Hüft- und Knieimplantate bei Senioren: OPs nicht mit starken kognitiven Defiziten assoziiert – aber Langzeit-Daten fehlen

Michael Simm

Interessenkonflikte

27. Dezember 2022

Ältere Menschen, denen eine künstliche Hüfte oder ein künstliches Knie implantiert wurde, zeigen bei einer mittleren Nachverfolgungszeit von 4 Jahren keinen schnelleren kognitiven Verfall als eine Kontrollgruppe ohne Implantate. Geringfügige Effekte konnten Forscher allerdings bei über 80-jährigen 8 Jahre nach dem Eingriff beobachten [1].

Häufige Eingriffe bei Senioren

Zum Hintergrund: Arthroplastiken sind in den reichen Ländern einer der häufigsten Eingriffe – alleine in den USA leben 8 Millionen Menschen mit künstlichen Hüften oder Knien. Auch werden die Patienten immer älter und leben dadurch immer länger mit den Implantaten. Die Autoren sorgen sich deshalb um die Sicherheit und um mögliche langfristige Effekte dieser systemischen Exposition, insbesondere um eine Neurotoxizität, die mit einer Beeinträchtigung der Kognition einhergehen könnte.

Sind solche Bedenken gerechtfertigt? Dieser Fragestellung sind Wissenschaftler jetzt nachgegangen. Ihre bevölkerungsbasierte Kohortenstudie umfasste 5.550 Patienten ab 50 Jahren, die zwischen den Jahren 2004 und 2020 an der prospektiven Mayo Clinic Study of Aging teilgenommen hatten. Thema der Studie waren Risikofaktoren für milde kognitive Beeinträchtigungen. 

Unter den Studienteilnehmern (51% Männer) waren 952 mit künstlichen Hüft- und 626 mit künstlichen Kniegelenken, die teils vor und teils nach Eintritt in die Studie implantiert worden waren. Die Untersuchungen erfolgten alle 15 Monate und beinhalteten unter anderem eine 9-teilige neuropsychologische Testbatterie zu Darstellung der kognitiven Leistungen in 4 Domänen.

Ergebnisse der Studie

Zu Studienbeginn waren die Teilnehmer durchschnittlich 73,04 Jahre alt, wobei jene mit einer Arthroplastik im Mittel älter und häufiger weiblichen Geschlechts waren, und einen höheren BMI hatten. Die mittlere Nachverfolgungszeit betrug 4,17 Jahre (Spanne 0-14,51 Jahre).

Bis zum Alter von 80 Jahren sahen die Forscher keine Unterschiede beim Nachlassen kognitiver Fähigkeiten. Ab dem 80sten Lebensjahr und 8 Jahre nach dem Eingriff sah man einen geringfügig schnelleren kognitiven Abbau bei den Operierten (b=-0,003; 95%-Konfidenzintervall -0,04 bis -0,02).

Stratifiziert nach der Art des Eingriffs erstreckte sich der Rückgang der kognitiven Leistungen primär auf ältere Studienteilnehmer mit Arthroplastiken des Knies.

Bezüglich der in den Implantaten verwendeten Metalle zeigte sich ein geringfügig beschleunigter kognitiver Verfall bei den Gesamtwerten, Gedächtnis und Aufmerksamkeit unter Titanium und für kombinierte Chrom-Kobalt/Titanium-Implantate. Allerdings waren die Fallzahlen für andere Materialien (Oxinium, Stahl und Tantal) klein.

Zu kurze Nachbeobachtung

Auf den ersten Blick sind die Ergebnisse dieser Kohortenstudie beruhigend. „Die Differenz war klein, und die klinische Bedeutung ist unklar“, schreiben die Autoren. Allerdings war die durchschnittliche Nachverfolgungszeit mit 4 Jahren relativ kurz. Außerdem ist ein Selektionseffekt denkbar, weil weniger fitte Senioren möglicherweise seltener eine Arthroplastik erhalten.

Der Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

 

Kommentar

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