Herzmedikamente in neuem Licht: Studien-Highlights, die alte Streitfragen klären und die Therapie verbessern – von Prof. Zeiher

Prof. Dr. Andreas Zeiher

Interessenkonflikte

17. November 2022

Vergleichsstudien von wichtigen Standardmedikamenten schafften am AHA-Kongress nun mehr Sicherheit für Kardiologen. Prof. Dr. Andreas Zeiher erklärt, wie sie künftig klug entscheiden können. 

Transkript des Videos von Prof. Dr. Andreas Zeiher, Frankfurt

Ich begrüße Sie herzlich aus Chicago von den Scientific Sessions 2022 der American Heart Association.

Mein Name ist Andreas Zeiher, ich bin Kardiologe am Universitätsklinikum Frankfurt.

Natürlich freuen wir uns alle, dass wir uns nach 3 Jahren wieder in den USA zu einem großen kardiologischen Kongress treffen. Davon geprägt ist auch die Stimmung hier.

Ich möchte Ihnen jetzt kurz von den Highlights, insbesondere bei den Late Breaking Clinical Trials, der vergangenen Tage berichten.

TRANSFORM-HF-Studie

Beginnen möchte ich mit der TRANSFORM-HF-Studie [1]. In dieser Studie wurden knapp 2.950 Patienten entweder mit Furosemid oder Torasemid behandelt, weil es in der Vergangenheit Hinweise gegeben hat, dass durch die bessere Bioverfügbarkeit von Torasemid, seine längere Halbwertszeit und damit die längere Wirkungsdauer, vielleicht auch durch eine bessere antifibrotische Wirkung erwartet werden konnte, dass Torasemid im Vergleich zu Furosemid bei Patienten mit akut dekompensierter Herzinsuffizienz einen Vorteil hat.

Nach einer Nachbeobachtungszeit von 24 Monaten zeigte sich zwischen beiden Gruppen absolut kein Unterschied in der Gesamtsterblichkeit und auch kein Unterschied in Gesamtsterblichkeit plus Wiederaufnahme ins Krankenhaus wegen Herzinsuffizienz.

Wir können also guten Gewissens beide Medikamente gleichberechtigt nutzen.

DCP-Studie

In der DCP-Studie wurden 13.500 Veteranen in den USA im Alter über 65 Jahren mit Hypertonie entweder mit Chlortalidon – dem alten Hygroton – oder Hydrochlorothiazid behandelt [2]. Auch hier war die Hypothese, dass Chlortalidon möglicherweise ein besseres Outcome hat. Nach insgesamt 3 Jahren Verlaufsbeobachtung zeigte sich jedoch keinerlei Unterschied im primären Endpunkt. Also auch hier Entspannung – wir können sowohl Chlortalidon als auch Hydrochlorothiazid benutzen.

PROMINENT-Studie

Viel Aufsehen erregt hat die große PROMINENT-Studie, die parallel auch im NEJM publiziert worden ist [3,4]. In dieser Studie wurde untersucht, ob das neue Pemafibrat, das in Japan bereits zugelassen ist, bei Patienten mit moderater Hypertriglyceridämie (200–499 mg/dl), Typ-2-Diabetes und niedrigen HDL-Cholesterin-Werten einen Nutzen haben könnte.

Hintergrund war, dass in Substudien von früheren Fibrat-Studien diese Patientengruppe als möglicherweise davon Profitierende identifiziert wurden, während die Fibrate ansonsten alle bei der Hypertriglyceridämie keinen günstigen Einfluss auf harte Endpunkte erreichen konnten.

In der PROMINENT-Studie wurden 10.500 Patienten randomisiert mit Pemafibrat oder Placebo behandelt. Nach einer mittleren Beobachtungsdauer von 3,4 Jahren wurde die Studie vom Beirat wegen fehlender Effizienz abgebrochen.

