Drosten über das Ende der Pandemie; therapeutische Antikörper schützen nicht vor BQ.1.1; angepasster Booster besser

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

24. November 2022

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 24. November 2022

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 187 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 23. November lag der Wert bei 178.

Unsere Themen heute:

  • Drosten: Ende der Pandemie in Sicht

  • 5 Bundesländer schaffen die Isolationspflicht ab

  • BQ.1.1 in vitro resistent gegen alle therapeutischen Antikörper

  • Angepasste COVID-19-Vakzine schützen als Booster besser als die ursprünglichen Vakzine

  • Intranasaler COVID-19-Impfstoff enttäuschte in klinischer Studie

  • Radiologen finden Anomalien im Gehirn von COVID-19-Patienten

Drosten: Ende der Pandemie in Sicht

Wie geht es mit COVID-19 weiter? In einem Interview sieht Prof. Dr. Christian Drosten, Charité-Universitätsmedizin Berlin Anzeichen für ein baldiges Ende der Pandemie.

„Die Lage für das Virus wird prekär“, sagt der Virologe. „Gerade nehmen gleich 2 Omikron-Varianten Anlauf: BF.7 und BQ.1.1.“ Seine Einschätzung: „BF.7 wäre der bessere Fall, diese Variante ist BA.5 sehr ähnlich, gegen das ein Großteil der Bevölkerung bereits immun ist. Es käme dann eine sanfte Winterwelle.“ Speziell mit BF.7 wäre man „im endemischen Zustand angekommen“. Mehr Sorgen bereitet ihm BQ.1.1 „Wenn es dominant wird, könnte der Winter noch einmal schwierig werden“, so seine Einschätzung.

Mittelfristig hält auch Drosten ein Ende der Isolationspflicht für möglich: „Wenn man konstatieren kann, dass SARS-CoV-2 ein endemisches Virus ist, dann werden wir damit so umgehen wie mit anderen Erkrankungen“, sagt er. „Für Influenza gibt es ja auch keine Isolationspflicht.“

5 Bundesländer schaffen die Isolationspflicht ab

Doch der richtige Zeitpunkt, Isolationspflichten aufzuheben, ist umstritten. Wie Medscape berichtet hat, denken mehr und mehr Bundesländer darüber nach, Corona-Regeln zu lockern. Jetzt wird es ernst: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein die vom RKI empfohlene mindestens 5-tägige Isolation aufgehoben. Menschen sollten nach einem positiven Test außerhalb der Wohnung eine Masken tragen und Abstandsregeln einhalten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält den Schritt für „verantwortungslos“. Bei der Umsetzung solcher Forderungen würden vulnerable Gruppen „völlig außer Acht gelassen“, sagte er in Berlin.

In 11 Bundesländern gilt weiterhin eine Isolationspflicht. Niedersachsen hat sich sogar entschlossen, die Maßnahme bis Ende Januar 2023 zu verlängern.

BQ.1.1 in vitro resistent gegen alle therapeutischen Antikörper

In Europa und in den USA breitet sich die „Cerberus“-Sublinie BQ.1.1 weiter aus. Deshalb befassten sich Forscher mit der Frage, ob Antikörper Risikopatienten vor schwerem COVID-19 schützen. Sie arbeiteten im Labor mit Pseudovirus-Partikeln, die Spike-Proteine verschiedener Varianten von SARS-CoV-2 trugen. Sie wurden mit Bebtelovimab, Imdevimab, Amubarvimab, Casirivimab-Imdevimab und Cilgavimab-Tixagevimab versetzt.

Bei ihren Untersuchungen stellten die Forschenden fest, dass BQ.1.1 weder durch einzelne Antikörper noch durch die Antikörpercocktails neutralisiert werden konnte. „Mit Blick auf Risikopatienten besorgt uns die Tatsache, dass die Omikron-Untervariante BQ.1.1 gegen alle zugelassenen Antikörpertherapien resistent ist“, sagt Studienleiter Markus Hoffmann vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung. „Insbesondere in Regionen, in denen BQ.1.1 stark verbreitet ist, sollten Ärzte der Behandlung von infizierten Risikopatienten daher nicht allein auf Antikörpertherapien setzen, sondern zusätzlich die Gabe von weiteren Medikamenten wie Paxlovid oder Molnupiravir in Betracht ziehen.“

Angepasste COVID-19-Vakzine schützen als Booster besser als die ursprünglichen Vakzine

COVID-19-Auffrischungsimpfungen mit angepassten Vakzinen bieten einen höheren Schutz gegen neue Coronavirus-Subvarianten bei Personen, die zuvor mehrere des älteren Impfstoffs erhalten haben. Dies geht aus einer Studie hervor, in der untersucht wurde, wie sich die neuen Impfstoffe in der Praxis bewähren; Medscape.com hat darüber berichtet. Daten kamen von pharmazeutischen Herstellern.

In der Studie, an der mehr als 360.000 Personen teilnahmen, wurden angepasste Auffrischungsimpfungen von Pfizer/BioNTech und Moderna, die sowohl gegen das ursprüngliche Virus als auch gegen BA.4/5 wirksam sind, mit früheren COVID-19-Impfstoffen verglichen.

Wenn die neuen Auffrischungsimpfstoffe 8 Monate oder mehr nach einer vorherigen COVID-19-Impfung verabreicht wurden, betrug die relative Wirksamkeit zur Verhinderung symptomatischer Infektionen im Vergleich zu den früher zugelassenen Vakzinen:

  • 56% bei Personen im Alter von 18 bis 49 Jahren,

  • 48% bei Personen im Alter von 50 bis 64 Jahren,

  • 43% bei Personen im Alter von mindestens 65 Jahren.

