Mit dieser Studie will PD Dr. Georgia Schilling ihre Kollegen aufrütteln, dass in der Krebsnachsorgen Patienten noch mehr zur körperlicher Bewegung motiviert werden.
Transkript des Videos von PD Dr. Georgia Schilling:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Georgia Schilling. Ich bin leitende Oberärztin des Asklepios-Tumorzentrums in Hamburg und Chefärztin der Onkologischen Rehabilitation in der Asklepios-Nordseeklinik in Westerland auf Sylt.
Heute habe ich Ihnen einen Artikel aus JAMA Oncology vom Januar 2022 mitgebracht [1]. In diesem Beitrag geht es um die Assoziation von täglichem Sitzen und körperlicher Aktivität in der Freizeit bei Krebsüberlebenden in den USA.
Sitzen und Verhalten und vor allem langes Sitzen und Bewegungsmangel können das Überleben nach einer Krebserkrankung beeinflussen. Das war der Gedankengang zum Hintergrund der Studie.
Eruiert werden sollten die unabhängigen und gemeinsamen Zusammenhänge von täglicher Zeit im Sitzen und bei körperlicher Aktivität in der Freizeit. Dies sollte dann in Relation zum Krankheitsverlauf bei Krebsüberlebenden gesetzt werden.
Es handelt sich um eine prospektive Kohortenstudie mit einer repräsentativen Gruppe von 1.535 Krebsüberlebenden, alle waren über 40 Jahre alt. Die Daten stammen aus der US-amerikanischen Gesundheits- und Ernährungserhebung der Jahre 2007 – 2014.
Bewertet wurden selbst berichtete Daten zur täglichen Sitzzeit und zur körperlichen Freizeitaktivität die mit dem Global Physical Activity Questionnaire erhoben wurden.
Das mediane Follow-Up betrug 4,5 Jahre. Outcomes waren die krebsspezifische und die nicht krebsassoziierte Mortalität in dieser Kohorte. Eingeschlossen waren über 1.500 Patienten mit einem mittleren Alter von 65 Jahren. 83% waren Frauen.
Mehr als die Hälfte körperlich inaktiv
Jetzt wird es interessant: 57% gaben eine körperliche Freizeitaktivität von 0 Minuten an, waren also inaktiv, 15,6% bewegten sich weniger als 150 Minuten pro Woche, waren also ungenügend aktiv, und 27,6% waren aktiv mit mehr als 150 Minuten Bewegung in der Freizeit.
35,4% gaben an, 6 - 8 Stunden am Tag zu sitzen. 25% saßen sogar mehr als 8 Stunden am Tag. Insgesamt gaben zusammengefasst 35,8% keine Aktivität und eine sitzende Haltung von mehr als 6 Stunden am Tag an.
Nach dem Follow Up gab es knapp 300 Todesfälle, davon waren 114 Krebs assoziiert, 41 waren kardial bedingt und andere Todesursachen lagen in 138 Fällen vor.
Höhere Aktivität mit geringerem Sterberisiko assoziiert
Die multivariate Analyse der Studie zeigte, dass körperliche Aktivität mit einem geringeren Risiko für Krebs-bedingte Sterblichkeit und Mortalität aus anderen Gründen assoziiert war im Vergleich zu körperlicher Inaktivität.
Bei der Analyse, wie sich mehr als 8 Stunden Sitzen gegenüber Sitzen weniger als 4 Stunden auswirkte, ergab sich, dass je weniger man saß, umso geringer war die Mortalität.
Untersuchte man Sitzen und körperliche Aktivität in einer gemeinsamen Analyse zeigte sich, dass langes Sitzen und mangelnde Bewegung in der Freizeit mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko assoziiert waren. Das höchste Mortalitätsrisiko hatten inaktive oder ungenügend aktive Überlebende mit einer Sitzzeit von 8 Stunden.
Was ist das Fazit aus dieser Studie?
Die Kombination aus einer langen sitzenden Tätigkeit und Mangel an Bewegung ist, das konnte die Studie klar zeigen, unter Krebs-Überlebenden sehr weit verbreitet und sie ist mit einem sehr hohen Sterblichkeitsrisiko verbunden sowohl Krebs-assoziiert als auch unabhängig durch andere Ereignisse.
Das lehrt uns, was wir mit unseren Patienten in der Nachsorge besprechen müssen. Sie müssen sich viel bewegen, sie müssen vielleicht eine lange körperliche sitzende Tätigkeit ausgleichen durch aktive Bewegung in der Freizeit. Das ist sicher die Key-Message.
Die Studie wurde auch sehr kontrovers beurteilt und das sicher auch zurecht, weil in die Analyse der Karnofsky-Performancestatus nicht eingegangen ist, der sicher auch was mit Sterblichkeit zu tun hat und mit dem Risiko für Mortalität assoziiert ist. Er hängt auch mit den Komorbiditäten der Patienten zusammen.
Das ist ein bisschen schade, weil das 2 Faktoren sind, die für die Mortalität eine große Rolle spielen.
Wir propagieren aber schon seit langem, den Patienten zu empfehlen körperlich aktiv zu sein und eine sitzende Haltung möglichst zu vermeiden. Das gebe auch ich allen meinen Patienten in der Reha und auch sonst mit auf den Weg. Ich denke, diese Studie ist eine Studie mehr, die uns zeigt, dass dies auch sinnvoll ist.
Damit herzlichen Dank fürs Zuhören.
Medscape © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Krebsüberlebende rührt Euch! Je weniger man sitzt, desto höher die Überlebenswahrscheinlichkeit – 8 Stunden pro Tag sind Gift - Medscape - 9. Jan 2023.
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