KiTa-Schließungen unnötig; Entwarnung für Säuglinge; COVID-19-Rezidive unter Paxlovid® und Placebo; Herz-Risiken durch Corona

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

3. November 2022

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 3. November 2022

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 289,6 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 2. November lag der Wert bei 279,1. 

Unsere Themen heute:

  • Corona-KiTa-Studie: Schließungen waren unnötig

  • Metaanalyse: Kaum negativen Folgen der Pandemie auf Säuglinge

  • Paxlovid®-Bewertung: SARS-CoV-2-Rezidiv auch unter Placebo

  • Große Analyse bestätigt: SARS-CoV-2 als möglicher Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse

Corona-KiTa-Studie: Schließungen waren unnötig

Ergebnisse der Corona-KiTa-Studie zeigen, dass Schließungen von Betreuungseinrichtungen für Kinder aus epidemiologischer Sicht keinen Nutzen gebracht haben. 

„Das Schließen von KiTas ist definitiv medizinisch nicht angemessen und wäre auch in dem Umfang, wie wir es damals gemacht haben, nach heutigem Wissen nicht nötig gewesen“, so Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach bei der Vorstellung des Abschlussberichts. „Es wird keine Schließungen dieser Art mehr geben.“ 

Wissenschaftler des Deutschen Jugendinstituts und des Robert Koch-Instituts hatten fortlaufend Daten zu Infektionsraten zu KiTas, zu Schließungen und zur Schwere von COVID-19 bei Kindern und zu Long-COVID erhoben. Außerdem wurden Eltern und Angestellte zur Situation befragt. Hier ging es auch um mögliche psychosoziale Folgen. 

Die Ergebnisse im Überblick: 

  • In KiTas erwiesen sich Infektionen nicht als Pandemietreiber – der Zeitverlauf war sogar umgekehrt. Stieg die bundesweite Inzidenz, wurde dies zeitversetzt erst später in Betreuungseinrichtungen beobachtet. Alles in allem blieben die Inzidenzen bei KiTa-Kindern niedriger als bei älteren Jugendlichen. 

  • Erkrankten KiTa-Kinder, hatten sie keine Symptome oder allenfalls schnupfenartige Beschwerden. Der Anteil an Kindern mit Langzeit-Symptomen war nicht höher als in einer Vergleichsgruppe ohne SARS-CoV-2-Infektionen. 

  • KiTa-Leiter bzw. KiTa-Mitarbeiter sahen durch die Schließungen Defizite bei der sprachlichen, der motorischen und der sozio-emotionalen Entwicklung. 

Metaanalyse: Kaum negativen Folgen der Pandemie auf Säuglinge

Eine groß angelegte Analyse, in der untersucht wurde, ob SARS-CoV-2-Infektion der Mutter oder eine Geburt während der Pandemie die Gehirnentwicklung des Babys beeinträchtigen könnten, gibt Entwarnung. Darüber hatte  Medscape.com  berichtet. 

Forscher untersuchten Daten von 21.419 Säuglingen, die während der Pandemie (von Januar 2020 bis Januar 2021) an einem Screening zur neurologischen Entwicklung teilgenommen hatten, und verglichen Ergebnisse mit Säuglingen, die vor der Pandemie (2015-2019) geboren worden waren. Die Informationen kamen aus 8 Studien. 

Hier zeigte sich, dass die Gehirnentwicklung von Säuglingen im Alter von 6 bis 12 Monaten durch COVID-19 im Allgemeinen nicht verändert wurde. In einem Bereich fanden die Wissenschaftler jedoch signifikante Unterschiede: Die Kommunikationsfähigkeit, anhand des Ages and Stages Questionnaire, 3rd Edition (ASQ-3) gemessen, war in der COVID-19-Gruppe signifikant niedriger. Im Vergleich zu den Präpandemie-Babys wiesen Babys der Pandemie-Gruppe häufiger Kommunikationsstörungen auf; die Wahrscheinlichkeit war 1,7-mal höher.

Die Autoren führen zur Erklärung Stress bei Müttern und Vätern an – was die Erziehung verschlechtert und die Sprachentwicklung in der frühen Kindheit verzögert haben könnte. Außerdem hatten Babys weniger Kontakte zu Personen außerhalb der Familie als Gleichaltrige vor der Pandemie. 

SARS-CoV-2-Infektion der Mütter waren nicht mit signifikanten Unterschieden in irgendeinem Bereich der Neuroentwicklung des Nachwuchses verbunden – mit einer Ausnahme: Die Wahrscheinlichkeit einer feinmotorischen Beeinträchtigung war in der Gruppe der Pandemie-Babys 3,5-mal höher.

Alles in allem sehen die Autoren in ihren Studienergebnissen keine große Bedrohung, denn Säuglinge könnten in kurzer Zeit bei ihrer Entwicklung aufholen. 

