Bei Patienten mit Divertikelkrankheit ist nicht nur Darm- sondern auch Lungenkrebsrisiko deutlich erhöht

Helga Gutz

Interessenkonflikte

25. Oktober 2022

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das erhöhte Krebsrisiko von Patienten mit einer Divertikelkrankheit nicht auf den Magen-Darm-Trakt beschränkt ist. Eine im Journal of the National Cancer Institute veröffentlichte Studie zeigt, dass diese Patienten auch ein um 50% erhöhtes Risiko für Lungenkrebs haben [1].

Die Untersuchung umfasste 75.704 Patienten mit der Diagnose einer Divertikelkrankheit und kolorektaler Histopathologie sowie 313.480 vergleichbare Kontrollpatienten aus der Allgemeinbevölkerung. Während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6 Jahren traten bei Patienten mit Divertikelkrankheit 12.846 Krebserkrankungen und bei den Kontrollpatienten 43.354 Krebserkrankungen auf.

Die Daten zeigten, dass Patienten mit Divertikelkrankheit eine signifikant erhöhte Inzidenz von Krebserkrankungen insgesamt aufweisen (24,5 vs. 18,1 pro 1.000 Personenjahre), was einem zusätzlichen Krebsfall pro 16 Personen mit Divertikelkrankheit über einen Zeitraum von 10 Jahren entspricht. Nach Bereinigung um Kovariaten erhöhte die Diagnose einer Divertikelkrankheit das Krebsrisiko um etwa 33%.

Neben dem erwarteten erhöhten Risiko für Dickdarmkrebs (71%) ergab die Studie ein um 72% erhöhtes Risiko für Leberkrebs und ein um 62% erhöhtes Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs. Diese Patienten wiesen auch ein erhöhtes Risiko für andere Krebsarten als Magen-Darm-Malignome auf, wobei die Daten eine 50%ige Erhöhung des Lungenkrebsrisikos zeigten.

Der Anstieg des Darmkrebsrisikos beschränkte sich hauptsächlich auf das 1. Jahr der Nachbeobachtung und vor allem auf frühe Krebsstadien, aber langfristig war ein anhaltender Anstieg des allgemeinen Krebsrisikos zu verzeichnen. Dies war vor allem auf Leber- und Lungenkrebs zurückzuführen.

Bei Patienten mit normaler kolorektaler Histopathologie und bei jenen mit Entzündungen/Divertikeln oder normaler Histologie wurde eine signifikant höhere Krebsinzidenz beobachtet.

Zunahme von Erkrankungen des Verdauungssystems in Europa

Die Veröffentlichung der Studie kommt zur rechten Zeit, da ein neuer Bericht einen besorgniserregenden Anstieg der Prävalenz von Erkrankungen des Verdauungssystems in Europa zeigt [2].

Die von der United European Gastroenterology (UEG) in Auftrag gegebene paneuropäische Studie zur Belastung durch Erkrankungen des Verdauungssystems ergab, dass die Gesamtzahl der Neuerkrankungen, Todesfälle und prävalenten Fälle zunimmt. Die Zahl der prävalenten Fälle ist seit dem Jahr 2000 um mehr als ein Fünftel gestiegen, und derzeit leiden schätzungsweise über 300 Millionen Menschen in den UEG-Mitgliedsländern an Erkrankungen des Verdauungssystems.

Die altersstandardisierten Inzidenz- oder Prävalenzraten sind für verschiedene Erkrankungen des Verdauungssystems gestiegen, darunter: 

  • chronische Lebererkrankungen, 

  • Pankreatitis, 

  • gastroösophageale Refluxkrankheit, 

  • Gastritis und Duodenitis, 

  • paralytischer Ileus und Darmverschluss, 

  • Appendizitis und 

  • vaskuläre intestinale Erkrankungen.

Die altersstandardisierten Inzidenz- und Mortalitätsraten für Leber- und Bauchspeicheldrüsenkrebs sind in den meisten europäischen Ländern seit dem Jahr 2000 gestiegen, wobei Alkoholkonsum, Fettleibigkeit und andere modifizierbare Lebensstilfaktoren als Schlüsselfaktoren für den Großteil der Gesamtbelastung durch diese Erkrankungen des Verdauungssystems identifiziert wurden.

Die Zahl der Fälle und Todesfälle ist seit dem Jahr 2000 bei allen Krebserkrankungen des Verdauungstrakts außer Magenkrebs gestiegen.

In den UEG-Berichten werden mehr Präventionsmaßnahmen gefordert, die auf veränderbare Risikofaktoren wie Alkohol, Fettleibigkeit und Rauchen abzielen.

„Die COVID-19-Pandemie hat die Aufmerksamkeit auf die krassen gesundheitlichen Ungleichheiten zwischen den Ländern gelenkt und wird wahrscheinlich auch langfristig eine Herausforderung für die Gesundheit der Bevölkerung darstellen. Der veränderte Alkoholkonsum während der Pandemie und die sich abzeichnenden wirtschaftlichen Herausforderungen wie die steigende Inflation werden die bestehenden gesundheitlichen Ungleichheiten wahrscheinlich noch verschärfen, mit Auswirkungen auf die Verdauungsgesundheit“, heißt es in dem Bericht. 

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de

 

Kommentar

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