Cluster kommt selten allein: Der Kopfschmerz ist häufig mit neuropsychiatrischen Störungen assoziiert – mit gravierenden Folgen

Kelli Whitlock Burton

Interessenkonflikte

3. Januar 2023

Cluster-Kopfschmerzen sind nach einer neuen Studie mit einem deutlich erhöhten Risiko für psychische Störungen und andere neurologische Erkrankungen verbunden, was zu erheblichen Behinderungen und Fehlzeiten führt. Die Ergebnisse der auf einer schwedischen Datenbank basierenden Studie zeigen auch, dass Patienten mit Cluster-Kopfschmerzen ein 6-fach erhöhtes Risiko für ZNS-Erkrankungen und ein 2-fach erhöhtes Risiko für Erkrankungen des Bewegungsapparats haben. Die Studie wurde in Neurology publiziert [1].

 
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Menschen mit Cluster-Kopfschmerzen häufiger auch unter anderen Gesundheitsproblemen leiden und für sie die Gefahr besteht, über längere Zeit nicht arbeiten zu können. Dr. Caroline Ran
 

Obwohl der Cluster-Kopfschmerz häufiger bei Männern vorkommt, waren die Multimorbiditätsraten bei Frauen deutlich höher. Darüber hinaus waren äußerliche Verletzungen bei Personen mit Cluster-Kopfschmerz wesentlich häufiger als bei Personen ohne diese Beschwerden.

 
Es erscheint wichtig, den Cluster-Kopfschmerz in einem größeren Zusammenhang zu betrachten. Dr. Caroline Ran
 

„Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Menschen mit Cluster-Kopfschmerzen häufiger auch unter anderen Gesundheitsproblemen leiden und für sie die Gefahr besteht, über längere Zeit nicht arbeiten zu können“, sagte Dr. Caroline Ran, Leiterin der Untersuchung und Wissenschaftlerin in der Abteilung für Neurowissenschaften am Karolinska Institutet in Stockholm gegenüber Medscape. „Es erscheint wichtig, den Cluster-Kopfschmerz in einem größeren Zusammenhang zu betrachten und dafür zu sorgen, dass die Betroffenen weiterbehandelt werden, damit sie nicht irgendwann mit verschiedenen Komorbiditäten dastehen“, fügte Ran hinzu.

Auffälliger Befund

Der Cluster-Kopfschmerz ist eine der schwersten und am stärksten beeinträchtigenden Kopfschmerzformen. Die intensiven, retrobulbär lokalisierten Schmerzen werden von den Patienten stärker als Geburtsschmerzen oder die Schmerzen beim Abgang von Nierensteinen eingestuft.

Die Attacken können mehrmals täglich auftreten und bis zu 3 Stunden andauern. Der Cluster-Kopfschmerz ist jedoch mit etwa 1 von 1.000 Personen selten. In der Mehrzahl leiden Männer darunter. Die Krankheit wird auch oft fehl- oder nicht diagnostiziert – vor allem bei Frauen.

Die Untersuchung stützte sich auf 2 schwedische populationsbasierte Datenbanken mit insgesamt 3.240 Patienten mit Cluster-Kopfschmerz zwischen 16 und 64 Jahren sowie 16.200 gematchten Kontrollpersonen. In die Analyse flossen Besuche bei ärztlichen Fachpersonen aus den Jahren 2001 bis 2010 ein.

Nach der Auswertung fanden sich bei 91,9% der Cluster-Patienten mehrere gleichzeitig vorliegende Krankheiten. Im Vergleich dazu waren es in der Kontrollgruppe 77,6% (Odds Ratio [OR] 3,26; p<0,0001).

In früheren Studien wurde bereits gezeigt, dass psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen bei Personen mit Cluster-Kopfschmerz häufiger sind. Als die Forschenden diese Erkrankungen sowie äußere Verletzungen aus dem Datensatz entfernten, kamen die Kopfschmerz-Patienten jedoch immer noch auf eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitigeVorliegen anderer Erkrankungen (86,7% gegenüber 68,8%; OR 2,95; p<0,0001).

Die häufigsten Begleiterkrankungen in der gesamten Cluster-Gruppe waren Erkrankungen des Nervensystems (OR: 5,9; 95%-Konfidenzintervall [KI] 5,46–6,42). Davon waren 51,8% betroffen, während es in der Kontrollgruppe nur 15,4% waren. Erkrankungen des Auges, der Atemwege, des Magen-Darm-Trakts, des Bewegungsapparats und des Bindegewebes kamen bei Kopfschmerz-Patienten ebenfalls deutlich häufiger vor.

