Wo die Maskenpflicht im ÖPNV endet; Lebenserwartung in der EU sinkt deutlich; erneute Infektionen erhöhen Komplikationsrisiko

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

8. Dezember 2022

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 8. Dezember 2022

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 214 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 7. Dezember lag der Wert bei 208.

Unsere Themen heute:

  • Bund und Länder: Keine Einigkeit bei der Maskenpflicht

  • Besserer Schutz in Alten- und Pflegeheimen seit Beginn der Pandemie

  • BioNTech/Pfizer: Antrag auf Zulassung des Omikron-Vakzins für Kinder unter 5 Jahren in den USA

  • OECD: EU-weit starker Rückgang der Lebenserwartung durch COVID-19

  • COVID-19: Reinfektionen erhöhen Morbidität und Mortalität

  • Paxlovid® – auch bei Schwangeren eine Option

Bund und Länder: Keine Einigkeit bei der Maskenpflicht

Langsam steigen die 7-Tage-Inzidenzen wieder an. Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) sieht darin den Beginn der Winterwelle – stößt bei Kollegen aus den Ländern aber auf taube Ohren. Bei einem Treffen konnten sich alle Beteiligten nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise verständigen.

Umstritten bleibt vor allem die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr. In Bayern soll es ab dem Wochenende nur noch Empfehlungen geben, aber keine verpflichtenden Regeln mehr. Sachsen-Anhalt hat sich auch zu solchen Lockerungen entschlossen. Und Schleswig-Holstein will in der nächsten Woche darüber entscheiden.

Angesichts der aktuellen Entwicklung sei die Verhältnismäßigkeit der Schutzmaßnahe „nicht mehr gegeben“, so Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Kritik kommt aus Berlin: „Ich bin einfach davon nicht überzeugt“, so Lauterbach.

RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar H. Wieler macht sich ebenfalls für Masken stark. „Das Virus hat eine Saisonalität, und wir sind uns einig, dass die Fallzahlen im Winter wieder steigen“, sagte er. „Das hängt auch damit zusammen, dass mehr Menschen in Innenräumen zusammenkommen, dass das soziale Leben zum Glück wieder Fahrt aufgenommen hat.“ Dank der Masken bleibe die Zahl der Atemwegserkrankungen insgesamt im Rahmen.

Auch zum Umgang mit Infektionen fehlte beim Treffen der Ministerpräsidenten der Konsens. Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Hessen und Rheinland-Pfalz haben die vom RKI empfohlene Isolationspflicht von mindestens 5 Tagen aufgehoben.

Besserer Schutz in Alten- und Pflegeheimen seit Beginn der Pandemie

Senioren in Alten- und in Pflegeheimen gelten als besonders vulnerable Gruppe für COVID-19. Doch konnten Impfstoffe und Hygieneregeln die Lage verbessern? Um das herauszufinden, haben Forscher Daten aus 4 Heimen mit 530 Heimplätzen aus Frankfurt zusammengestellt. Ihre Studie lief zwischen März 2020 und August 2022.

Im Zeitraum nahm der Anteil der Hospitalisierungen Infizierter von 24,7% (2020) über 18,6% (2021) auf 8,3% (2022) ab. Auch bei Todesfällen in Zusammenhang mit COVID-19 zeigte sich ein vergleichbarer Trend: von 20,4% (2020) über 14,0% (2021) auf 1,7% (2022). Zuletzt war der Anteil Geimpfter inklusive Booster Shot sehr hoch (85%). Nicht-pharmazeutische Maßnahmen zur Hygiene kamen mit hinzu.

BioNTech/Pfizer: Antrag auf Zulassung des Omikron-Vakzins für Kinder unter 5 Jahren in den USA

Per Pressemeldung gaben BioNTech/Pfizer bekannt, bei der US Food and Drug Administration (FDA) einen Antrag für die Notfallzulassung ihres angepassten bivalenten Vakzins zu stellen. Zielgruppe sind Kinder von 6 Monaten bis 4 Jahren. Der Impfstoff zielt speziell auf BA.4 und BA.5 ab. Die European Medicines Agency (EMA) bearbeitet derzeit einen ähnlichen Antrag.

Im Falle einer Zulassung würden Kinder dieser Altersgruppe als primäre Impfserie 2 Dosen des ursprünglichen Vakzins mit je 3 µg des Wirkstoffs erhalten, gefolgt von der Auffrischungsimpfung mit 3 µg des angepassten BA.4/BA.5-Vakzins.

OECD: EU-weit starker Rückgang der Lebenserwartung durch COVID-19

Eine neue Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) zeigt: Die COVID-19-Pandemie hat in 2021 in der EU zu einer um mehr als 1 Jahr kürzeren Lebenserwartung geführt, verglichen mit dem Vorjahr: der stärkste Rückgang seit dem 2. Weltkrieg.

Bis Ende Oktober 2022 hatten die 27 EU-Mitgliedstaaten mehr als 1,1 Millionen Todesfälle in Zusammenhang mit COVID-19 registriert. Statistiker gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Zahlen zur Übersterblichkeit zeigen, dass insgesamt 300.000 Menschen zusätzlich gestorben sind: durch direkte oder indirekte Folgen der Pandemie. Mehr als 90% der Todesfälle betrafen über 60-Jährige.

