Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) verwarnte kürzlich 7 Unternehmen für das Bewerben ihrer Produkte zur Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen: „Angesichts der Tatsache, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in den USA sind, ist es wichtig, dass die FDA die Öffentlichkeit vor Produkten und Unternehmen schützt, die unrechtmäßige Behauptungen zur Behandlung dieser Erkrankungen aufstellen (...)“, sagte Dr. Cara Welch, Direktorin des Office of Dietary Supplement Program im FDA-Zentrum für Lebensmittelsicherheit und angewandte Ernährung, in der aktuellen FDA-Meldung.
„Wir ermutigen die Verbraucher, beim Einkaufen im Internet oder in Geschäften wachsam zu sein, um den Kauf von Produkten zu vermeiden, die ihre Gesundheit gefährden könnten“, so Welch.
Nahrungsergänzungsmittel: Häufig verwendet, aber Wirkung auf Lipide kaum untersucht
„Bisher wurde in nur wenigen gut kontrollierten Studien die Wirksamkeit verschiedener Nahrungsergänzungsmittel auf LDL-C (Low Density Lipoprotein-Cholesterin) untersucht. Viele Patienten mit erhöhten Lipidwerten wenden jedoch Nahrungsergänzungsmittel an, obwohl die Datenlage für deren Wirksamkeit insbesondere im Vergleich zu Statinen limitiert ist“, schreiben die Autoren um Dr. Luke J. Laffin, Cleveland Clinic Foundation, Cleveland, Ohio.
Sie publizierten kürzlich eine Studie im Journal of the American College of Cardiology [] 1 ]. Ziel ihrer Studie war es, die Wirksamkeit von niedrig-dosiertem Statin hinsichtlich LDL-C und weiterer Lipid-Biomarker mit 6 käuflich verfügbaren Nahrungsergänzungsmitteln (Fischöl, Zimt-Präparat, Knoblauch, Kurkuma, Phytosterole und rot fermentiertem Reis) und Placebo zu vergleichen.
Hauptergebnis der Studie: Gering-dosiertes Rosavustatin reduzierte LDL-C-Werte signifikant (-35,2%) im Vergleich zu Placebo und zu 6 gängigen Nahrungsergänzungsmitteln innerhalb von 28 Tagen. Keines der untersuchten Nahrungsergänzungsmittel war wirksamer als Placebo.
Kein Nahrungsergänzungsmittel beeinflusst Lipidwerte
„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass keines der Nahrungsergänzungsmittel einen signifikanten Effekt auf LDL- oder Gesamt-Cholesterin oder Triglyzerid-Spiegel hat. Alle diese Parameter waren durch die niedrigste Dosis Rosuvastatin (5 mg) signifikant um 20 bis 35% nach 28 Tagen reduziert – bei einem Ausgangs-LDL-Wert von im Mittel 128 mg/dl. hsCRP war auch unter 5 mg Rosuvastatin nicht reduziert nach 28 Tagen“, kommentiert Prof. Dr. Andreas Zeiher gegenüber Medscape. Zeiher ist außerordentlicher Professor für Kardiologie am Institut für kardiovaskuläre Regeneration der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).
„Diese sehr praxisnahe Studie bestätigt erneut, dass die vielfach beworbenen und verkauften Nahrungsergänzungsmittel zur Beeinflussung des Lipidstoffwechsels nach 4 Wochen Einnahme keinerlei Effekt auf die gemessenen Lipidparameter hatten, während die niedrigste verfügbare Dosis von Rosuvastatin, die mit extrem seltenen Nebenwirkungen einhergeht, das LDL-Cholesterin um im Mittel 35% signifikant reduzierte“, so Zeiher.
Die Nachbeobachtungsdauer von 28 Tagen lasse keine Aussage zu Langzeit-Effekten und eventuell sogar klinischen Ereignissen zu. Es sei aber zu erwarten, dass auch hier die 5 mg Rosuvastatin-Dosis den hier untersuchten Nahrungsergänzungsmitteln deutlich überlegen ist, erklärt Zeiher.
