Wiesbaden – Menschen mit Diabetes haben bekanntlich ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-Verlauf und eine höhere Mortalität, könnten aber auch häufiger von Long-Covid betroffen sein. Zudem drohen unter der Infektion vermehrt Stoffwechselentgleisungen. Was Ärzte in der Praxis beachten sollten, haben Experten bei der Diabetes Herbsttagung 2022 zusammengestellt [1].
Beschwerden nach der akuten Phase
Eine SARS-CoV-2-Infektion kann bis zu 4 Wochen Beschwerden verursachen. Bleiben Betroffenen bis zu 12 Wochen symptomatisch, spricht man von einer verzögerten Rekonvaleszenz. Bei noch länger anhaltenden und zum Teil fluktuierenden Symptomen über mindestens 2 Monate spricht viel für das Post-COVID-Syndrom.
Es umfasst seit der Infektion fortbestehende Symptome oder auch neue Symptome, die erst nach der Akutphase aufgetreten sind, aber als Folge der Infektion verstanden werden. Auch eine Verschlechterung einer vorbestehenden Erkrankung durch die SARS-CoV-2 Infektion kann dazu gezählt werden.
Nach 5 Monaten droht eine Chronifizierung
Unabhängig vom Akutverlauf komme es bei etwa 10% bis 15% aller Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion zu einem Long- bzw. Post-COVID-Syndrom, sagt Dr. Thomas Jörg Helling von der MEDICLIN Staufenburg Klinik in Durbach. Die Symptome sind sehr breit gefächert; auch die Ausprägung kann sehr unterschiedlich sein. Sie gehen meist langsam zurück – bei Beschwerden 4 bis 5 Monate nach der Infektion ist die Rückbildungstendenz aber sehr verlangsamt. Betroffenen droht eine Chronifizierung.
Schlechtere Stoffwechselparameter bei Betroffenen
Zu Post-COVID und Diabetes gibt es bisher sehr wenig Daten. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Diabetes und Adipositas bei COVID-19-Patienten mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine Sarkopenie einhergehen. Noch höher war das Risiko nur bei COPD.
In einer Fall-Kontroll-Studie zeigte sich bei gematchten Paaren keine erhöhte Inzidenz bei Menschen mit Diabetes. Beobachtet wurde aber, dass sich bei Personen mit Post-COVID die Einstellung ihrer Stoffwechsel-Parameter häufig verschlechtert. So hätten Menschen, die ständig müde seien, Muskelschmerzen hätten und sich deswegen wenig bewegten, sicher auch größere Schwierigkeiten, ihren Typ-2-Diabetes zu behandeln, sagt Helling. Ob es zusätzliche diabetogene Effekte bei Long-COVID gibt, wird diskutiert, ist aber noch nicht eindeutig belegt.
Multidisziplinärer Ansatz ratsam
Patienten mit Post-COVID-Syndrom profitieren von einer Reha mit multidisziplinärem Ansatz. Besonders Dyspnoe und körperliche Leistungsminderung können hier gut gebessert werden. Die vor allem bei jüngeren Menschen auftretenden neuropsychologischen Symptome erweisen sich dagegen als relativ hartnäckig. Auch hier lassen sich aber Besserungen erzielen. Viele Betroffenen kommen erst spät in die Rehabilitation. Ob dies eine Chronifizierung fördert, muss die Zukunft zeigen.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Coliquio.de.
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Diesen Artikel so zitieren: Post-COVID-Syndrom bei Typ-2-Diabetes: Wissenschaftler fordern multidisziplinären Ansatz - Medscape - 23. Dez 2022.
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