Bye, bye Pandemie, welcome Endemie; Maskenpflicht – wo sie endet, wo sie startet; Comirnaty® für Kinder unter 5 sicher; ECMO-Folgen

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

31. Oktober 2022

Corona-Newsblog, Update vom 31. Oktober 2022

Heute Morgen gibt das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 404 Infektionen pro 100.000 Einwohner als 7-Tage-Inzidenz an. Am 30. Oktober lag der Wert bei 417. 

Unsere Themen heute:

  • Sinkende Inzidenz durch die Herbstferien?

  • Mertens: Corona ist endemisch geworden

  • Weiter Streit um die Maskenpflicht

  • BioNTech/Pfizer-Impfstoff auch für Kinder unter 5 Jahren sicher 

  • ECMO-Therapie: Charakteristika für eine schlechte Prognose

  • ECMO-Überlebende haben ein erhöhtes Risiko für mentale Störungen

Sinkende Inzidenz durch die Herbstferien?

„Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz der gemeldeten Fälle mit einem labordiagnostischen Nachweis von SARS-CoV-2 ist in Meldewoche (MW) 42 im Vergleich zur MW 41 gesunken“, schreibt das RKI im aktuellen Wochenbericht. Das gelte für die meisten Bundesländer und für alle Altersgruppen. „Hierbei muss auch der Faktor der Schulferien mit bedacht werden, der sowohl Kontakt- als auch Testverhalten beeinflusst“, heißt es weiter. 

Auch die im DIVI-Intensivregister erfasste absolute Zahl der auf einer Intensivstation behandelten COVID-19-Patienten war in KW 42/2022 geringer als in der Vorwoche (1.723 Personen versus 1.821 Personen).

Mertens: Corona ist endemisch geworden

Eine aktuelle Bewertung der Lage kommt von Prof. Dr. Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission am RKI. „Natürlich könnte man sagen, es handelt sich mittlerweile um eine endemische Virusinfektion, und die wird uns erhalten bleiben über die Generationen“, sagt er im Interview.  Bei einer Endemie sind die Prävalenz und die Inzidenz erhöht, mit saisonalen Schwankungen. Bekanntestes Beispiel ist die Influenza. 

Es sei nicht sinnvoll, regelmäßig die ganze Bevölkerung alle 6 Monate zu einer Auffrischungsimpfung aufzurufen, „weil wir mittlerweile wissen, dass die Impfstoffe zwar sehr gut vor schwerer Erkrankung schützen, aber sehr viel weniger gut vor Infektion“, betont Mertens. 

Andere Experten teilen diese Einschätzung. Beispielsweise erklärte der Infektiologe Prof. Dr. Bernd Salzberger vom Uniklinikum Regensburg: „Für mich sind diese hohen und kurzen Wellen im Sommer und Herbst auch Ausdruck des Übergangs in eine endemische Phase.“ 

Weiter Streit um die Maskenpflicht

In der aktuellen Situation gewinnen persönliche Verhaltensweisen zum Schutz vor Infektionen an Bedeutung. Doch die Maskenpflicht ist weiter umstritten. Eigentlich müssen Bewohner von Alten- und von Pflegeheimen eine FFP-2-Maske tragen. Dies gilt auch in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, für Krankenhäuser und für Reha-Einrichtungen. Ausgenommen sind nur eigene Wohnbereiche. 

Baden-Württemberg und Hessen haben nun die Maskenpflicht abgeschafft. Dass weitere Bundesländer folgen, gilt als recht wahrscheinlich Niedersachsen hatte sich kurz nach Inkrafttreten der Regelungen bereits dagegen ausgesprochen.

Ganz andere Trends kommen aus der Industrie. Beispielsweise fordert Audi von der Belegschaft, ab 7. November wieder Masken zu tragen – und sich 2-mal pro Woche testen zu lassen. Schnelltests würden bereitgestellt. 

BioNTech/Pfizer-Impfstoff auch für Kinder unter 5 Jahren sicher 

SARS-CoV-2-Impfstoffe sind für die Verwendung in den meisten Altersgruppen zugelassen. Die Sicherheit von SARS-CoV-2-Impfstoffen bei Kindern unter 5 Jahren ist unbekannt. Ziel war, herauszufinden, ob es bei dieser Gruppe von Impflingen sicherheitsrelevante Bedenken gibt. 

Im Zuge der retrospektiven Kohortenstudie kontaktierten Forscher Eltern oder Betreuer aus Deutschland, die Kinder für eine SARS-CoV-2-Impfung angemeldet hatten. Es handelte sich um eine Online-Umfrage. Zwischen 14. April und 9. Mai 2022 wurden insgesamt 19.000 E-Mails an Adressen aus Impfregistrierungsdatenbanken verschickt. Eingeschlossen wurden Kinder unter 5 Jahren bei der 1. BNT162b2-Impfung. Zum damaligen Zeitpunkt erhielten sie den Impfstoff off label. Als Vergleich dienten Impfungen mit Nicht-COVID-Vakzinen, welche bereits Zulassungen für Kinder unter 5 Jahren hatten. 

Die Studie umfasste 7.806 Kinder (mittleres Alter 3 Jahre; 3.824 [49,0 %] weiblich), die im Mittel 91,4 Tage lang nachbeobachtet wurden. Die Rücklaufquote für Fragebögen lag bei 41,1%. 

