Hatten Ihre Diabetes-Patienten schon ein Gefäß-Sono? 40% haben bei Erstdiagnose schon Durchblutungs-Störungen

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

22. November 2022

„Alle 20 Minuten stirbt in Deutschland ein Patient an den meist vaskulär bedingten Folgen der Diabeteserkrankung“, berichtete Dr. Berthold Amann auf der Pressekonferenz zur Diabetes Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Diabetologie (DDG) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA) [1].

Weil Verengungen und Verschlüsse der Becken- und Beinschlagadern eine häufige Folgeerkrankung von Diabetes sind, ist ein möglichst frühzeitiger Check auf Durchblutungsstörungen wichtig, nicht zuletzt, um Amputationen zu verhindern, betonte Amann, Tagungspräsident der DGA.

 
Alle 20 Minuten stirbt in Deutschland ein Patient an den meist vaskulär bedingten Folgen der Diabeteserkrankung. Dr. Berthold Amann
 

Der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Franziskus-Krankenhaus Berlin erinnerte daran, dass Diabetiker von Amputationen weitaus häufiger betroffen sind als Nichtdiabetiker: Über 70% der Amputationen an Zehen, Füßen und Beinen werden bei Diabetes-Patienten durchgeführt, in Deutschland pro Jahr über 30.000. Weil die Durchblutung eine entscheidende Rolle für die Prognose und den Erhalt der Extremität hat, sollten Diabetes-Patienten frühzeitig darauf gescreent werden.

Das gilt erst recht, wenn bereits eine Wunde am Fuß aufgetreten ist, und vor dem Hintergrund, dass bei 40% der Patienten mit Diabetes Typ 2 (das sind 90% der Diabetes-Patienten) bereits bei Erstdiagnose eine – meist asymptomatische – periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) vorliegt.

Allerdings ist die Messung der arteriellen Beindurchblutung und die Diagnose pAVK nicht trivial, denn durch die kalkige Verhärtung der Schlagadern am Unterschenkel ist die klassische Blutdruckmessung am Knöchel nicht mehr aussagefähig. Dadurch würden, so Amann, „normale“ Blutdrücke am Bein gemessen, obwohl eine Durchblutungsstörung vorliegt und sich Arzt und Patient dadurch in falscher Sicherheit wiegen.

Vorgehen zur Diagnostik von Durchblutungsstörungen

Welche Methode sich für die Durchblutungsdiagnostik bei Diabetes am besten eignet ist Gegenstand lebhafter Diskussionen. Das britische NICE (National Institute for Health and Care Excellence) hat 2018 eine Übersicht verfasst, in der die Duplex-Sonografie empfohlen wird, andere Methoden hingegen als nicht zuverlässig oder als zu aufwändig eingestuft werden (Plethysmografie, Blutdruck am Knöchel, am Zeh, Sauerstoffdruckmessung etc.).

 
In Großbritannien laufen gerade Methodenvergleichsstudien, die auch unsere Empfehlungen beeinflussen werden. Dr. Berthold Amann
 

Eine neue britische Studie aus 2021 konnte zeigen, dass eine frühe Duplex-Sonografie der Beinschlagadern die Amputationsrate um 24% verringern kann. „In Großbritannien laufen gerade Methodenvergleichsstudien, die auch unsere Empfehlungen beeinflussen werden“, berichtete Amann.

Zur Diagnostik einer Durchblutungsstörung bei Diabetes-Patienten empfiehlt die DGA folgendes Vorgehen:

  • Jeder Diabetespatient sollte zeitnah zur Diagnosestellung eine Untersuchung der Beinschlagadern erhalten (Fußpuls tasten, Knöchel-Arm-Index-Bestimmung). Bei pathologischem Befund soll das Ausmaß der vermuteten pAVK eingeschätzt werden.

    • Die zuverlässigste und risikoärmste Methode hierfür ist die Duplex-Sonografie. Steht diese nicht zur Verfügung, können auch dopplersonografische (Knöchel-Arm-Index) und Zehenwellenform-Analysen durchgeführt werden.

    • Ein arteriosklerotischer Befall der Beinschlagadern muss die Untersuchungen weiterer Gefäßregionen nach sich ziehen (Halsschlagader, Bauchschlagader, eventuell Herzkranzgefäße), und der Patient muss als Hochrisikopatient für einen Herzinfarkt eingestuft und behandelt werden.

  • Spätestens bei Auftreten einer Wunde am Fuß muss eine zuverlässige Aussage über die Durchblutung vorzugsweise mittels Duplex-Sonografie erfolgen. Diese Untersuchung kann auch den Behandlungsmodus der Durchblutungsstörung leiten (Kathetereingriff mit Aufdehnung versus Operation der Gefäße)

  • Nach Behandlung einer Durchblutungsstörung können Rezidive mittels Duplex-Sonografie gut erkannt und präventiv behandelt werden (jährliche Duplex-Sonografien sind sinnvoll).

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Kommentar

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