Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.
Corona-Newsblog, Update vom 14. November 2022
Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 216 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 11. November lag der Wert noch bei 244.
„Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz der gemeldeten Fälle mit einem labordiagnostischen Nachweis von SARS-CoV-2 ist in Meldewoche (MW) 44 im Vergleich zur MW 43 weiter gesunken“, schreibt das RKI im aktuellen Wochenbericht. Dies betreffe alle Altersgruppen und alle Bundesländer. Der Rückgang lag bei 35%. „Hierbei muss weiterhin der Faktor der Schulferien bedacht werden, der sowohl das Kontakt- als auch das Testverhalten beeinflusst“, heißt es im Report.
Unsere Themen heute:
Ende der Isolationspflicht: Lauterbach kritisiert Bundesländer
US-Daten: Verzicht auf Masken in Schulen war keine gute Entscheidung
Bundestag billigt Triage-Gesetz bei schwerem COVID-19
Long-COVID: Kommt der Labortest?
Impfung von Schwangeren: Höhere Antikörper-Titer bei Mutter und Kind im Vergleich zu Infektionen
Bluthochdruck mit schwerem COVID-19 assoziiert
Ende der Isolationspflicht: Lauterbach kritisiert Bundesländer
Einmal mehr zeigt sich, wie diametral sich Bund und Länder bei der Kontrolle der Pandemie gegenüberstehen. Patienten mit positivem Test auf SARS-CoV-2 mussten sich bislang isolieren. Jetzt haben Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein angekündigt, diese Regelung aufzuheben. Details zum Schutz vulnerabler Menschen würden noch ausgearbeitet – beispielsweise in Form einer Maskenpflicht für positiv Geteste.
Begründet werden solche Lockerungen mit einer neuen Phase der Pandemie. „So lange das derzeit herrschende Omikron-Virus nicht von einer pathogeneren Variante verdrängt wird, die unser Gesundheitssystem überlasten könnte, ist der Schritt verantwortbar und geboten“, sagte der hessische Sozialminister Kai Klose (Grüne).
Kritik kam von Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD): „Das findet nicht die Billigung der Bundesregierung“, sagte der Gesundheitsminister. „Es gibt auch keinen medizinischen Grund, jetzt auf die Isolationspflicht zu verzichten.“ Vielmehr stehe Deutschland „am Vorabend einer ansteckenderen Variante“. Außerdem gebe es „wahrscheinlich eine schwere Winterwelle“.
Die Länder indes blieben unbeeindruckt; Lockerungen könnte es bereits ab dem 16. November geben.
US-Daten: Verzicht auf Masken in Schulen war keine gute Entscheidung
Auch die Lockerungen in vielen Schulen sind umstritten. Neue Daten kommen jetzt aus den USA. Im Februar 2022 hob Massachusetts im gesamten Bundesstaat die Maskenpflicht in öffentlichen Schulen auf und viele Schulbezirke setzten solche Lockerungen rasch um. Nur 2 Bezirke, nämlich Boston und Chelsea, hielten daran fest: für Forscher eine gute Gelegenheit, die Effektivität von Schutzmaßnahmen zu evaluieren.
Innerhalb von 15 Wochen nach Aufhebung der Vorschriften kam es zu zusätzlichen 44,9 Fällen pro 1.000 Schüler und Mitarbeiter (95%-Konfidenzintervall 32,6 bis 57,1). Das entspricht schätzungsweise 11.901 Fällen oder 29,4% aller Infektionen in den Bezirken. Rein rechnerisch haben Lockerungen zu 2.882 vermeidbaren Infektionen unter 46.530 Lehrern und zu 9.168 vermeidbaren Infektionen unter 294.084 Schülern geführt.
„Unsere Ergebnisse unterstützen, dass die Maskenpflicht mit hochwertigem Mund-Nasen-Schutz in Zeiten hoher Übertragung eine wichtige Strategie zur Minimierung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 und des Verlusts persönlicher Schultage ist“, so die Autoren.
Bundestag billigt Triage-Gesetz bei schwerem COVID-19
Laut DIVI-Intensivregister sind derzeit 3.730 Intensivbetten frei, 406 mit beatmeten und 677 mit nicht beatmeten COVID-19-Patienten belegt. Der Großteil aller intensivmedizinischen Patienten, 18.441 Personen, wird aufgrund anderer Erkrankungen behandelt. Weitere 3.400 Betten stehen als Notfallreserve zur Verfügung. Die Situation ist noch entspannt.
Trotzdem hat sich der Bundestag weiter mit intensivmedizinischen Aspekten befasst und Regelung zur Triage bei knappen Kapazitäten verabschiedet. Im Gesetz heißt es, Ärzte sollten anhand der „aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit“ entscheiden. Weitere Kriterien, etwas das Alter oder Behinderungen, spielen keine Rolle. „Prinzipiell muss klar sein, dass Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen auch in Zeiten knapper Kapazitäten nicht benachteiligt werden“, kommentierte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach.