Die Wahrscheinlichkeit für Beschwerden nach der Impfung war nach BNT162b2 im Vergleich zu Nicht-SARS-CoV-2-Impfstoffen leicht erhöht:

  • Symptom aller Art: Odds Ratio [OR] 1,62; 95%-KI 1,43-1,84)

  • Lokale Symptome: OR, 1,68; 95%-KI 1,38-2,05)

  • Muskuloskelettale Symptome: OR, 2,55; 95%-KI 1,32-4,94

  • Dermatologische Symptome: OR, 2,18; 95%-KI 10,7-4,45

  • Otolaryngologische Symptome: OR, 6,37; 95%-KI 1,50-27,09

In einigen Fällen war die Wahrscheinlichkeit für Beschwerden nach Gabe des BioNTech/Pfizer-Vakzins niedriger als bei Kontrollen:

  • Allgemeines Unwohlsein: OR, 0,77; 95%-KI 0,63-0,95

  • Fieber: OR 0,42; 95%-KI 0,32-0,55

„In dieser Kohortenstudie waren die nach der Verabreichung von BNT162b2 gemeldeten Symptome in dieser Kohorte von Kindern unter 5 Jahren insgesamt vergleichbar mit den Symptomen bei zugelassenen Nicht-SARS-CoV-2-Impfstoffen“, schreiben die Autoren. „Die vorliegenden Daten können zusammen mit prospektiven Zulassungsstudien zur Wirksamkeit und Sicherheit von BNT162b2 verwendet werden und könnten dazu beitragen, Expertenempfehlungen zu BNT162b2-Impfungen in dieser Altersgruppe zu geben.“

ECMO-Therapie: Charakteristika für eine schlechte Prognose

Seit Beginn der Pandemie hatten Ärzte bei kritischem COVID-19 auf die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) gesetzt, nicht immer mit Erfolg. Angesichts knapper Kapazitäten steht schon lange die Frage im Raum, wer von solchen Therapien profitiert.

Eine neue Kohortenstudie zeigt jetzt mögliche Faktoren zur Vorhersage des Erfolgs. Wissenschaftler haben Daten von 52 COVOD-19-Patienten retrospektiv ausgewertet. Alle Erkrankten wurden zwischen März 2020 und März 2022 per ECMO behandelt. COVID-19 hatte bei ihnen zu schwerem Lungenversagen geführt. 

Als mögliche Prädiktoren für ein schlechtes Ergebnis identifizierten die Wissenschaftler:

  • eine Hyperbilirubinämie aufgrund anhaltender Leberfunktionsstörungen,

  • pulmonale Restriktionen, 

  • schwere inflammatorische Reaktionen. 

Mit diesen Faktoren gelang es Forschern, 46% aller Patienten zu identifizieren, die im weiteren Verlauf der Therapie gestorben sind. Das Zeitfenster zur Prognose lag bei 30 Tagen. 

ECMO-Überlebende haben ein erhöhtes Risiko für mentale Störungen

Bei Patienten mit schwerem COVID-19 verbessert eine ECMO in vielen Fällen die Prognose. Nur war bislang wenig über die langfristigen psychiatrischen Folgen bekannt: eine Lücke, die Forscher jetzt geschlossen haben

Grundlage ihrer Arbeit war eine populationsbasierte retrospektive Kohortenstudie aus Ontario, Kanada. Vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2020 haben die Wissenschaftler 4.462 Patienten eingeschlossen. 

Bei 642 Überlebenden, die eine ECMO erhalten hatten (Durchschnittsalter 50,7 Jahre; 40,7% weiblich), betrug die mediane Nachbeobachtungszeit 730 Tage; bei 3.820 vergleichbaren Überlebenden der Intensivstation ohne ECMO waren es 1.390 Tage.

Die Inzidenz neuer psychischer Erkrankungen lag in der ECMO-Gruppe bei 22,1 Fällen pro 100 Personenjahre (95%-Konfidenzintervall [KI] 19,5-25,1), verglichen mit 14,5 pro 100 Personenjahre (95%-KI 13,8-15,2) in der Kontrollgruppe. Als absoluten Unterschied errechnen die Autoren 7,6 Fälle pro 100 Personenjahre (95 %-KI, 4,7-10,5). 

Ein Überleben nach der ECMO war signifikant mit einem erhöhten Risiko für neue psychische Diagnosen verbunden (Hazard Ratio [HR] 1,24 [95%-KI 1,01-1,52]). Hinsichtlich eines späteren Substanzmissbrauchs gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen: 1,6 Fälle (95-% KI 1,1-2,4) pro 100 Personenjahre vs. 1,4 Fälle (95%-KI 1,2-1,6) pro 100 Personenjahre; absoluter Unterschied, 0,2 pro 100 Personenjahre (95%-KI -0,4-0,8]; HR 0,86 (95%-KI 0,48-1,53).

Das galt auch für Fälle mit Selbstverletzung oder Selbsttötung: 0,4 Fälle (95%-KI 0,2-0,9) pro 100 Personenjahre vs. 0,3 Fälle (95%-KI 0,2-0,3) pro 100 Personenjahre; absoluter Unterschied 0,1 pro 100 Personenjahre (95%-KI -0,2-0,4]; HR 0,68 (95%-KI 0,21-2,23). 

„Bei erwachsenen Überlebenden einer kritischen Erkrankung war der Erhalt einer ECMO im Vergleich zu einem Krankenhausaufenthalt auf der Intensivstation ohne ECMO signifikant mit einem geringfügig erhöhten Risiko einer neuen Diagnose der psychischen Gesundheit oder eines sozialen Problems nach der Entlassung verbunden“, resümieren die Autoren. „Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um die möglichen Mechanismen, die diesem Zusammenhang zugrunde liegen, zu klären.“ 

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