Ein Schwerpunkt der Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections (CROI) in Seattle waren Studien rund um die HIV-Infektion. PD Dr. Martin Hartmann fasst die Top-Themen zusammen.
Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann
Schönen guten Tag,
hier ist Martin Hartmann aus der Hautklinik der Universität Heidelberg.
Heute geht es um virale Infektionen, insbesondere die HIV-Infektion beziehungsweise um die CROI. Die Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections ist der bekannteste und renommierteste HIV-Kongress, der vom 19 bis 22. Februar 2023 erstmals wieder vor Ort in Seattle stattgefunden hat, worüber sich die Teilnehmer sichtlich gefreut haben.
Es waren 3000 Teilnehmer vor Ort, 500 Teilnehmer nahmen virtuell teil.
Es gab zahlreiche Neuheiten zur ART (antiretroviralen Therapie), zur PrEP (Präexpositionsprophylaxe), zu den STI, zur Cure und auch zu Mpox. Die meisten Beiträge befassten sich mit der HIV-Infektion und deren Komplikationen. Rund ein Viertel der Beiträge befasste sich mit SARS-CoV2 und Mpox-Infektionen.
Antiretrovirale Therapie
Bei der ART haben wir bislang die sogenannten Single-Tablet-Regime, also der einmal täglich wirksamen Tabletten und hier mit Bictegravir und Dolutegravir 2 in Kombinationen, die sehr gut wirken – auch in der Langzeitgabe. Es gibt inzwischen Daten über 5 Jahre.
Wir haben jetzt auch lang wirksame Substanzen wie Cabotegravir, das alle 2 Monate intramuskulär appliziert wird. Auf dem Kongress gab es erstmals Vergleichsdaten in der SOLAR-Studie. Hier konnte gezeigt werden, dass BIC/TAF/FTC und Cabotegravir + Rilpivirin vergleichbar wirksam und verträglich sind. Auch die Gewichtszunahme war in beiden Vergleichsarmen letztendlich gleich.
PrEP
Bei der PrEP gab es ebenfalls Daten zu Cabotegravir alle 2 Monate gegeben. Es gibt hier ein Phänomen, dass es manchmal zu einer HIV-Infektion kommen kann, die atypisch verläuft, sie wird erst sehr spät gesehen, es muss also darauf geachtet werden.
Momentan liegt hier das Problem in der Preisgestaltung, so dass der breite Einsatz momentan scheitert, weil die Kosten zu hoch sind.
Unter der PrEP mit TDF wird immer wieder beobachtet, dass bakterielle Infektionen auftreten. Hier hat sich der Einsatz der Doxy-PEP bewährt. Weitere Daten gab es von J. Molina aus Paris, der zeigen konnte, dass mit einer konsequent durchgeführten Doxy-PEP bei der PrEP die bakteriellen Infektionen, also Syphilis und Chlamydien, zu fast 90%, aber auch Gonokokken und Mycoplasma genitalium um zirka 50% gesenkt werden können. Durch eine zusätzliche Meningokokken-Impfung kann eine weitere Reduktion von 30% erreicht werden.
HIV-Heilung
Bei der Cure ist es so, dass es bislang weiterhin nur Einzelfälle gibt. Der Düsseldorf-Patient ist seit 4 Jahren stabil. Der Chicago-Patient, ebenfalls ein Stammzell-Transplantationspatient, musste inzwischen wieder antiretroviral behandelt werden.
Impfung
Viele hofften auf die MOSAICO-Studie von Janssen. Auf dem Kongress gab es Ernüchterung in beiden Armen, also bei Geimpften und Ungeimpften kam es zu gleichen Raten von HIV-Infektionen. Also wieder ein Beispiel, das es bis zur Impfung noch lange dauern wird.
Mpox
Dann gab es noch die Mpox-Sitzungen. Aus England wurde von schwer verlaufenden Fällen der Mpox bei HIV-Patienten berichtet. Derzeit gibt es weltweit ungefähr 85.000 dokumentierte Fälle. Mpox betrifft häufig HIV-Patienten. Wenn die CD-4-Zellen unter 200 oder gar unter 100 sind, kommt es zu schweren Verläufen und zu Todesfällen.
Auf diese Patienten muss besonders geachtet werden. Man sollte die Mpox-Infektion inzwischen auch als opportunistische Infektionen bei den HIV-Patienten einordnen.
Wie kann es dazu kommen, dass sich diese Infektion so rasch verbreitet hat, und dann wieder verschwunden ist? Wir haben im Moment praktisch keine Fälle mehr. Mpox wird sehr gut über die Haut, aber auch über die Schleimhaut anal übertragen werden. Bevor die Patienten Beschwerden haben, können sie dieses hochkontagiöse Virus übertragen. Im Nachgang zu dem Aufschwung der Pockenimpfung kam es dann zur Verhaltensänderung in den Hochrisikogruppen, es kam zu Impfungen und beides zusammen hat wohl dazu geführt, dass die Infektion nicht verschwunden, aber deutlich seltener geworden ist. Insofern ist das eine Infektionskrankheit, bei der wir uns fragen, wie es damit weitergeht.
So viel zur CROI aus Seattle.
Danke fürs Zuhören.
Medscape © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Wichtige Studienergebnisse zu HIV, Affenpocken und STI – ein Überblick von der CROI-Konferenz - Medscape - 3. Apr 2023.
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