Omikron-Vorläufer zirkulierten früher als angenommen; Apotheken impfen weiter; Bananen-Lektine als COVID-19-Therapie?

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

5. Dezember 2022

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 5. Dezember 2022

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 195 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 4. Dezember lag der Wert bei 199.

Unsere Themen heute:

  • RKI: Epidemiologische Bewertung der Lage

  • Bundesregierung will COVID-19-Impfungen in Apotheken verstetigen

  • Charité-Studie: Omikron tauchte Monate früher auf als angenommen

  • Neuer Therapieansatz bei COVID-19 mit Lektinen aus Bananen

  • COVID-19-Vakzine: Hoher Schutz gegen COVID-19-Todesfälle auch während Omikron

RKI: Epidemiologische Bewertung der Lage

„Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz der gemeldeten Fälle mit einem labordiagnostischen Nachweis von SARS-CoV-2 ist in Meldewoche (MW) 47 im Vergleich zur MW 46 unverändert geblieben“, heißt es im aktuellen RKI-Wochenbericht. „In 9 Bundesländern stieg die 7-Tage-Inzidenz, in 7 Bundesländern sank sie.“

Weitere Ergebnisse der Bewertung:

  • Mit bundesweit 8,2 Millionen Fällen liegt die Zahl der akuten Atemwegsinfektionen deutlich über dem Wert der Vorjahre.

  • In positiv getesteten Proben waren vor allem Influenzaviren (36%), RSV (19%) und SARS-CoV-2 (6%) nachweisbar.

  • Die Omikron-Linie BA.5 hat andere Varianten fast vollständig verdrängt; ihr Gesamtanteil lag zuletzt bei 91% (KW46).

  • Der Anteil kritischer Sublinien von BA.5 (insbesondere BQ.1.1) steigt weiter, zuletzt auf über 13% (KW46).

  • Die im DIVI-Intensivregister gemeldete Zahl an COVID-19-Patienten war in Woche 47 geringer als in der Vorwoche (898 Patienten versus 925 Patienten).

Bundesregierung will COVID-19-Impfungen in Apotheken verstetigen

Impfungen bleiben auch 2022/2023 eine tragende Säule, um COVID-19 zu kontrollieren. Wie Medscape im Blog berichtet hat, plant Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, niedergelassene Ärzte stärker in COVID-19-Impfungen einzubinden. Zumindest bis Ende 2023 sollen aber auch öffentliche Apotheken weiter impfen. Um Zeit zu gewinnen, will die Bundesregierung entsprechende Änderungen per „Omnibusverfahren“ im Gesetz für eine Gaspreisbremse unterbringen, das noch 2022 verabschiedet werden soll – bei unveränderten Rahmenbedingungen zur Vergütung der Leistungen.

Ein weiterer Änderungsantrag sieht vor, Apotheken dauerhaft für diese Impfungen zu berechtigen. Der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband sollen als Spitzenverbände der Selbstverwaltung im Apothekenbereich die Rahmenbedingungen aushandeln.

Charité-Studie: Omikron tauchte Monate früher auf als angenommen

Am 9. November 2021 wurde die SARS-CoV-2-Variante Omikron erstmals in Südafrika und Botswana identifiziert und am 26. November 2021 von der Weltgesundheitsorganisation als „besorgniserregende Variante“ eingestuft. Doch woher kam Omikron? Dieser Frage sind Forscher der Berliner Charité – Universitätsmedizin zusammen mit afrikanischen Kollegen nachgegangen.

Sie entwickelten einen speziellen PCR-Test, um die Omikron-Variante BA.1 spezifisch nachzuweisen. Mit ihrer Methode untersuchten Wissenschaftler mehr als 13.000 Proben aus 22 Ländern Afrikas an, die zwischen Mitte 2021 und Anfang 2022 aus Abstrichen gewonnen worden waren.

Recht überraschend fanden die Virologen bei 25 Menschen aus 6 afrikanischen Ländern Viren mit Omikron-spezifischen Mutationen: 2 Monate vor dem offiziell ersten Nachweis dieser SARS-CoV-2-Variante.

670 dieser Proben wurden auch sequenziert. „Unsere Daten zeigen, dass Omikron verschiedene Vorläufer hatte, die sich miteinander mischten und zur selben Zeit und über Monate hinweg in Afrika zirkulierten“, so Prof. Dr. Jan Felix Drexler von der Charité. „Das deutet auf eine graduelle Evolution der BA.1-Omikron-Variante hin, während der sich das Virus immer besser an die vorhandene Immunität der Menschen angepasst hat.“

Anhand ihrer Daten kommen die Forscher zu weiteren Erkenntnissen:

  • Omikron ist nicht auf Übertritte aus dem Tierreich auf Menschen zurückzuführen.

  • Bei der Entstehung spielten immunsupprimierte Menschen keine Rolle.

  • Dass Omikron vermeintlich aus dem Nichts aufgetaucht ist, hat andere Gründe: In den betroffenen Ländern Afrikas gab es kaum Tests oder Sequenzierungen; die Forschenden sprechen von einem diagnostisch „blinden Fleck“.

