Chicago – 6 häufig verwendete Nahrungsergänzungsmittel, die zur Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit beworben werden, senkten LDL-Cholesterinspiegel in der Primärprävention im Vergleich zu Placebo oder im Vergleich zu niedrig dosiertem Rosuvastatin nicht.
Dies ergab die prospektive, randomisierte einfachblinde Studie SPORT (Supplements, Placebo or Rosuvastatin Study), die Dr. Luke J. Laffin, Cleveland Clinic, Cleveland, Ohio, bei den Scientific Sessions 2022 der American Heart Association präsentiert und parallel im Journal of the American College of Cardiology publiziert hat [1,2].

Dr. Luke J. Laffin
Rosuvastatin (5 mg/Tag) senkte den LDL-Cholesterin- und Serumtriglycerid-Spiegel jeweils signifikant stärker als Placebo oder die Nahrungsergänzungsmittel – bei nur wenigen Nebenwirkungen.
Die Ergebnisse sind für Kardiologen nach Aussage von Laffin nicht wirklich überraschend. Aber sie sind wichtig für das Gesundheitswesen. Denn mit diesen Ergebnissen steht Ärzten und Apothekern nun eine evidenzbasierte Grundlage für das Gespräch mit den Patienten zur Verfügung.
Diskutant Prof. Dr. Chiadi Ndumele, Johns Hopkins Center, Baltimore, bezeichnete es als „hilfreich, nun konkrete nächste Schritte zu überlegen, wie diese Daten in die Risikodiskussion mit dem Patienten integriert werden können und ob solche Daten das Vertrauen in Statine und die Statin Einnahme erhöhen.“
Die Ergebnisse beinhalteten auch eine beruhigende Botschaft, denn häufig machen sich Patienten Sorgen wegen Nebenwirkungen der Statine und ziehen es deshalb vor, Nahrungsergänzungsmittel zu verwenden. Der Grund hierfür sei eindeutig Misstrauen, Fehlinformation und Mangel an Evidenz.
Limitationen der Studie sind nach Meinung des Kardiologen aus Baltimore u.a. die kurze Studiendauer und das monozentrische Design.
Hohe Ausgaben ohne Nutzen
Der fehlende Nutzen der Nahrungsergänzungsmittel ist nicht ihr einziges Problem: „Die Nahrungsergänzungsmittel-Industrie ist praktisch eine unregulierte 50-Milliarden-Dollar-Industrie“, sagte Dr. Janani Rangaswami, George Washington University School of Medicine, Washington, bei einer Pressekonferenz der AHA. Niemand wisse wirklich, was in den Nahrungsergänzungsmitteln wirklich enthalten sei. Sie habe z.B. in ihrer nephrologischen Praxis eine durch Nahrungsergänzungsmittel verursachte Nierenschädigung beobachtet.
„Laut einer Marktforschungsanalyse aus dem Jahr 2020 geben Amerikaner jährlich schätzungsweise 50 Milliarden US-Dollar für Nahrungsergänzungsmittel aus, und viele davon werden zum Herzschutz oder Cholesterinmanagement vermarktet. Dennoch gibt es praktisch keine Untersuchungen, die diese Vorteile belegen“, so Laffin einleitend. „Einige Leute glauben auch, dass Nahrungsergänzungsmittel genauso wirksam oder wirksamer sind als cholesterinsenkende Statine.“ Es sei nicht ungewöhnlich, dass manche Personen 10 bis 20 Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.
Details der SPORT-Studie
In der prospektiven, randomisierten, Untersucher-verblindeten SPORT-Studie wurden deshalb die Effekte von 6 Nahrungsergänzungsmitteln sowie von Placebo auf Lipidwerte und Entzündungsparameter mit denen von Rosuvastatin in niedriger Dosierung verglichen.
In der Forscher-initiierten und von AstraZeneca finanziell unterstützten Studie wurden 199 Teilnehmer im Alter zwischen 40 und 75 Jahren mit einem LDL-Cholesterinspiegel zwischen 70 und 189 mg/dl aufgenommen. Ihr Risiko für eine atherosklerotische Erkrankung in den nächsten 10 Jahren lag zwischen 5 und 20%.