„Bei jeder Diagnose, die wir uns vornahmen, stießen wir in der Gruppe der an Cluster-Kopfschmerz Erkrankten auf eine höhere Inzidenz. Wir halten das für einen sehr auffälligen Befund, der es wert ist, diskutiert zu werden, da die Patienten ein erhöhtes allgemeines Erkrankungsrisiko haben“, sagte Ran.

Riskantes Verhalten?

Ein weiteres auffälliges Ergebnis waren die häufigeren äußeren Verletzungen unter den Cluster-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe. Das Ergebnis scheint die Theorie zu bestätigen, dass Patienten mit Cluster-Kopfschmerz eher zu riskantem Verhalten neigen, so die Forschenden.

In der Kopfschmerz-Gruppe gab es 47,1% der Männer und 41% der Frauen mit äußeren Verletzungen, gegenüber 34,9% bzw. 26,0% in der Kontrollgruppe. „Jetzt können wir auch zeigen, dass Cluster-Patienten mehr Verletzungen haben, und das hat nichts mit der biologischen Gesundheit der Personen zu tun. Es könnte demnach auch auf eine höhere Risikobereitschaft hindeuten“, sagte Ran.

 
Jetzt können wir auch zeigen, dass Cluster-Patienten mehr Verletzungen haben. Dr. Caroline Ran
 

Insgesamt waren die Multimorbiditätsraten und die Diagnosen in jeder medizinischen Kategorie mit Ausnahme der äußeren Verletzungen bei Frauen mit Cluster-Kopfschmerz höher als bei Männern mit Cluster-Kopfschmerz. Zudem war die Zahl der Krankheits- und Erwerbsunfähigkeitstage bei Frauen mit Cluster-Kopfschmerz höher als bei ebenfalls betroffenen Männern (83,71 Tage gegenüber 52,56 Tage).

Insgesamt war die Nettotageszahl für Krankheits- und Erwerbsunfähigkeitstage im Jahr 2010 in der Cluster-Gruppe im Schnitt beinahe doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe (63,15 Tage gegenüber 34,08 Tagen). Werden psychische und verhaltensbedingte Gesundheitsstörungen von der Betrachtung ausgenommen, sinken diese Zahlen nicht.

„Unsere Zahlen deuten darauf hin, dass die mit dem Cluster-Kopfschmerz verbundenen psychischen Probleme die Arbeitssituation nicht so stark beeinträchtigen wie die anderen Komorbiditäten“, so Ran.

Die Probleme sind real

Prof. Dr. Heidi Schwarz, Professorin für klinische Neurologie am University of Rochester Medical Center, New York, kommentierte die Ergebnisse für Medscape. Sie bezeichnete die Studie als „wertvollen Beitrag“ zum Thema Cluster-Kopfschmerz.

„Es ist eine gute Studie. Diese Faktoren sollten bei der Behandlung der Erkrankten unbedingt berücksichtigt werden“, sagte Schwarz, die nicht an der Studie beteiligt war. „Das hervorstechendste Merkmal dieser Studie ist, dass Cluster-Kopfschmerzen ziemlich beeinträchtigend sind. Und wenn dann noch eine Komorbidität hinzukommt, ist die Behinderung noch größer“, sagte sie.

Schwarz wies ferner darauf hin, dass der Cluster-Kopfschmerz häufig als Migräne fehldiagnostiziert oder ganz übersehen werde, vor allem bei Frauen. Die Daten unterstrichen, dass der Cluster-Kopfschmerz zwar häufiger bei Männern auftrete, aber auch Frauen davon betroffen wären und eine noch stärkere Beeinträchtigung erfahren könnten.

„Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patienten. Hier sollten wir ansetzen, um uns zu verbessern“, so Schwarz. „Wenn ein Patient mit einem Cluster zu uns kommt und uns sagt, dass er wirklich Probleme hat, sollten wir ihm Glauben schenken, denn das ist ganz real.“

Die Ergebnisse füllten auch eine Lücke in der Literatur. Diese Art der Daten könnten in den USA nicht erhoben werden. In Schweden gebe es hingegen für alle Arbeitnehmenden ab 16 Jahren eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und eine Form der Rente für alle Arbeitnehmenden, deren Arbeitsfähigkeit aufgrund einer Krankheit oder Verletzung vorübergehend oder dauerhaft eingeschränkt ist.

„Diese Art von Daten wird man in den USA nicht erheben können, da die aus 2 extrem umfassenden und detailliert geführten Registern in einer Gesellschaft wie Schweden stammen, wo es ein dichtes soziales Hilfsnetz gibt“, so Schwarz.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

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