Krankenhaus Barometer – Umfrage 2022: DKG befürchtet Pleitewelle – Kritik an Lauterbachs Reformen

Christian Beneker

Interessenkonflikte

4. Januar 2023

Geht es nach der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), so wird man die deutsche Krankenhauslandschaft in einem Jahr nicht wiedererkennen. Das vom Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) vorgelegte, knapp 90 Seiten starke Krankenhaus Barometer – Umfrage 2022 bedeute eine Pleitewelle unter deutschen Krankenhäusern, heißt es dort.

 
Die schon vor einigen Monaten prognostizierte Insolvenzwelle rollt jetzt an. Dr. Gerald Gaß
 

„Die schon vor einigen Monaten prognostizierte Insolvenzwelle rollt jetzt an“, sagte der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß. „Der Schaden für die Versorgung wird 2023 in vielen Regionen sichtbar werden.“ Die Politik habe es „schon fast verpasst“, die Welle aufzuhalten, so Gaß.

Das Barometer berücksichtigte die Antworten von 309 Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten von insgesamt rund 1.900 Krankenhäusern in Deutschland.

Danach erzielen immer weniger Krankenhäuser Gewinne, so das Barometer. So erwirtschafteten im Jahr 2020 noch 60% der deutschen Allgemeinrankenhäuser einen Jahresüberschuss. Im Jahr 2021 sank dieser Anteil auf nur noch 44%.

Entsprechend stieg der Anteil der Häuser mit einem Jahresfehlbetrag, und zwar von 29% im Jahr 2020 auf 43% im Jahr 2021. Hier waren besonders die sehr großen Häuser (ab 600 Betten) von den Einbußen betroffen sowie die kleineren Krankenhäuser (bis 299 Betten). Von den mittelgroßen Krankenhäusern indessen schlossen nur 30% mit einem Fehlbetrag ab.

 
Der Schaden für die Versorgung wird 2023 in vielen Regionen sichtbar werden. Dr. Gerald Gaß
 

Perspektivisch aber scheinen die großen Krankenhäuser finanziell stabiler zu sein. So heißt es in dem Barometer: „Verglichen mit dem Vorjahr haben sich die Jahresergebnisse in der unteren und mittleren Bettengrößenklasse deutlich verschlechtert, während sie sich in der oberen Bettengrößenklasse verbessert haben.“

Sinkende Umsätze: Große Häuser sind am wenigsten betroffen

Insgesamt haben von 2020 auf 2021 genau 65% der Krankenhäuser mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Nur 20% konnten ihr Jahresergebnis verbessern, so das Barometer. Auch in diesem Vergleich haben die kleinen Häuser das Nachsehen. 71% von ihnen mussten ein gesunkenes Jahresergebnis hinnehmen.

Es gilt: Je größer das Krankenhaus, desto größer auch die Chance auf ein positives Jahresergebnis. In den großen Krankenhäusern ab 600 Betten ist der Anteil der Krankenhäuser, deren Jahresergebnis sich im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert hat, denn auch mit 54% am niedrigsten. Bei 28% der großen Krankenhäuser ab 600 Betten ist das Jahresergebnis gestiegen.

Insgesamt schauen die Krankenhäuser mit Stirnrunzeln in die Zukunft. 56% der Krankenhäuser erwarten für das eigene Haus im Jahr 2023 eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation. Nur 17% dagegen sehen die Lage optimistisch. Hier spielt die Größe der Krankenhäuser auch keine Rolle mehr. Der Pessimismus herrscht flächendeckend.

Entsprechen zurückhaltend sind die Krankenhäuser denn auch bei den Investitionen. Zwischen 2019 und 2021 haben laut Krankenhausbarometer nur 15% der Krankenhäuser durchgängig ausreichend Gewinne für ihre Investitionen erzielt. „Dies führt zu einem zunehmenden Investitionsstau bei den Gebäuden und der technischen Infrastruktur der Krankenhäuser“, sagt Gaß.

Von den 6,8 Milliarden Euro, die die Krankenhäuser 2021 in ihre Substanz investiert haben, kamen nur 47% aus den Kassen der öffentlichen Hand. Den Rest mussten die Krankenhäuser selbst übernehmen.

Gaß: Lauterbachs Reformen entlasten die Krankenhäuser nicht

DKG-Chef Gaß forderte von der Politik, dass sie genug Geld zur Verfügung stelle, um den Krankenhäusern den Inflationsausgleich zu finanzieren. „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weiß sehr genau, dass diese Kostensteigerungen in den Preisen, die die Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen abrechnen dürfen, nicht abgebildet sind“, erklärte Gaß. „Der wirtschaftliche Druck lastet damit unverändert schwer auf den Krankenhäusern.“ Dies habe zur Folge, dass der vom Minister versprochene Vorrang der Medizin vor der Ökonomie ein „leeres Versprechen“ bleibe, meint Gaß.

 
Der wirtschaftliche Druck lastet damit unverändert schwer auf den Krankenhäusern. Dr. Gerald Gaß
 

Zugleich kritisierte der Verbandschef die Pläne Lauterbachs, das strukturelle Defizit der Krankenhäuser im Land in Höhe von 15 Milliarden Euro mit einer Reform der DRGs in den Griff zu bekommen. Es grenze an Magie, mit der Neuverteilung des Mangels den ökonomischen Druck beseitigen zu wollen, hieß es. Der vom Minister angekündigte Vorrang der Medizin vor der Ökonomie bleibe daher ein leeres Versprechen. 

Dunkle Wolken auch bei der Personalausstattung in der Pflege: Rund 22.300 Stellen sind nicht besetzt. Dieser Wert hat sich seit 2016 verdreifacht. Mitte 2022 hatten fast alle Krankenhäuser (90%) Probleme, die offenen Stellen auf ihren Allgemeinabteilungen zu besetzen.

Anfang Dezember hatte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) vorgeschlagen, die Krankenhausförderung zu erneuern (wie  Medscape berichtete). Künftig sollen die Krankenhäuser in 3 Level (Grundversorgung, Regel- und Schwerpunktversorgung, Maximalversorgung) eingeordnet und gefördert werden, so das Bundesgesundheitsministerium am 6. Dezember vorigen Jahres. Das Fallpauschalensystem sei zu überwinden, kommentierte Lauterbach „Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben.“

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Kommentar

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