Die Kurven überlagern sich völlig. Es zeigten sich keinerlei Unterschiede bei den harten kardiovaskulären Endpunkten, wie Schlaganfall, Myokardinfarkt, Revaskularisierung oder kardiovaskulär bedingtem Tod. Alle Subgruppen waren identisch, obwohl die Triglyceride um 25% reduziert und das HDL-Cholesterin geringfügig angestiegen ist.

Das ist ein weiterer Hinweis, dass die isolierte Hypertriglyceridämie, insbesondere auch beim Diabetiker, bei gleichzeitig hochdosierter Statin-Therapie, nur schwer günstig hinsichtlich des klinischen Outcomes zu beeinflussen ist.

IRONMAN-Studie

Dann noch 2 positive Studien, das eine ist die IRONMAN-Studie [5]. Hier geht es um Eisensubstitution bei Patienten mit HFrEF, also mit reduzierter Auswurffraktion. In der UK-Studie wurde ein etwas anderes und auch höher dosiertes Eisen-Präparat eingesetzt als das, was wir in Deutschland überwiegend verwenden.

Die Patienten erhielten 1.000 mg, wenn die Transferrin-Sättigung unter 20% und Ferritin unter 100 µg/l lagen und keine Anämie größeren Ausmaßes bestand.

Die Studie war etwas beeinflusst durch die COVID-Pandemie, weil dadurch der Einschluss dramatisch zurück ging. Auch die Gabe der Eiseninfusionen gestaltete sich schwieriger.

Insgesamt gab es einen starken Trend zu einem positiven Outcome im Endpunkt Rehospitalisierung wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod für alle Patienten (p = 0,07).

Wenn man nur bis zum Ausbruch der COVID-Pandemie analysierte, wo 90% der Patienten bereits eingeschlossen waren, dann war der Endpunkt statistisch signifikant.

In einer Nachanalyse, die sich an die AFFIRM-Studie angelehnt hat, die vor 2 Jahren gezeigt hat, dass die Eisensubstitution die Situation klinisch verbessert, zeigten sich absolut identische Ergebnisse.

So haben wir nun 2 Studien, die nahe legen, dass das den klinischen Verlauf günstig beeinflusst. Eine große Studie läuft noch unter Leitung von deutschen Initiatoren, die FAIR-HF-Studie. Wir werden dann in einigen Jahren wissen, ob auch Mortalitätsendpunkte erreicht werden.

COACH-Studie

Zum Abschluss noch eine sehr interessante Studie aus Kanada, wo man einem Problem nachgegangen ist, mit dem wir auch häufig konfrontiert sind, nämlich was man mit akut dekompensierten Patienten macht, die ins Krankenhaus kommen. Nimmt man sie auf oder schickt man sie wieder nach Hause in die ambulante Betreuung? Da fehlte uns bisher die Risikostratifizierung.

Das wurde in Kanada jetzt in der COACH-Studie untersucht mit einem sehr ausgeklügelten Risikofaktor-Schema, über das ich hier nicht im Detail berichten möchte [6]. Das können Sie im New England Journal of Medicine nachlesen [7].

Diese Risikostratifizierung führte dazu, dass man etwa 20% der Menschen nach Hause entlassen konnte, die anderen 80% wurden hospitalisiert. Mit dieser Strategie konnte tatsächlich ein Überlebensvorteil erreicht werden. Die Effekte sind nicht dramatisch, etwa 12% Reduktion des primären Endpunkts aus Gesamtsterblichkeit oder Hospitalisierung wegen kardiovaskulärer Erkrankungen innerhalb von 30 Tagen, aber signifikant. Wir können damit möglicherweise in Zukunft etwas für unsere deutschen Verhältnisse entwickeln, was uns eine bessere Handhabe zur Risikostratifizierung bei Patienten mit akuter Dekompensation einer Herzinsuffizienz geben wird.

Das waren bisher die Highlights, es werden z.B. noch einige Studien zu rhythmologischen Fragestellungen präsentiert werden.

Herzlichen Dank
 

Kommentar

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