Mehrheit gegen rasches Maßnahmen-Aus; Viren monatelang im Gehirn; rechtzeitiger Booster schützte vor Omikron BA.2

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

2. Januar 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 2. Januar 2023

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 159,5 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 1. Januar lag der Wert noch bei 164,3.

Unsere Themen heute:

  • Mehrheit lehnt rasches Ende der Corona-Maßnahmen ab

  • Replikationsfähige Viren noch nach Monaten im Gehirn

  • Rechtzeitiger Booster schützte vor Omikron BA.2

  • Bivalenter Booster punktet gegen BA.2.75.2, BQ.1.1 und XBB

Mehrheit lehnt rasches Ende der Corona-Maßnahmen ab

Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lehnt ein rasches Ende aller noch bestehender Schutzmaßnahmen gegen Corona ab. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprechen sich 52% gegen ein bundesweites Ende der Maskenpflicht im ÖPNV aus. 60% lehnen einen sofortigen Stopp der mindestens 5-tägigen Isolationspflicht für Infizierte ab. Und 64% gaben an, dass die Pandemie für sie noch nicht vorbei sei.

YouGov hatte 2041 in Deutschland lebende Menschen zwischen dem 21. und 23. Dezember befragt. Offenbar – das legen jedenfalls die Ergebnisse der Befragung nahe – ist das Team Vorsicht derzeit noch in der Mehrheit. Nur für 31% ist die Pandemie bereits Geschichte. 23% gehen davon aus, dass sie im Lauf des Jahres 2023 enden wird und 41% rechnen gar damit, dass die Pandemie auch in diesem Jahr nicht beendet sein wird.

Für ein sofortiges Ende der Maskenpflicht im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sind nur 41%, 27% hingegen meinen, die Pflicht solle erst im Lauf des Jahres fallen und 25% wünschen sich, dass noch das ganze Jahr über in Bussen und Bahnen Masken getragen werden müssen. Für Fernzüge und Fernbusse ist bis zum 7. April eine FFP2-Maskenpflicht gesetzlich festgeschrieben. Beim Nahverkehr entscheiden die Länder – Bayern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben die Maskenpflicht bereits abgeschafft.

Nur 32% befürworten, dass die Isolationspflicht für Infizierte sofort abgeschafft wird. 29% wünschen sich das für 2023. 31% sind dafür, dass die Quarantäneregeln mindestens bis Ende 2023 gelten. Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz haben sich bereits von der Isolationspflicht verabschiedet.

Die Umfrage erlaubt auch Rückschlüsse darauf, wie viele Menschen in Deutschland sich in 3 Jahren Pandemie SARS-CoV-2 eingefangen haben. 46% geben an, sich einmal (39%) oder mehrfach (7%) infiziert zu haben, 46% geben an, sie seien verschont geblieben, 8% machten keine Angaben.

Autopsien zeigen: Replikationsfähige Viren noch nach Monaten im Gehirn

Die Replikation von SARS-CoV-2 in zahlreichen respiratorischen und nicht-respiratorischen Geweben, einschließlich des Gehirns ist schon früh in der Infektion vorhanden und kann lange persistieren. Darauf deuten die Ergebnisse von US-Forschern in Nature hin. Dr. Sydney Stein und Kollegen hatten Autopsien an 44 ungeimpften Patienten vorgenommen, die mit oder an COVID-19 verstorben waren. Bei 38 Patienten war die Infektion vor ihrem Tod bekannt, bei 6 war die Infektion erst nach ihrem Tod festgestellt worden. Stein und Kollegen konnten in einem  Fall noch 230 Tage nach Auftreten der Symptome Virusreplikation in mehreren Organen nachweisen, unter anderem im gesamten Gehirn.

Die Probanden waren zwischen 26. April 2020 und 2. März 2021 verstorben und im Median 62,5 Jahre alt. 30% waren Frauen und über 60% wiesen Vorerkrankungen auf. 17 Patienten starben in den ersten 14 Tagen der Infektion, 13 Patienten starben zwischen Tag 15 und 30 und 14 Patienten starben nach knapp 1 Monat. 1 Patient starb 230 Tage nach Beginn der Infektion. Bei 38 Patienten fanden sich Antikörper gegen das Virus. 3 wiesen keine Antikörper auf und bei 3 fehlten die Daten. Stein und Kollegen entnahmen Proben aus verschiedenen Organen. Die höchste Viruslast fanden sie in den Atemwegen, aber auch in Herzmuskelzellen, in den Nebennieren, im Darm und im ZNS fanden sie replikationsfähige Viren.

Die Autoren vermuten, dass sich das Virus kurz nach der Ansteckung über die Blutbahn im ganzen Körper ausgebreitet hatte. Es gab aber auch Patienten, bei denen die Viren nicht mehr im Blutplasma, dafür aber nur noch im Gehirn nachweisbar waren. Das zeige, dass Sars-CoV-2 sich in diesen Gewebetypen vermehren könne und nicht nur durch das Blut angeschwemmt werde. Eine spezielle Erbgutanalyse von verschiedenen Entnahmestellen des gleichen Patienten ergab, dass die Viren genetisch identisch waren, zur selben Infektion gehörten und nicht durch mehrere Ansteckungen aufgenommen worden.