Neuer Therapieansatz bei COVID-19 mit Lektinen aus Bananen

Auch die Suche nach neuen Therapien gegen COVID-19 geht weiter. Trotz ihrer enormen genetischen Vielfalt besitzen alle Vertreter der Coronaviridae-Familie eine strukturelle Gemeinsamkeit, die therapeutisch genutzt werden kann. Dies legen Ergebnisse einer Studie nahe; Coliquio.de hat darüber berichtet.

Der experimentelle Wirkstoffkandidat H84T-BanLec vermittelte in Zelllinien, menschlichem Ex-vivo-Lungengewebe sowie in Tiermodellen eine Schutzwirkung vor SARS-CoV-2 inklusive den Virusvarianten Alpha, Beta, Gamma, Omikron, sowie weiteren humanpathogenen Coronaviren (SARS, HCoV-OC43, HCoV-229E). Besonders bemerkenswert: H84T-BanLec erhöhte signifikant die Überlebensrate von Mäusen, die mit dem hochpathogenen MERS-CoV infiziert wurden.

H84T-BanLec ist ein molekulargenetisch modifizierter Abkömmling eines aus der Bananenfrucht (Musa acuminata) isolierten Lektins. Die virostatische Eigenschaft des Lektins begründet sich in der gezielten „Anheftung“ an mannosereiche Zuckerstrukturen (Glykane), die sich auf der Oberfläche der Viren befinden. 

Gleichzeitig gelten diese Zuckerstrukturen als konserviert und kommen nur selten auf gesunden menschlichen Zellen vor. Wird die Virusoberfläche an diesen Stellen blockiert, können Viruspartikel nicht mehr in Wirtszellen gelangen. Eine Infektion wird verhindert und die Virusvermehrung unterbunden.

Es wird zudem vermutet, dass sich Resistenzphänomene – etwa bedingt durch eine kontinuierliche mutationsbedingte Antigendrift – bei einem Lektin-vermittelten Therapieansatz geringer ausprägen. Der Grund: Zuckerstrukturen sind aus evolutionärer Sicht „beständiger“ als jene von Proteinen, da sie vom genetischen Code teilweise entkoppelt sind. Weitere Tests sind geplant, um den Mehrwert der Strategie zu untersuchen.

COVID-19-Vakzine: Hoher Schutz gegen COVID-19-Todesfälle auch während Omikron

Argentinische Wissenschaftler fanden anhand einer Kohortenstudie heraus, dass Kinder und Jugendliche währen der Omikron-Welle zwar schlechter gegen COVID-19 geschützt waren als zuvor – aber der Effekt gegen schweres COVID-19 kaum nachgelassen hat.

Grundlage ihrer Analyse waren Daten von 844.460 Kindern und Jugendlichen aus Argentinien ohne frühere SARS-CoV-2-Infektion. Sie wurden zwischen September 2021 und April 2022 via PCR oder Antigen-Schnelltest auf SARS-CoV-2 getestet. Nach dem Abgleich mit den entsprechenden Kontrollen wurden Daten von 139.321 (60,3%) aller 231.181 Teilnehmer in die Analyse einbezogen.

Kinder sind laut Definition der Forscher 3 bis 11 Jahre und Jugendliche 12 bis 17 Jahre alt. Im Studienzeitraum haben ihnen argentinische Impfausschüsse 2 Dosen mRNA-1273 (Moderna), BNT162b2 (BioNTech/Pfizer) oder BBIBP-CorV (Sinopharm) empfohlen.

Hinsichtlich der Effektivität errechneten die Forscher:

  • Die geschätzte Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine SARS-CoV-2-Infektion lag bei Kindern bei 61,2% (95%-Konfidenzintervall: 56,4 bis 65,5 %) und bei Jugendlichen bei 66,8% (63,9 bis 69,5%) während des Zeitraums, in dem Delta dominierte.

  • Während Omikron waren es 15,9% (13,2% bis 18,6 %) bzw. 26,0% (23,2% bis 28,8 %).

  • Die Wirksamkeit des Impfstoffs nahm im Laufe der Zeit ab, insbesondere während der Omikron-Periode, und zwar von 37,6% (34,2% bis 40,8%) 15-30 Tage nach der Impfung auf 2,0% (1,8% bis 5,6%) mindestens 60 Tagen nach der Impfung bei Kindern.

  • Bei Jugendlichen sanken die Werte von 55,8 % (52,4% bis 59,0%) auf 12,4% (8,6% bis 16,1%).

  • Die Wirksamkeit des Impfstoffs zur Verhinderung von Todesfällen in Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion während der Omikron-Welle betrug 66,9% (6,4% bis 89,8%) bei Kindern und 97,6% (81,0% bis 99,7%) bei Jugendlichen.

„Die Wirksamkeit des Impfstoffs zur Verhinderung der Sterblichkeit blieb bei Kindern und Jugendlichen unabhängig von der zirkulierenden Variante hoch“, fassen die Autoren zusammen.

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Kommentar

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