Kritischer Blick auf Nahrungsergänzungsmittel notwendig
„Alle diese Nahrungsergänzungsmittel werden beworben mit einem günstigen Effekt auf den Lipidstoffwechsel“, so Zeiher. Er bestätigt das Fazit der Autoren: „Diese Studie zeigt erneut, dass es notwendig ist, mit den betroffenen Patienten genau zu besprechen, was von diesen ‚Therapeutika‘ zu erwarten ist.Angesichts eines Umsatzes von 50 Milliarden Dollar allein in den USA trägt die Studie von Laffin et al. sicherlich dazu bei, einen kritischen Blick auf Nahrungsergänzungsmittel zur Beeinflussung des Lipidstoffwechsels zu werfen und das Verkaufsargument ‚gut für Ihre Cholesterin-Werte und Ihre Gefäßgesundheit‘ nicht unwidersprochen stehen zu lassen.“
Hersteller bewerben ihre Produkte als „natürliche Alternative zum Herzschutz oder zum Cholesterinmanagement“. Dies sei eine große Gefahr, wenn „Hyperlipidämie-Patienten Supplemente anstelle von Statinen einnehmen, obwohl es keine hochqualitativen Daten dazu gibt. Viele Anwender würden sogar Nahrungsergänzungsmittel als sicherer und wirksamer halten als verschreibungspflichtige Medikamente“, schreiben die Autoren.
Studienergebnisse im Detail
An der randomisierten einfach-verblindeten Studie nahmen 190 Personen teil, die bisher keine atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung (ASCVD) aufwiesen, einen LDL-C-Wert im Bereich von 70 bis 189 mg/dl hatten und ein erhöhtes 10-Jahres-Risiko einer ASCVD.
Die Teilnehmer waren im Mittel 64,4 Jahre alt (± 6,4), und 59% waren Frauen. Sie wurden in Studiengruppen zu je gleicher Anzahl aufgeteilt und erhielten in einem Zeitraum von 28 Tagen täglich:
5 mg Rosuvastatin,
Placebo oder
eines der gängigen Nahrungsergänzungsmittel (Fischöl, Zimt-Präparat, Knoblauch, Kurkuma, Phytosterole oder roter Hefereis) in Höhe der vom Hersteller empfohlenen Tagesdosis.
Der LDL-C-Wert war nach Einnahme des Statins gegenüber Placebo oder Nahrungsergänzungsmitteln um 35,2% reduziert (95%-Konfidenzintervall [KI] -41,3 bis -29,1; p<0,001). Des Weiteren untersuchten die Autoren die Lipid-Biomarker Gesamt-Cholesterin, HDL-C und Serum-Triglyzeride sowie den Entzündungsmarker hsCRP. Patienten in der Statingruppe hatten gegenüber den 7 Vergleichsgruppen ein signifikant reduziertes Gesamt-Cholesterin (-24,4%; 95%-KI -27,6 bis -21,3; p<0,001 für alle Vergleiche) und reduzierte Serum-Triglyzerid-Spiegel (-19,3%; 95%-KI -27,6 bis -9,9; p<0,05 für alle Vergleiche).
Für den HDL-C-Wert wurde kein Unterschied zwischen der Rosuvastatin-Gruppe und 6 der 7 Vergleichsgruppen festgestellt. Phytosterole reduzierten den HDL-C-Wert im Vergleich zu Rosuvastatin um 7,5% (95%-KI -13,3 bis -1,6, p=0,01) und 7,1% im Vergleich zu Placebo. Für den hsCRP-Wert wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den einzelnen Studiengruppen festgestellt.
Beim Vergleich der einzelnen Nahrungsergänzungsmittel-Gruppen nur mit Placebo wurde keine signifikante Senkung des LDL-C- oder eines anderen Wertes festgestellt, wobei nach der Einnahme des Knoblauchpräparats eine signifikante Erhöhung um 7,8% des LDL-C-Wertes festgestellt wurde. Bei allen Patienten der Rosuvastatin-Gruppe war der LDL-C-Wert um zwischen 18,2 und 40,0% reduziert. Im Studienzeitraum wurden in der Rosuvastatin-Gruppe keine Nebenwirkungen beobachtet.
Die Ergebnisse der Studie können daher den Anspruch der Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller auf „Cholesterin Gesundheit“ nicht unterstützen.
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Credits:
Photographer: © Hendraxaverius
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Diesen Artikel so zitieren: FDA verwarnt Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln: Statine wirken besser als Fischöl, Knoblauch und Kurkuma - Medscape - 15. Dez 2022.
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