Die neuen 3-Level der Kliniken - Lauterbachs Pläne zur Krankenhaus-Reform: Lob und Kritik, aber auch Fragen zur Finanzierung

Christian Beneker

Interessenkonflikte

7. Dezember 2022

Zustimmung und Kritik an den Krankenhausplänen von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr.Karl Lauterbach (SPD). Am 6. Dezember 2022 hat die Krankenhauskommission ihre Pläne für die Zukunft der stationären Versorgung im Land vorgelegt. Lauterbach stellte die Pläne der Öffentlichkeit vor [1]. Die Krankenhauspatienten sollen sich sicher sein können, dass ökonomische Aspekte bei ihrer Behandlung keine dominierende Rolle spielen, sagte Lauterbach.

Die wesentliche Neuerung ist ein neu entworfenes Abrechnungssystem: Zukünftig sollen die medizinischen Leistungen im Krankenhaus nicht einzig über die DRGs finanziert werden, sondern auch über sogenannte Vorhalteleistungen. Ein Teil des Geldes erhalten die Krankenhäuser wie gewohnt dafür, dass sie die Leistung erbringen, also als DRG. Ein anderer Teil fließt dafür, dass sie diese Leistungen zur Verfügung halten.

Diese „Vorhalteleistungen“ werden bundesweit für 128 Leistungsgruppen, zum Beispiel „Kardiologie“ einheitlich definiert. Sie werden rund 40% der Gesamtleistungskosten ausmachen. Von der 40%-Regel ausgenommen werden:

  • die Neonatologie,

  • die Intensivmedizin,

  • die Notfallmedizin und

  • die Geburtshilfe.

„Da schlagen wir vor, dass der Vorhalteanteil höher gesetzt wird, auf 60%“, erklärte Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Mitglied der 17-köpfigen Krankenhauskommission. Karagiannidis warnte davor, den ökonomischen Aspekt ganz aus der Honorierungssystematik zu verbannen. „Es braucht eine gewisse Ökonomie im System“, so Karagiannidis.

Krankenhäuser: Künftig 3 Level

Wie hoch die Vorhalteleistungen vergütet werden, entscheidet sich auch daran, zu welchem der zukünftig 3 Levels das betreffende Krankenhaus gehören wird:

  • zu den Häusern der Grundversorgung, die für die medizinische und pflegerische Basisversorgung sowie Notfälle oder grundlegende chirurgische Eingriffe zuständig sind;

  • zu den Häusern der Regel- und Schwerpunktversorgung, die im Vergleich zur Grundversorgung weitere Leistungen anbieten; oder

  • zu den Häusern der Maximalversorgung, zum Beispiel Universitätskliniken.

„Behandlungen sollen künftig nur noch abgerechnet werden können, wenn dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt wurde“, teilt das Bundesgesundheitsministerium mit. Je nach Komplexität der Leistung wird für jede Leistungsgruppe festgelegt, ob sie an Krankenhäusern aller 3 Level erbracht werden darf oder nur an Häusern höherer Level. Die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten werde so „maßgeblich verbessert“, hieß es.

Kritiker vermissen bei den neuen Krankenhausplänen den „Bevölkerungsbezug“

Der Vorsitzende des Zentralinstitutes für die kassenärztliche Versorgung (ZI), Dr. Dominik von Stillfried, erklärte, Lauterbachs Papier enthalte „gute Elemente einer künftigen Finanzierungsstruktur“. Es folge aber vor allem dem Interesse, große Kliniken zu erhalten, und lasse zudem ein „ausgereiftes Strukturkonzept“ vermissen, „auf dessen Grundlage abgeleitet werden kann, wie viele Krankenhäuser mit welcher Struktur zur Versorgung der Bevölkerung benötigt werden“, so von Stillfried in einer Mitteilung seines Hauses.

Von Stillfried kritisierte auch die geplante Vergütung anhand der Leistungen, die die Krankenhäuser vorhalten, also erbringen können, statt, wie derzeit, anhand der DRGs für Leistungen, die sie erbracht haben. Der Mechanismus für die Finanzierung der Vorhalteleistungen sei unklar, hieß es. „Ohne einen klaren Bevölkerungsbezug, bei dem Gelder für Vorhaltefinanzierung nur einmal pro Bürger nach Bedarfskriterien vergeben werden, wird das fallzahlbezogene Hamsterrad jedoch kaum gestoppt werden können“, so von Stillfried.

Weitere Kritik: Umverteilung von Geld, statt mehr Geld ins System zu bringen

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert, die „grundsätzlich richtigen Gedanken“ der Kommission basierten auf „falschen Grundprämissen“. Denn die Vorschläge würden das Geld nur umverteilen, statt mehr Geld ins System zu bringen. Die Reform sei deshalb „schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt“.

 
Die Vorschläge der Kommission zur Krankenhausplanung atmen den Geist der kleinteiligen Regulierung. Deutsche Krankenhausgesellschaft
 

Zudem dürften die Länder sich dagegen sperren, dass der Bund mit der Definition von 128 Leistungsgruppen in ihre Verantwortung eingreift, so die DKG. „Die Vorschläge der Kommission zur Krankenhausplanung atmen den Geist der kleinteiligen Regulierung.“ Die Reform sei „deutlich zu kurz gesprungen.“

Anders argumentiert Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes. Sie will mehr finanzielle Sicherheit für das Personal. Die DRGs müssten ganz abgeschafft werden, erklärte Johna in einer Mitteilung ihres Verbandes. „Eine wirkliche Überwindung des Fallpauschalensystems kann nur gelingen, wenn alle notwendigen Personalkosten der direkten Patientenversorgung ausgegliedert und als Vorhaltekosten finanziert werden.“

Kritik auch am Zuschnitt der Basisversorgung in den Level-1-Häusern. Es sei „unklar, welche Patienten eine solche ‚Basisversorgung‘ benötigen, die nachts und am Wochenende weitgehend ohne Ärztinnen und Ärzte auskommen soll, und wer die Haftung übernimmt, wenn die Leitung beim Pflegepersonal liegt“, so Johna.

Die Vorsitzende rief Bund und Länder dazu auf, aufeinander zuzugehen und „die Chance zu nutzen, die sich durch eine Neujustierung der Krankenhausversorgung für alle Beteiligten ergeben.“

Von einer „richtigen Richtung“ der Vorschläge spricht Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband: eine bedarfsgerechte Versorgung. Sie könne nur durch bundeseinheitliche Kriterien sichergestellt werden. „Ländergrenzen dürfen hier kein Hindernis sein“, so Stoff-Ahnis.

 
Die Selbstverwaltung will und muss an der Definition und Ausarbeitung dieser bundeseinheitlichen Kriterien und Vorgaben mitwirken. Stefanie Stoff-Ahnis
 

„Die Selbstverwaltung will und muss an der Definition und Ausarbeitung dieser bundeseinheitlichen Kriterien und Vorgaben mitwirken. Selbstverständlich stellen wir hierfür unsere Expertise zur Verfügung.“

„Was wir bisher vermissen, ist eine klare Aussage zur Finanzierungsverantwortung“, kritisierte allerdings Stoff-Ahnis. „Bei der Verwendung von GKV-Versichertengeldern muss auch die Private Krankenversicherung angemessen beteiligt werden.“

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