5 Todsünden bei der Herzgesundheit definiert: Prof. Zeiher stellt die Highlights vom europäischen Kardiologen-Kongress vor 

Prof. Dr. Andreas Zeiher

Interessenkonflikte

31. August 2023

Semaglutid bei Herzschwäche, 5 tödliche Risikofaktoren und Vorhofflimmern, dass man ignorieren kann – Prof. Dr. Andreas Zeiher präsentiert seine 3 Lieblingsstudien. 

Transkript des Videos von Prof. Dr. Andreas Zeiher, Frankfurt

Herzlich Willkommen,

mein Name ist Andreas Zeiher, ich begrüße Sie ganz herzlich vom ESC-Kongress in Amsterdam. Endlich wieder ein Meeting in Präsenz, mehr als 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind hier, und dies nicht zuletzt deswegen, weil es viele Highlights zu erleben gibt, in wissenschaftlicher und in klinischer Hinsicht sowie zur Patientenversorgung.

Diese möchte ich mit Ihnen in den nächsten Minuten kurz besprechen.

Semaglutid zur Gewichtsabnahme bei Herzinsuffizienz

Ich beginne mit dem Highlight, das auch schon durch die deutsche Presse gegangen ist, die Studie mit Semaglutid zur Gewichtsabnahme bei Patienten mit HFpEF und gleichzeitig bestehender Adipositas [1,2]. Das haben sie sicher schon gelesen (Medscape berichtete).

Natürlich wissen wir, dass Semaglutid in beträchtlichem Ausmaß zur Gewichtsabnahme führen kann. Jetzt wurde es erstmals bei einer klar definierten Patientengruppe angewandt, nämlich Patienten mit HFpEF, also einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion. Wir wissen, dass diese Patienten sehr häufig übergewichtig sind.

Einschlusskriterium war ein Body-Mass-Index über 30. Wie zu erwarten, war dies eine relativ kleine Studie mit knapp 540 Patienten.

Es zeigt sich nach 1 Jahr eine deutlich bessere Symptomatik, eine etwas verbesserte physikalische Leistungsfähigkeit mit verbesserter 6 Minuten-Gehstrecke und erfreulicherweise auch ein Rückgang von Entzündungsmarkern wie CRP.

Natürlich kann man das alles auf die Gewichtsabnahme zurückführen, die 15% des Körpergewichts innerhalb eines Jahres betrug. Inwieweit Herz-spezifische Effekte dazu beigetragen haben, müsste in größeren Studien untersucht werden, die dann entsprechende kardiovaskuläre harte Endpunkte enthalten. Aber immerhin ist dies eine Möglichkeit, den Patienten zumindest symptomatisch zu helfen.

Nächstes Highlight, und das freut mich besonders, sind 2 Studien, die aus Deutschland kommen und auch vom Deutschen Zentrum für Herz- und Kreislauf-Forschung finanziert wurden, beide sind im New England Journal publiziert.

Risikofaktoren für (kardiovaskuläre) Sterblichkeit

Die 1. Studie ist eine sehr große 1,5 Millionen Teilnehmer umfassende Untersuchung, zur Frage welche Risikofaktoren tatsächlich kardiovaskulären Tod oder auch allgemeine Sterblichkeit vorhersagen [3,4]. Diese Analyse wurde in Hamburg unter Leitung von Prof. Dr. Stefan Blankenberg durchgeführt. P D Dr. Christina Magnussen hat die Daten präsentiert.

Es zeigte sich, dass die 5 modifizierbaren Risikofaktoren

  • Übergewicht,

  • systolischer Blutdruck,

  • LDL-Cholesterin,

  • Tabakrauchen und

  • Diabetes mellitus

in unseren Breiten zu 52 bis 57% für die kardiovaskulären Todesfälle verantwortlich und ungefähr zwischen 18 und 21% an der allgemeinen Sterblichkeit beteiligt sind. Das sind erhebliche Zahlen, die natürlich, weil diese Risikofaktoren modifizierbar sind, modifizierbar wären – wenn man sie entsprechend adressiert.

Wichtig ist diese Studie dahingehend, dass die 5 Faktoren natürlich für viele Scores auch als Risiko-Stratifikation-Marker benutzt werden. Und da muss man sehen, dass es Unterschiede gibt zwischen Westeuropa, Nordamerika, Osteuropa und genau dies beinhaltet diese sehr gute Studie.

Edoxaban bei atrialen High-Rate-Tachykardien

Eine weitere Untersuchung aus dem sogenannten AFNET, also der Vorhofflimmern-Gruppe in Deutschland unter Leitung von Prof. Dr. Paulus Kirchhoff, ebenfalls aus Hamburg, ist die NOAH-AFNET6 (Medscape berichtete ), die in der Hotline-Session präsentiert wurde [5,6].

In der Studie wurde ein Problem untersucht, mit dem wir häufig konfrontiert werden, nämlich der Tatsache, dass Patienten, die ein Device zum Rhythmus-Monitoring, wie einen Defibrillator oder Schrittmacher implantiert haben, häufig kurzdauernde, sogenannte atriale High-Rate-Tachykardien haben. Es ist nicht das typische Vorhofflimmern, sondern es handelt sich um immer wiederkehrende kurze Episoden dieser High-Rate-Tachykardien.

Wir wissen bis heute nicht, ob wir diese Patienten antikoagulieren sollen, um entsprechend Schlaganfälle zu verhindern. Dieser Fragestellung ist die NOAH-AFNET6-Studie nachgegangen.

Gut 2.500. Patienten wurden eingeschlossen. Die mittlere Dauer dieser atrialen High-Rate-Tachykardien war ungefähr 2 Stunden. Dies liegt deutlich unter dem, was wir als Diagnostik des Vorhofflimmerns zur Notwendigkeit einer Antikoagulation einfordern.

Patienten wurden 1:1 randomisiert zu Edoxaban oder Placebo, und die Studie musste vorzeitig abgebrochen werden, aber nicht wegen Erfolg. Die Ereignisrate aus Schlaganfall, Tod und Embolien war unverändert. Aber die Patienten, die Edoxaban eingenommen hatten, hatten eine höhere Blutungsrate und somit wurde die Studie frühzeitig beendet. Für uns ist damit das Thema auf Eis gelegt, bis jetzt zumindest.

Mit der Antikoagulation dieser Patienten mit kurzen Episoden atrialer Tachykardien sollten wir weiterhin warten, bis tatsächlich ein Vorhofflimmern diagnostiziert wird.

Das waren die wesentlichen Highlights. Im Bereich der allgemeinen Kardiologie. Ein besonderer Schwerpunkt lag dann noch im Bereich der interventionellen Katheter-Therapie, auf den ich aber gesondert in einem extra Beitrag eingehen möchte.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
 

Kommentar

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