Die Wirksamkeit des angepassten Impfstoffs fiel auf 28% bis 31%, wenn die Auffrischungsimpfungen nur 2 bis 3 Monate nach der vorherigen Impfung verabreicht wurden.

Die Autoren der Studie weisen auf mehrere Einschränkungen hin, u. a. darauf, dass die Teilnehmer möglicherweise ihren Impfstatus, frühere Infektionen oder Grunderkrankungen falsch angegeben hatten. Außerdem seien die Ergebnisse möglicherweise nicht auf künftige Varianten übertragbar, schreiben sie.

Intranasaler COVID-19-Impfstoff enttäuschte in klinischer Studie

Die 1. klinische Phase-1-Studie zur intranasalen COVID-19-Impfung mit einem Adenovirus-Vektor-Impfstoff führte weder zu einer konsistenten mukosalen Antikörperreaktion noch zu einer starken systemischen Reaktion, berichten Forscher.

Eingeschlossen wurden 30 gesunde Erwachsene, die noch nie einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 erhalten hatten. Zur intranasalen Impfung verwendete die Wissenschaftler ein bereits zugelassenes intramuskuläres Vakzin, nämlich ChAdOx1 nCoV-19 von der University of Oxford und von AstraZeneca (Vaxzevria®).

Die Teilnehmer erhielten intranasal eine niedrige, eine mittlere oder eine hohe Dosis des Impfstoffs. Anschließend wurden sie nach dem Zufallsprinzip dem Studienarm mit 1 Dosis oder mit 2 Dosen zugewiesen. Die Gruppe mit 2 Dosen erhielt 28 Tage später eine weitere Dosis intranasal.

Die intranasale Applikation wurde in einem weiteren Teil der Studie als möglicher Booster eingesetzt. 12 weitere Teilnehmer erhielten das hochdosierte Vakzin, nachdem sie mindestens 12 Wochen zuvor 2 intramuskuläre Dosen von ChAdOx1 nCoV-19 oder BNT162b2 (Pfizer/BioNTech) erhalten hatten.

Zwar wies das intranasale Vakzin ein akzeptables Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil auf. Aber die Immunreaktionen waren schwach und uneinheitlich. Antigenspezifische Schleimhaut-Antikörperreaktionen wurden nur bei einer Minderheit der Teilnehmer festgestellt und überstiegen selten die nach einer SARS-CoV-2-Infektion beobachteten Werte. Systemische Reaktionen auf die intranasale Impfung waren in der Regel schwächer als nach einer intramuskulären Applikation. Die intranasale Impfung hatte auch keinen eindeutigen Booster-Effekt bei zuvor geimpften Teilnehmern. 7 von 42 Teilnehmern entwickelten eine symptomatische SARS-CoV-2-Infektion.

„Die in der aktuellen Studie untersuchte intranasale Impfung verdient keine weitere klinische Entwicklung, aber die Ergebnisse anderer Studien werden mit Spannung erwartet“, so die Autoren. „Die Entwicklung von sicheren, immunogenen und schützenden Plattformtechnologien für nadelfreie Impfungen bleibt eine Priorität, sowohl für die Reaktion auf COVID-19 als auch für andere Infektionskrankheiten.“

Radiologen finden Anomalien im Gehirn von COVID-19-Patienten

Das Ziel, schweres COVID-19 zu vermeiden, ist wichtiger denn je. Laut einer Studie, die nächste Woche auf der Jahrestagung der Radiological Society of North America vorgestellt wird, haben Forscher per MRT Gehirnveränderungen bei Patienten bis zu 6 Monate nach ihrer Genesung von COVID-19 entdeckt.  

Für diese Studie verwendeten Neurologen eine sensitivitätsgewichtete Bildgebung, um die Auswirkungen von COVID-19 auf das Gehirn zu analysieren. Sie analysierten Bildgebungsdaten von 46 genesenen Patienten und 30 gesunden Kontrollpersonen. Die Bildgebung wurde innerhalb von 6 Monaten nach der Genesung durchgeführt.

Patienten, die sich von COVID-19 erholt hatten, zeigten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen signifikante Unterschiede im Frontallappen und im Hirnstamm. Teile des linken orbital-inferioren Frontalgyrus (einer Schlüsselregion für Sprache), des rechten orbital-inferioren Frontalgyrus (verbunden mit verschiedenen kognitiven Funktionen) und der angrenzenden Bereiche der weißen Substanz waren betroffen.

Die Forscher fanden auch signifikante Unterschiede in der rechten ventralen Zwischenhirnregion des Hirnstamms. Diese Region ist mit vielen entscheidenden Körperfunktionen verbunden, einschließlich der Koordination mit dem endokrinen System zur Freisetzung von Hormonen, der Weiterleitung sensorischer und motorischer Signale an die Großhirnrinde und der Regulierung des zirkadianen Rhythmus.

„Diese Studie weist auf schwerwiegende Langzeitkomplikationen hin, die durch das Coronavirus verursacht werden können, sogar Monate nach der Genesung von der Infektion“, sagte Sapna S. Mishra vom Indian Institute of Technology in Delhi. „Die vorliegenden Befunde stammen aus dem kleinen zeitlichen Fenster. Die Längsschnittzeitpunkte über ein paar Jahre hinweg werden jedoch Aufschluss darüber geben, ob es dauerhafte Veränderungen gibt.“

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Kommentar

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