Randomisiert erhielten die Teilnehmer über 28 Tage:
Placebo (n=25),
Rosuvastatin 5 mg/Tag (n=25),
Nature Made® Fischöl 2.400 mg/Tag (n=24),
Zimt der Marke Nutriflair™ 2.400 mg/Tag (n=25),
Knoblauch der Marke Garlique™ mit 5.000 µg Allicin/Tag (n=25).
Kurkuma-Curcumin der Marke BioSchwartz mit 4.500 mg Bioperin (n=25),
Nature Made® CholestOff Plus™ mit 1.600 mg pflanzlichen Sterolen (n=25) oder
Rotschimmelreis der Marke Arazo Nutrition 2.400 mg/Tag (n=25).
Primärer Endpunkt der Studie war die prozentuale Änderung des LDL-Cholesterin-Werts unter Rosuvastatin in hierarchischer Ordnung verglichen mit Placebo, Fischöl, Zimt, Knoblauch, Kurkuma, pflanzlichen Sterolen und Rotschimmelreis.
Zu den sekundären Endpunkten gehörten die prozentualen Änderungen von hsCRP, HDL-Cholesterin, Gesamt-Cholesterin und Serum-Triglyceriden im Vergleich mit Rosuvastatin sowie die prozentualen Änderungen von LDL-Cholesterin, hsCRP, HDL-Cholesterin, Gesamtcholesterin und Serum-Triglyceriden im Vergleich zu Placebo.
Die demografischen Parameter der 8 Gruppen waren gut vergleichbar. Das Durchschnittsalter lag bei 64,4 Jahren, der Frauenanteil bei 59%. 42% der Teilnehmer hatten eine Hypertonie. Der mittlere LDL-Cholesterinspiegel betrug 128 mg/dl, der HDL-Cholesterinspiegel 58,7 mg/dl, der Gesamt-Cholesterinwert 206,5 mg/dl, der mediane Triglycerid-Spiegel 87,5 mg/dl und der mediane hsCRP-Wert 1,4 mg/l.
Rosuvastatin signifikant überlegen
Im primären Endpunkt war Rosuvastatin mit einer Senkung des LDL-Cholesterins um 37,86% allen anderen Gruppen signifikant überlegen (p<0,001 für alle Vergleiche). Bei 50% der Teilnehmer sank der LDL-Cholesterinspiegel mit dem Statin um mindestens 40%.
Rosuvastatin senkte Gesamtcholesterin um 24,42% und Triglyceride um 19,25% und damit ebenfalls signifikant stärker, als das in allen anderen Gruppen der Fall war (p < 0,001 bzw. 0,05 für alle Vergleiche).
Auf HDL-Cholesterin hatte nur eine Substanz einen signifikanten Einfluss: Pflanzliche Sterole senkten den Wert um 4,02% (p=0,01 im Vergleich zu Rosuvastatin).
Beim hsCRP-Wert konnte in keiner Gruppe ein signifikanter Effekt gesehen werden. Der fehlende Effekt von Rosuvastatin könnte möglicherweise mit der kleinen Stichprobe erklärt werden.
Wurden die Nahrungsergänzungsmittel mit Placebo verglichen, ergaben sich nur in 2 Fällen signifikante Unterschiede: Und zwar erhöhte Knoblauch den LDL-Cholesterinspiegel um 7,8%, und pflanzliche Sterole senkten HDL-Cholesterin um 7,1%.
Unter Rosuvastatin berichteten 16% der Patienten von Nebenwirkungen, die Häufigkeit war vergleichbar mit der Placebo-Gruppe (16%) und mit den Nahrungsergänzungsmitteln (12% bis 28%). Es wurden keine muskuloskelettalen Beschwerden beobachtet.
Als Einschränkung der Studie sieht Laffin die kurze Dauer von 28 Tagen: Möglicherweise sind in diesem Zeitraum die Effekte der NEM auf Fettstoffwechsel und Entzündungsparameter noch nicht voll zum Tragen gekommen.
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Credits:
Photographer: © Ronstik
Lead image: Dreamstime.com
Medscape © 2022
Diesen Artikel so zitieren: Herzschutz aus der Drogerie? 6 Nahrungsergänzungsmittel enttäuschen als Cholesterinsenker - Medscape - 10. Nov 2022.
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