Highlights vom ACC: Diese 6 Studien vom amerikanischen Kardiologen-Kongress sollten Sie kennen – Prof. Zeiher stellt sie vor

Prof. Dr. Andreas Zeiher

Interessenkonflikte

20. März 2023

Lipid-Management, PAH, Klappenreparatur und optimierte Stentversorgung – 6  Studien vom amerikanischen Kardiologenkongress ACC legt Ihnen Prof. Dr. Andreas Zeiher ans Herz. 

Transkript des Videos von Prof. Dr. Andreas Zeiher, Frankfurt

Herzlich willkommen, liebe Kolleginnen und Kollegen,

mein Name ist Andreas Zeiher, ich bin Kardiologe in Frankfurt. Es ist mir eine große Freude, sie jetzt über meine Highlights des Jahreskongresses des American College of Cardiology, der vom 4. bis 6. März 2023 in New Orleans stattgefunden hat, zu informieren. Ich möchte insgesamt 6 Studien vorstellen.

CLEAR-Outcome-Studie

Ein Highlight insbesondere zur Prävention war die CLEAR-Outcome-Studie. Sie hat bei annähernd 14.000 Patienten untersucht, inwieweit Bempedoinsäure, dass wir als Cholesterinsenker kennen, tatsächlich auch kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren kann. Dazu wurden in die Studie 14.000 Patienten mit einer Statin-Unverträglichkeit eingeschlossen.

Bempedoinsäure hat den Vorteil, dass es ein Prodrug ist und erst im Körper in die aktive Form metabolisiert wird, und zwar durch ein Enzym, das zwar in den Leberzellen, nicht jedoch in den Muskelzellen vorkommt.  Darauf basiert die Hypothese, dass dadurch weniger Muskel-Nebenwirkungen auftreten.

Die Patienten wurden 1:1 randomisiert. Bei 30% handelte es sich um Primärprävention, sie hatten also kardiale Risikofaktoren, bei 70% um Sekundärprävention mit bereits stattgehabtem kardiovaskulärem Ereignis.

Die Ergebnisse zeigen, dass über 3,5 Jahre Verlaufsbeobachtung die LDL-Cholesterin-Werte durch Bempedoinsäure um etwa 22% reduziert werden. Das geht mit einer 13%igen Risikoreduktion für den kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall und Notwendigkeit für Revaskularisation einher. Insgesamt müssen sie ungefähr 62 bis 63 Patienten behandeln, um eines dieser Ereignisse zu vermeiden.

Die Verträglichkeit war sehr gut, so dass uns diese Studie Daten an die Hand gibt für Patienten, die kein Statin vertragen, für eine effiziente LDL-Cholesterin-Senkung mit gewünschter Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse.

5-Jahres-Daten der COAPT-Studie

Als 2. Studie möchte ich Ihnen die 5-Jahres-Daten der COAPT-Studie vorstellen. Diese Studie hat vor 5 Jahren schon Furore gemacht. Etwa 650 Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz wurden randomisiert zu einer Mitra-Clipping-Prozedur, also zu einer Reduktion der Mitralinsuffizienz kathetertechnischer Art, und zu optimaler medikamentöser Therapie.

Die 2-Jahres-Daten, die bereits publiziert sind, haben gezeigt, dass sowohl die Krankenhausaufnahme wegen Herzinsuffizienz als auch erfreulicherweise die Mortalität reduziert waren. Diese Patienten wurden nun 5 Jahre weiterverfolgt. Es zeigt sich, dass der Effekt konstant bleibt. Nach 5 Jahren findet man tatsächlich eine Reduktion von Tod und Herzinsuffizienz-Hospitalisation von annähernd 47% und auch die Gesamt-Sterblichkeit ist reduziert.

Was wir aber auch sehen ist, dass dies schwer kranke Patienten sind. Denn in der medikamentös behandelten Vergleichsgruppe waren am Ende lediglich noch 8,5% der Patienten entweder nicht gestorben oder nicht hospitalisiert wegen Herzinsuffizienz, in der behandelten Gruppe waren es immerhin noch 24 bis 25%.

Wir haben also mit diesen Daten bei ausgewählten Patienten nun die Sicherheit, dass das Mitra-Clipping, und zwar schon mit der ersten Generation der Devices, den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen kann.

STELLAR-Studie bei PAH

Ein neues Therapieprinzip bei einer Erkrankung, bei der wir relativ wenig therapeutische Möglichkeiten haben, nämlich der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH), wurde in der STELLAR-Studie vorgestellt. Sie wurde mit einem neuen Ansatz durchgeführt, nämlich Sotatercept. Das ist ein Fusionsprotein, das die Wirkung von Aktivin und Growth Differentiation Factor auf die Zirkulation und damit Proliferation von Gefäßmuskelzellen inhibiert, Apoptose induziert und auch die Inflammation reduziert. Es adressiert also pathophysiologische Zusammenhänge der Pulmonalarterien-Hypertonie direkt.