Paxlovid®-Bewertung: SARS-CoV-2-Rezidiv auch unter Placebo

Mehrere Studien haben sich mit dem Wiederauftreten von Symptomen nach Ende der Paxlovid®-Therapie (Nirmatrelvir/Ritonavir) befasst. Biologische Grundlagen dieses Phänomens sind nach wie vor unklar. 

Doch welchen Beitrag spielt die Pharmakotherapie bei Rezidiven wirklich? Um offene Fragen zu klären, bewerteten Forscher COVID-19-Symptome 29 Tage lang bei unbehandelten Patienten aus ACTIV-2/A5401: einer Phase-2/3-Plattformstudie zur Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit von Prüfsubstanzen gegen COVID-19. 

Unter den 158 Teilnehmern mit Placebo-Gabe waren 79 (50%) Frauen; das Durchschnittsalter betrug 47 Jahre. 

Während der 28-tägigen Nachbeobachtung verschwanden bei 108 Teilnehmern (68%) die Beschwerden. Bei 48 Personen (44%; 30% der 158 Teilnehmer) kam es jedoch zu einem Rezidiv. 41 Personen (85%) berichteten von leichten und 7 (15%) von mittelschweren Symptomen; starke Beschwerden traten nicht mehr auf. Die am häufigsten berichteten Symptome zum Zeitpunkt des Rückfalls waren Husten (21 Teilnehmer [44%]), Müdigkeit (17 Teilnehmer [35%]) und Kopfschmerzen (17 Teilnehmer [35%]). 

„Die Symptome sind von Natur aus subjektiv, und unsere Beobachtung kann einen Teil des Wiederauftretens der Symptome nach der Behandlung von COVID-19 erklären, wie in Fällen, die als Paxlovid®-Rebound beschrieben wurden“, kommentieren die Autoren. 

Große Analyse bestätigt: SARS-CoV-2 als möglicher Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse

SARS-CoV-2-Infektionen sind mit einem erhöhten Risiko für einen schlechten kardiovaskulären Gesundheitszustand und Tod verbunden, insbesondere bei Patienten, deren Infektion so schwer ist, dass sie stationär behandelt werden. Neue, retrospektiv ausgewertete Daten bestätigen dies. Das Risiko – unabhängig von bekannten Risikofaktoren – war in den ersten 30 Tagen nach der Infektion am größten, blieb aber auch danach noch einige Zeit erhöht. 

Grundlage der Studie waren Daten von 53.613 Teilnehmern der UK Biobank, von denen sich 17.871 zwischen März 2020 und März 2021 mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. 35.742 Personen bildeten die Kontrollgruppe. 

Von den 17.871 COVID-19-Patienten mussten 2.701 wegen ihrer Infektion in ein Krankenhaus eingewiesen werden; 866 wurden wegen einer anderen Erkrankung stationär behandelt und 14 304 benötigten keine Therapie im Klinikum.

Alle Teilnehmer wurden nachbeobachtet, bis ein kardiovaskuläres Ereignis eintrat, bis sie starben oder bis Ende März 2021, was im Durchschnitt 141 Tage Follow-up bedeutet.

Zu den kardiovaskulären Ereignissen gehörten Herzinfarkte, Schlaganfälle, Herzinsuffizienzen, Vorhofflimmern, venöse Thrombembolie (VTE), Perikarditiden, Tod aus jeglicher Ursache bzw. Tod durch kardiovaskuläre oder durch ischämische Herzerkrankungen.

Im Vergleich zu Gleichaltrigen, die sich nicht mit dem Virus angesteckt hatten und die nicht ins Krankenhaus mussten, war bei Patienten, die stationär behandelt wurden (aber nicht wegen COVID-19), die VTE-Wahrscheinlichkeit fast 3-mal so hoch und die Wahrscheinlichkeit, an einer anderen Ursache zu sterben, mehr als 10-mal so hoch.

COVID-19-Patienten mit stationärer Therapie hatten ein mehr als 27-mal höheres Risiko, eine VTE zu entwickeln, ein mehr als 21,5-mal höheres Risiko, dass bei ihnen eine Herzinsuffizienz diagnostiziert wurde, und ein 17,5-mal höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Das Risiko für neu diagnostiziertes Vorhofflimmern war fast 15-mal höher, das Risiko für eine Herzbeutelentzündung fast 14-mal höher und das Risiko für einen Herzinfarkt fast 10-mal höher. 

„Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, können keine endgültigen Schlüsse über Ursache und Wirkung gezogen werden“, so die Autoren. „Auch wurden bei der Analyse andere potenziell wichtige Faktoren wie die Auswirkungen von Impfungen, neuen Virusvarianten oder Serieninfektionen nicht berücksichtigt.“  

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