (hACE2) aufweist. Auch Plasmaproben von Patienten mit BA.1-, BA.5- und BF.7-Durchbruchsinfektionen wurden untersucht. Sowohl XBB.1 als auch XBB.1.5 umgingen diesen Immunschutz signifikant, wobei XBB.1.5 eine etwas schwächere Fähigkeit zur Immunevasion aufweist als XBB.1.

Die Antikörper Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld®) und Bebtelovimab konnten XBB.1/XBB.1.5 nicht neutralisieren, während Sotrovimab nur schwach reaktiv war. Der experimentelle Antikörper SA55 blieb hingegen wirksam.

„Die Tatsache, dass XBB.1 und XBB.1.5 eine vergleichbare Immunflucht, aber eine unterschiedliche Übertragbarkeit aufwiesen, deutet darauf hin, dass eine erhöhte Rezeptorbindungsaffinität tatsächlich zu größeren Wachstumsvorteilen führen würde“, schreiben die Autoren. „Die starke hACE2-Bindung von XBB.1.5 könnte auch seine Toleranz gegenüber weiteren Immun-Escape-Mutationen ermöglichen, die genau beobachtet werden sollten.“

Zahnärzte waren während der Pandemie nicht stärker gefährdet

Auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie sahen sich viele Arzt- und Zahnarztpraxen, aber auch viele Kliniken mit vorübergehenden Schließungen konfrontiert. Da zahnmedizinische Eingriffe erfordern, dass sich Zahnärzte in unmittelbarer Nähe von Mund und Nase ihrer Patienten aufhalten, haben einige Experten darin ein erhöhtes Risiko für Infektionen mit SARS-CoV-2 gesehen.

Eine neue Studie zeigt, dass solche Tätigkeiten das COVID-19-Risiko nicht erhöhen, wenn Ärzte standardmäßig eine persönliche Schutzausrüstung tragen und sich regelmäßig testen. Die mittlere Rate an positiven Tests betrug 0,25% bei Personen, die als Zahnärzte mit Patientenkontakt gearbeitet haben, verglichen mit 0,36% bei Mitarbeitern ohne Patientenkontakt. Im Schnitt haben sich praktisch tätige Zahnärzte öfter getestet als Personen ohne regelmäßigen Patientenkontakt.

In ihren Studienergebnissen sehen die Autoren „eine Blaupause, wie die klinische Versorgung angesichts zukünftiger Virusausbrüche sicher durchgeführt werden kann“.

Mehr RSV-Infektionen nach der Pandemie – aber nicht mehr schwere Fälle

In vielen Ländern ist die Zahl an Kindern mit RSV-Infektion stark angestiegen; viele Kliniken waren überlastet. Offen bleib, welche Effekte hierfür tatsächlich eine Rolle spielen.

Neue Erkenntnisse liefert eine Kohortenstudie aus Dänemark: RSV-Erkrankung schienen nach Lockerung der COVID-19-Beschränkungen nicht schwerer zu sein als in Vergleichszeiträumen vor 2019. Allerdings waren die Krankenhauseinweisungen bei älteren Kindern höher, was möglicherweise auf eine spätere erste RSV-Infektion oder keine kürzlich erfolgte Reinfektion zurückzuführen ist. Bei älteren Kindern ohne Risikofaktoren für eine schwere RSV-Erkrankung traten atypische Komplikationen auf, die zu einer Intubation führten.

Diese bevölkerungsbasierte Kohortenstudie umfasste Patienten im Alter von 0-17 Jahren. Bei 310.423 dänischen Kindern im Alter von unter 5 Jahren stieg die durchschnittliche Zahl der RSV-assoziierten Krankenhauseinweisungen von 1.477 in den RSV-Saisons 2016-17 bis 2019-20 auf 3.000 in der RSV-Saison 2021-22 (RR 2,0; 95%-KI: 1,9-2,1). 54 Kinder mit RSV wurden in der Saison 2021-22 mechanisch beatmet, verglichen mit 15 bis 28 in den RSV-Saisons 2016-17 bis 2019-20.

Der höchste Anstieg der Krankenhauseinweisungen und der Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung trat bei Kindern im Alter von 24-59 Monaten auf (RR 4,1:  5%-KI: 3,6-4,7 für Krankenhauseinweisungen; RR 4,6; 1,7-12,6 für mechanische Beatmung).

Bei Kindern, die ins Krankenhaus eingewiesen wurden, war das Risiko einer mechanischen Beatmung in der Saison 2021-22 ähnlich wie in den 4 Saisons vor COVID-19 (14,3 Fälle pro 1.000 RSV-assoziierte Krankenhauseinweisungen; 95%-KI: 10,4-19,3 gegenüber 12,9; 95%-KI: 10,1-16,1; RR 1,1; 95%-KI: 0,8-1,6).

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