In den skandinavischen Ländern Island, Norwegen, Dänemark und Finnland fiel der Effekt von COVID-19 auf die Mortalität am geringsten aus, während er in den mittel- und osteuropäischen Ländern Bulgarien, Ungarn, Kroatien, der Tschechischen Republik, Slowenien, Lettland und Rumänien am stärksten war.

Auf der Suche nach Erklärungen führt die OECD eine Vielfalt möglicher Ursachen an. Dazu gehören Unterschiede in der Demografie beziehungsweise der Vulnerabilität, aber auch verschieden wirksame Eindämmungsstrategien, die Akzeptanz der Schutzimpfungen gegen COVID-19 und die Unterschiede in den Kapazitäten der Gesundheitssysteme.

COVID-19: Reinfektionen erhöhen Morbidität und Mortalität

Wiederholte Reinfektionen mit dem SARS-CoV2-Virus bringen offenbar ein erhebliches zusätzliches Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen mit sich, berichtet Univadis.de . Demnach haben Menschen, die sich wiederholt infizieren ein doppelt so hohes Sterberisiko und eine dreimal so hohe Wahrscheinlichkeit für einen Krankenhausaufenthalt wie Personen ohne Reinfektion.

Für die Studie analysierte das Forscherteam Daten von mehr als 443.000 Personen, die im Zeitraum vom 1. März 2020 bis 16. April 2022 eine Corona-Infektion hatten, sowie fast 41.000 Personen, bei denen 2 bis 4 Infektionen dokumentiert waren. Als Kontrollgruppe dienten rund 5,3 Millionen Patienten, die nicht positiv auf SARS-CoV2-getestet wurden. Die Angaben stammen aus einer Gesundheitsdatenbank des Kriegsveteranen-Ministeriums der USA.

Anhand statistischer Modellierungen berechneten die Forscher das Gesundheitsrisiko durch mehrfache Infektionen 30 Tage und 6 Monate nach der Infektion. Dabei wurden die unterschiedlichen Virus-Varianten Delta, Omikron und BA.5 berücksichtigt.

Den Ergebnissen zufolge hatten Menschen mit einer SARS-CoV2-Reinfektion ein doppelt so hohes Sterberisiko (Hazard Ratio (HR) 2,41) und eine 3-mal so hohe Wahrscheinlichkeit für einen Krankenhausaufenthalt (HR 2,98) im Vergleich zu Personen, die nur 1-mal an COVID-19 erkrankt waren.

Auch das Risiko für Folgeerkrankungen stieg deutlich an, wenn sich Menschen öfter als 1-mal mit dem Corona-Virus infizierten. So kam es bei einer Reinfektion häufiger zu Komplikationen in den Lungen und mehreren extrapulmonalen Organsystemen einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hämatologische Störungen, Fatigue, gastrointestinale Störungen, Nierenerkrankungen, psychische Störungen, Diabetes mellitus, Muskel-Skelett-Erkrankungen und neurologische Erkrankungen.

Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass das Risiko offenbar mit jeder weiteren Infektion steigt. So war das Risiko auf eine Komplikation nach der 1. Infektion im Vergleich zu nicht infizierten Kontrollen um 35% erhöht; nach der 2. Infektion doppelt und nach 3 oder mehr Infektionen 3-mal so hoch.

Paxlovid® – auch bei Schwangeren eine Option

Werdende Mütter haben bekanntlich ein erhöhtes Risiko für schweres COVID-19. Abgesehen von Impfungen gibt es kaum Optionen für sie. Doch eignet sich Paxlovid® (Nirmatrelvir und Ritonavir), um schweren Verläufen vorzubeugen, ohne dem ungeborenen Kind zu schaden? Dieser Frage sind Forscher jetzt nachgegangen.

Sie werteten Daten schwangerer Patientinnen aus, bei denen eine SARS-CoV-2-Infektion diagnostiziert wurde, die Nirmatrelvir/Ritonavir er und ihr Kind zwischen dem 22. Dezember 2021 und dem 20. August 2022 zur Welt gebracht haben. 47 Frauen wurden in die Studie aufgenommen. Ihr Alter lag im Median bei 34 Jahren, und sie waren im Median in der 28. Schwangerschaftswoche.

Die medikamentöse Behandlung wurde im Median 1 Tag nach Auftreten der Symptome eingeleitet, und nur 2 Patientinnen (4,3%) brachen ihre Therapie wegen unerwünschter Wirkungen ab. 30 Patientinnen (63,8%) hatten mindestens 1 Grunderkrankung, die als Risikofaktor für schweres COVID-19 gilt. Bis Studienende kam es bei 25 Patientinnen (53,2%) zu Entbindungen, darunter waren 12 (48,0%) Kaiserschnitte. 2 der 47 Studienteilnehmerinnen (4,3%) mussten wegen anderer Grunderkrankungen stationär behandelt werden.

„In dieser Fallserie haben schwangere Patientinnen, die mit Nirmatrelvir und Ritonavir behandelt wurden, die Behandlung gut vertragen, obwohl es eine unerwartet hohe Rate von Kaiserschnittentbindungen gab“, schreiben die Autoren als Fazit. „Das Fehlen einer Zunahme schwerwiegender unerwünschter Wirkungen bei schwangeren Patientinnen oder deren Nachkommen deutet darauf hin, dass Ärzte diese Arzneimittelkombination zur Behandlung schwangerer Patientinnen mit SARS-CoV-2-Infektion einsetzen können.“

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