Verbesserungen in der interventionellen Kardiologie beim akuten Herzinfarkt – Prof. Dr. Andreas Zeiher präsentiert die FIRE- und OCTOBER-Studie vom europäsichen Kardiologen-Kongress (ESC).
Transkript des Videos von Prof. Dr. Andreas Zeiher, Frankfurt
Herzlich Willkommen aus Amsterdam vom ESC-Kongress 2023, mein Name ist Andreas Zeiher, ich bin Kardiologe am Universitätsklinikum Frankfurt und ich möchte Ihnen ein ganz persönliches Highlight, das an diesem Kongress präsentiert wurde, vorstellen.
Bisher waren interventionelle Techniken und Interventions-Themen auf den großen Kardiologen-Kongressen, zumindest in den letzten Jahren, eher seltener vertreten. Das lag zum Teil daran, dass wir nicht in der Lage waren, deutliche Lebensvorteile durch koronare Interventionen z. B. bei koronarer Herzkrankheit zu zeigen.
FIRE-Studie
Das ändert sich nun zum Glück mit der Vorstellung der FIRE-Studie [1,2]. In der Studie wurde untersucht, ob Patienten im Alter über 75 Jahren, also was quasi unser tägliches Brot in der Klinik ist, tatsächlich auch von einer umfangreichen, physiologisch gesteuerten kompletten Revaskularisation im akuten Myokardinfarkt profitieren, so wie wir das von jüngeren Patienten kennen aus der COMPLETE-Studie. Hier lag das mittlere Patienten-Alter bei 62 Jahren.
Die Investigator-initiierte FIRE-Studie wurde in Italien, Spanien und Polen durchgeführt. Sie hat über 1.400 Patienten randomisiert zur Behandlung der Culprit Lesion natürlich im akuten Infarkt. Dann wurde mit physiologischer Messung entweder durch Druck, Draht oder aber durch quantitative Angiographie ermittelt, ob es noch zusätzliche hämodynamisch relevante Stenosen in anderen Gefäßen gibt, die man dann gleichzeitig optimiert behandelt hat.
Das mittlere Patientenalter lag bei 80 Jahren, der Range zwischen 77-84 Jahren. Es handelte sich also um eine Patienten-Kohorte, die bisher vernachlässigt wurde.
Erfreulicherweise konnte in diesem Kollektiv tatsächlich nachgewiesen werden, dass diese komplette Revaskularisation – mittels physiologischer Steuerung bei der Identifizierung der zusätzlich vorhandenen hämodynamisch relevanten Läsionen – einen Überlebensvorteil mit fehlenden Events mit sich bringt.
Erstaunlicherweise wurde eine 30-prozentige Reduktion des kombinierten Endpunkts kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Zielgefäß-Revaskularisierung innerhalb eines Jahres erreicht. Mortalität und Myokardinfarkt wurden ebenfalls statistisch signifikant um 24% verringert. Selbst die Mortalität, die wir seit Jahren versuchen mit der Katheter-Technik zu beeinflussen, war in diesem älteren Patientenkollektiv signifikant reduziert um 24%.
Es ist sicher ein erheblicher Zusatznutzen – in unserem Alltagsbestreben, tatsächlich unseren Patienten gerecht zu werden – dass wir jetzt folgendes wissen: Auch die älteren Menschen profitieren von einer wirklich physiologisch gesteuerten kompletten koronaren Revaskularisation im akuten Myokardinfarkt.
Natürlich waren das Patienten, die einem Katheter-Labor zugewiesen wurden. Wir wissen bisher noch nicht, wie ausgeprägt die Gebrechlichkeit (Frailty) war, ob das ein besonders ausgewähltes Patientenkollektiv war. Also da sind die Bücher noch nicht geschlossen. Aber es zeigt uns nochmals, wenn wir sinnvoll intervenieren, insbesondere bei älteren Menschen, hat das eine Reduktion der Ereignisse und eine Verbesserung bei der Sterblichkeit zur Folge.
Zu dieser Studie passend gab es noch 2 weitere Interventionsstudien, die ebenfalls wie FIRE im New England Journal of Medicine publiziert worden sind [4,5].
OCTOBER-Studie
Die OCTOBER-Studie wurde im Norden Europas durchgeführt. Dort wurde untersucht, ob die Optical Coherence Tomography (OCT), mit der man die Gefäße wunderbar von innen betrachten kann und sieht, wie gut die Stent-Expansion und die Abdeckung der Läsion nach der Dilatation ist, insbesondere bei Bifurkations-Verzweigungs-Stenosen einen besseren Effekt hat [3,4].
Auch hier waren 1.240 Patienten eingeschlossen. Ich mache es kurz: Wenn Sie die Intervention optimieren mit OCT im Bereich dieser Bifurkations-Läsionen, haben die Patienten, und das ist auch sehr erfreulich, nicht nur ein besseres Akut-Ergebnis, sondern auch nach 2 Jahren ein besseres klinisches Outcome mit weniger kardiovaskulärer Sterblichkeit, Zielgefäß-Myokardinfarkt oder -Revaskularisations-Notwendigkeit.
Also in der Kardiologie rückt tatsächlich die koronare Intervention mit ausgeklügelten, sinnvoll einzusetzenden physiologischen Parametern zur Messung sowohl der Relevanz des zu behandelnden Gefäßes als auch des Ergebnisses einer Stent-PCI wieder in den Vordergrund, weil wir damit Überleben verbessern, Ereignisse verhindern und damit unseren Patienten besser gerecht werden.
Das war es vom ESC-Kongress 2023, das war mein persönliches Highlight neben vielen anderen, die auch in Amsterdam dieses Jahr vorgetragen wurden.
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Medscape © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Komplette Revaskularisierung für ältere Herzinfarkt-Patienten sinnvoll: Diese optimierten Methoden retten Leben - Medscape - 7. Sep 2023.
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