Das Gesetz schließt eine Ex-Post-Triage, bei der die Behandlung eines Patienten zugunsten eines anderen abgebrochen wird, kategorisch aus. Es umfasst noch 3 Änderungsanträge:
Krankenhäuser werden verpflichtet, ihre zuständige Aufsichtsbehörde zu informieren, falls sie eine Triage vornehmen.
Außerdem sollen Rahmenbedingungen definiert werden, wann ein Krankenhaus keine ausreichenden intensivmedizinischen Kapazitäten hat – und damit eine Triage durchführen kann.
Die neuen Regelungen sollen evaluiert werden.
Mit dem Gesetz wird ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2021 umgesetzt. Dem Urteil zufolge habe der Staat die Pflicht hat, Menschen mit Behinderung vor einer Benachteiligung zu schützen. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig.
Long-COVID: Kommt der Labortest?
Bereits Ende September berichteten Forscher von Besonderheiten bei Patienten mit dem Post-COVID-Syndrom. In einer Subgruppe, bei denen ein chronisches Erschöpfungssymptom (CFS) diagnostiziert wurde, korrelierte die Schwere der Symptome reziprok mit den Spiegeln natürlicher regulatorischer Autoantikörper (AAB), die sich gegen mehrere G-Protein-gekoppelte Rezeptoren richteten.
Bei akutem COVID-19 wurden mehrerer AAB hochreguliert. In der Kohorte mit Post-COVID-Patienten fanden Wissenschaftler hingegen eine „tiefgreifende Herunterregulierung verschiedener AAB“. Sie beobachten eine Dysregulation von AAB gegen verschiedene Rezeptoren, die am autonomen Nervensystem, an der Vaso- und Immunregulation beteiligt sind.
Jetzt arbeitet die Biotech-Firma CellTrend an einem Test auf Long-COVID. Dabei setzen sie auf Autoantikörper.
Impfung von Schwangeren: Höhere Antikörper-Titer bei Mutter und Kind im Vergleich zu Infektionen
Schwangere, die einen mRNA-COVID-19-Impfstoffe erhielten, wiesen 10-mal höhere Antikörperkonzentrationen auf als Schwangere, die auf natürliche Weise mit SARS-CoV-2 infiziert waren, so das Ergebnis einer neuen Studie.
Eingeschlossen wurden 585 Frauen, die zwischen 9. August 2020 und 25. April 2021 im Pennsylvania Hospital entbunden hatten, und ihre Kinder. COVID-19-Impfstoffe waren bis Dezember 2020 nicht allgemein verfügbar, und Auffrischungsimpfungen wurden erst ab September 2021 empfohlen. Indem sie sich also auf einen Zeitraum konzentrierten, konnten Forscher den Ursprung der Antikörper der Patienten leichter herausfinden.
Sie identifizierten IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 im Nabelschnurblut von mehr als 95% der Neugeborenen. Die Werte waren in der geimpften Gruppe 10-mal höher als in der natürlich infizierten Gruppe.
Bluthochdruck mit schwerem COVID-19 assoziiert
Bluthochdruck scheint eine der häufigsten Komorbiditäten bei COVID-19-Patienten zu sein. Doch haben Personen mit Hypertonie ein erhöhtes Risiko für schweres COVID-19? Dieser Frage gingen Forscher jetzt auf den Grund.
Grundlage ihrer Analysen waren Daten aus der UK Biobank und digitale Patientenakten. In der Kohorte befanden sich 16.134 Personen mit positivem Test auf SARS-CoV-2, von denen 22% (n = 3 584) schweres COVID-19 entwickelten und 40% (n = 6.517) an Hypertonie litten.
Die Ergebnisse:
Bluthochdruck war mit einem um 22% höheren Risiko für schwer COVID-19 assoziiert (Odds Ratio: 1,22, 95%-Konfidenzintervall: 1,12 bis 1,33), verglichen mit normalem Bluthochdruck.
Bei Patienten, die Antihypertensiva einnahmen, zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Blutdruck und schwerem COVID-19
150-159 mmHg versus 120-129 mmHg: OR: 1,91; 95%-KI: 1,44 bis 2,53
>180 mmHg versus 120-129 mmHg: OR: 1,93; 95%-KI: 1,06 bis 3,51)
Damit könne Bluthochdruck als „wichtiger Risikofaktor für schweres COVID-19“ betrachtet werden, so die Autoren. Jetzt sei es von Bedeutung, grundlegende pathophysiologische Mechanismen zu verstehen.
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Credits:
Photographer: © Luboslav Ivanko
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Diesen Artikel so zitieren: 4 Bundesländer verzichten auf Isolationspflicht; bald Labortest auf Long-COVID?; Bluthochdruck und schwerer Verlauf; Triage-Gesetz - Medscape - 14. Nov 2022.
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