In dieser Studie mit 320 Patienten konnte tatsächlich gezeigt werden, dass sich die 6-Minuten-Gehstrecke verbessert hat und das NT-pro-BNP reduziert war. Es kam zu einer Verlängerung der Zeit bis zum Versterben oder zur Notwendigkeit einen Rehospitalisierung. Es wurden also auch klinische Endpunkte erreicht. Die Verträglichkeit war insgesamt sehr gut.

Hier eröffnet sich m. E. ein völlig neues Therapieprinzip, um kausal der Pulmonalarterien-Hypertonie entgegenzuwirken. Natürlich müssen wir noch abwarten, inwieweit das Nebenwirkungsprofil tatsächlich dann auch so günstig ist, dass wir diese Substanz weitverbreitet einsetzen können.

Wie COAPT wurde auch die STELLAR-Studie zeitgleich im New England Journal of Medicine publiziert.

RENOVATE-COMPLEX-PCI-Studie

Die RENOVATE-COMPLEX-PCI-Studie hat bei fast 1.700 Patienten untersucht, ob die komplexe perkutane Stent-Implantation besser wird, wenn man sie mit intravaskulärem Ultraschall steuert und optimiert im Vergleich zur Angiographie allein. Und hier gelang der eindrucksvolle Beweis: Ja, die verbesserte Darstellung durch den intravaskulären Ultraschall, die Optimierung des Akut-Ergebnisses ist assoziiert mit einer Reduktion von kardiovaskulärem Tod und der Notwendigkeit, das Gefäß wieder zu behandeln oder einen Myokardinfarkt in diesem Gefäß zu erleiden.

Die Reduktion war mit 36% durchaus ausgeprägt. Auch die einzelnen Komponenten des primären Endpunkts waren signifikant verändert. Das wird sicherlich die Bereitschaft erhöhen, interventionelle Prozeduren bei komplexen Läsionen etwas dezidierter mit intravaskulärer Bildgebung durchzuführen, weil das Ergebnis sich dadurch bessert. Auch diese Studie ist im New England Journal of Medicine publiziert.

PULSED-AF-Studie

Die PULSED-AF-Studie ist in Circulation nachzulesen. Das ist ein völlig neues Verfahren zur Ablation bei Vorhofflimmern, eine sogenannte Elektroporation, wodurch die Zellen getötet werden, aber ohne Hitze. Das wurde in einer Studie mit insgesamt 300 Patienten, 150 mit persistierenden, 150 mit intermittierendem Vorhofflimmern, untersucht.

Die Ergebnisse sind sehr beeindruckend und vergleichbar zu der Radiofrequenz- und wahrscheinlich auch Kryoballon-Ablation. Nach 1 Jahr wurde Vorhofflimmern- und Arrhythmie-Freiheit bei über 60% der Patienten mit intermittierenden oder mit paroxysmalem Vorhofflimmern und bei circa 55% mit persistierendem Vorhofflimmern erreicht.

TRILUMINATE-Studie

Diese interventionelle Studie, ebenfalls im NEJM publiziert, hat zum ersten Mal kontrolliert untersucht, inwieweit ein Trikuspidalklappen-Clipping, also die sogenannte Edge to Edge Repair der Trikuspidalklappe, die wir neudeutsch als TEER (Tricuspid Edge to edge Repair) bezeichnen, einen Nutzen hat.

Das war eine relativ große Studie mit insgesamt 350 Patienten, die eindeutig zeigen konnte, dass man damit die Trikuspidalklappen-Insuffizienz reduziert. Das geht einher mit einer verbesserten Lebensqualität, leider innerhalb des ersten Jahres nicht mit einer Reduktion der Hospitalisierungen für Herzinsuffizienz.

Da müssen wir noch genauer nachgucken, was hierfür der Grund ist. Möglicherweise waren die Patienten nicht so schwer krank, dass die Anzahl der vorbestimmten Ereignisse ausgereicht hätte, um dies statistisch signifikant zu machen.

Es wurde also ein ganzes Potpourri unterschiedlicher Themen bei der Jahrestagung des American College of Cardiology aufgearbeitet mit für uns Kardiologen wunderbaren Ergebnissen, die unsere Therapiemöglichkeiten für viele kardiovaskuläre Erkrankungen mit schlechter Prognose erweitern.

Damit möchte ich es bewenden lassen, natürlich wie immer ein subjektiver Überblick, der aber durchaus widerspiegelt, dass die kardiovaskuläre klinische Forschung weiterhin hoch aktiv ist und wir weiter Fortschritte in der Diagnostik, aber auch in der Therapie für unsere Patienten machen können.
 

Kommentar

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