Es zeigte sich auch: Je später die Personen verstorben waren, desto niedriger war die Viruslast in den Atemwegen und umso höher war sie in anderen Organen. Die Autoren weisen allerdings darauf hin, dass alle Verstorbenen mit der Ursprungsvariante des Virus infiziert waren, die deutlich häufiger für schwere Verläufe gesorgt hatte. Auf die Omikron-Variante lassen sich die Ergebnisse deshalb nicht übertragen. Auch waren alle Toten ungeimpft gewesen.

Rechtzeitiger Booster hat vor der Omikron BA.2-Variante geschützt

Wer rechtzeitig vor der 5. Erkrankungswelle im Frühjahr 2022 eine Booster-Impfung gegen SARS-CoV-2 erhalten hatte, erkrankte seltener an COVID-19 als Personen, die nur grundimmunisiert waren. Das zeigen die Ergebnisse einer Studie aus Hongkong, die in The Lancet Regional Health erschienen ist.

Dr. Runhong Zhou und Kollegen hatten die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen die Omikron BA.2-Variante bei 470 Beamten untersucht, die verschiedene SARS-CoV-2-Impfschemata erhalten hatten. Darunter 2 Dosen BNT162b2 (n = 169), 3 Dosen BNT162b2 (n = 168), 2 Dosen CoronaVac (n = 34), 3 Dosen CoronaVac (n = 67) und eine 3. Dosis BNT162b2 nach 2× CorV (n = 32). Die humoralen und zellulären Immunantworten nach der Dreifachimpfung wurden weiter charakterisiert und mit den klinischen Merkmalen der BA.2-Infektion korreliert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Schutzwirkung durch den Totimpfstoff CoronaVac ebenso gut war wie durch das mRNA-Vakzin, wenngleich die Immunantwort schwächer ausfiel.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die rechtzeitige dritte Impfung und die Immunreaktion wahrscheinlich für den impfstoffvermittelten Schutz gegen die Omikron BA.2-Pandemie erforderlich sind“, schreiben die Autoren. Und weiter: „Die Potenz der neutralisierenden Antikörper, die durch eine BA.2-Durchbruchsinfektion bei Geimpften mit drei vorangegangenen Dosen CoronaVac oder BNT162b2 verstärkt wird, kann das Risiko einer Infektion mit den aktuellen BA.2.12.1 und BA.4/5 verringern.“

Die Autoren weisen darauf hin, dass es sich bei den Erkrankungen überwiegend um Durchbruchinfektionen handelt, denn 93% der Bevölkerung sind aktuell durchgeimpft, 83,2% haben bereits eine 3. Dosis erhalten, aber erst weniger als 10% eine 4. Dosis.

Bivalenter Booster punktet gegen BA.2.75.2, BQ.1.1 und XBB

Der bivalente Booster schützt besser: Verglichen mit monovalenten Boostern verstärkt der die Immunreaktion gegen die Omikron-Subvarianten. Das ist das Ergebnis einer im New England Journal of Medicine vorgestellten Laborstudie von Dr. Meredith E. Davis-Gardner, Emory University School of Medicine in Atlanta und Kollegen.

Die Forscher hatten Serumproben von Teilnehmern untersucht, die entweder 1 oder 2 monovalente Auffrischungsimpfungen oder 1 bivalente Auffrischungsimpfung erhalten hatten.

Davis-Gardner und Kollegen verglichen die neutralisierende Aktivität in Serumproben von Teilnehmern aus 3 Kohorten: Die 1. Kohorte schloss 12 Teilnehmer 7 bis 28 Tage nach einer monovalenten Auffrischung ein, die 2. Kohorte  11 Teilnehmer 6 bis 57 Tage nach einer 2. monovalenten Auffrischung und die 3. Kohorte 12 Teilnehmer 16 bis 42 Tage nach der bivalenten Auffrischung. Die Unterschiede in den neutralisierenden Antikörperreaktionen zwischen diesen 3 Kohorten wurden quantifiziert.

Es zeigte sich, dass Personen, die 1 oder 2 monovalente Auffrischungsimpfungen erhalten hatten, eine deutlich geringere Neutralisierungsaktivität gegen Omikron-Subvarianten aufwiesen (insbesondere gegen BA.2.75.2, BQ.1.1 und XBB) als gegen den Virus-Wildtyp.

„Personen hingegen, die den BA.5 enthaltenden bivalenten Booster erhalten hatten, zeigten eine bessere Neutralisierungsaktivität gegen alle Omikron-Subvarianten (insbesondere gegen BA.2.75.2, BQ.1.1 und XBB) verglichen mit diejenigen, die mit monovalenten Vakzinen geboostert worden waren“, kommentiert Dr. Eric Topol via Twitter die Ergebnisse. Nach Einschätzung der Autoren zeigen die serologischen Daten einen allgemeinen Neutralisierungsvorteil bei bivalenten Auffrischungsimpfungen.

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